Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
passendes gestreiftes Oberteil. »Warum nicht dies hier?«
Donna zuckte die Achseln. »Ginge schon.«
»Nun?« fragte er.
»Müssen wir denn wirklich dort hin?«
»Ja«, erwiderte er kurz. »Wir müssen.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Jetzt gehe ich noch auf ein paar Minuten zu meiner Tochter. Wenn du fertig bist, komm in ihr Zimmer und sage gute Nacht.«
Donna salutierte. »Jawohl, Sir.«
Mel sah sie an. »Das war kein Befehl, Donna.« Er ging zur Tür, wandte sich dort abrupt herum. »Schau, wenn dir die Party so sehr gegen den Strich geht, dann solltest du’s vielleicht besser bleiben lassen.«
»Und du – du bliebest zu Hause?«
»Nein, ich gehe zur Party.«
»Du möchtest nicht, daß ich mitkomme?«
»Ich möchte, daß du tust, was dir das liebste ist.« Er ließ ihr keine Zeit zur Antwort. »Ich bin in Annies Zimmer zu finden.« Minutenlang blieb Donna auf dem Bettrand sitzen. Dann erhob sie sich und begann sich zum Ausgehen anzukleiden.
Deutlich registrierte Donna Mels Verblüffung, als er die Autotür öffnete und sie im Wagen sitzen sah. Minutenlang schwieg er, obwohl ihm deutlich anzumerken war, daß er nur zu gern etwas gesagt hätte. Statt dessen biß er die Zähne aufeinander, starrte angestrengt geradeaus und ließ den Motor an. Ohne auch nur einmal zu ihr zu blicken, manövrierte er das Auto von der Einfahrt auf die Straße. Noch nie hatte sie auf seinem Gesicht einen solchen Ausdruck von – von Verstörtheit gesehen. Tut mir so leid,
Mel, wollte sie sagen. Wollte die Hand ausstrecken und seine Wange berühren. Um jene Wärme wiederzugewinnen, die, wie sie wußte, durch ihre Schuld verlorenzugehen drohte. Wie wunderschön wär’s, wenn ich das könnte: deine Tochter lieben – und dir all die Liebe zeigen, die ich, wie du weißt, für dich empfinde. Bitte, verstehe. Verstehe, wie es für mich ist. Er hat mir meine Kinder genommen. Und nie, niemals verläßt mich dieses Bewußtsein, egal was ich sage oder tue oder unternehme. Überall sehe ich Victors Gesicht, wie er mich verhöhnt, über mich lacht. Und ich sehe meine Kinder, die nach mir verlangen, sich weinend nach mir sehnen. Immer, wenn ich Annie anblicke, so... so sehe ich nur mein kleines Mädchen, das einmal, wenn sie in Annies Alter ist, irgendwo in der Fremde sein wird – eine Fremde für mich, wie ich für sie. Das ist der Grund dafür, daß ich Annie meide. Deshalb bin ich nicht in ihr Zimmer gekommen, um ihr gute Nacht zu sagen. War dazu einfach nicht fähig. Kannst du verstehen, wie das für mich ist? Tag für Tag warte ich auf einen Anruf von Victor. Und das Warten darauf ist schlimmer als der eigentliche Anruf. Klingt irgendwie verrückt, nicht? Aber wenn er sich telefonisch meldet, habe ich das Gefühl, meinen Kindern auf irgendeine Weise näher zu sein. Bitte, Mel, sag mir, daß du verstehst.
»Du solltest dich lieber anschnallen«, sagte er, nachdem sie etwa fünf Minuten unterwegs waren.
Sie tat es. Warum fuhren sie nur zu dieser blöden Party? Was für einen Sinn hatte das? Falls Victor anrief, war sie nicht zu Hause. Mrs. Harrison würde sagen, Mrs. Cressy ist für den Abend ausgegangen; und Victor würde auflegen – und vielleicht niemals wieder anrufen. Warum hatte sie sich für die Party umgekleidet? Weshalb war sie nicht zu Hause und wartete für den Fall, daß Victor anrief? Für den Fall, daß er ihr sagte, wo sich ihre Kinder befanden.
»Fährst du nicht furchtbar schnell?«
Mel warf einen Blick auf den Tachometer. »Vielleicht ein bißchen«, sagte er und verlangsamte das Tempo.
Donna ruckte unruhig auf ihrem Sitz. »Wie weit ist es noch?«
»Nicht sehr weit. Drüben in Boynton.«
»Sind dort lauter Ärzte?«
»Ein paar schon, glaube ich. Wieso? Klingt fast, als könntest du Ärzte nicht ausstehen.«
»Na, du weißt doch, wie die auf Partys sind – reden nur mit anderen Ärzten. Lauter Fachsimpelei.«
Aus Mels Stimme klang unverkennbar Ungeduld. »Nun«, sagte er, »verschaffen wir uns doch mal einen kurzen Überblick. Das Thema Medizin bedeutet für dich von vornherein öde Fachsimpelei. Das Thema Kinder scheidet aus, weil es Wunden aufreißt. Das Thema Filme kommt nicht in Frage, weil wir seit Monaten nicht im Kino waren. Ein Buch oder auch nur eine Illustrierte hast du in demselben Zeitraum ebensowenig gelesen, können wir also gleichfalls streichen. Was irgendwer über irgend etwas zu sagen hat, interessiert dich nicht. Somit bliebe nur ein einziges Gesprächsthema – du.
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