Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
Arme entgegen. »Tut mir leid, Annie«, sagte sie leise. »Tut mir aufrichtig leid. Aber wenn Victor anruft, bin ich immer so durcheinander, daß ich Minuten brauche, bis ich wieder einigermaßen zu mir komme. Bitte, Liebling, komm zu mir, in meine Arme.«
Annies Reaktion war so heftig, daß Donna unwillkürlich zusammenfuhr. »Hör auf, mich rumzukommandieren!« schrie sie und ließ ihren Tränen jetzt freien Lauf. »Du bist nicht meine Mutter! Du bist eine ganz schlechte Mutter! Kein Wunder, daß Victor dir deine Kinder weggenommen hat! Ich hasse dich!«
Und sie hastete hinaus, während Donna ihre Hände sinken ließ und auf den Fußboden stützte.
»Du bist noch nicht umgekleidet?« fragte Mel, während er ins Schlafzimmer trat, dessen Wände absolut kahl waren, seit drei Wochen schon. Mit ungeheurer Sorgfalt hatte Donna die alte Tapete entfernt, bis zum letzten Fetzen. Und bislang machte sie nicht die leisesten Anstalten, den jetzigen Zustand zu beheben. Sie saß auf dem Bettrand und beobachtete, wie Mel zum Frisiertisch trat, um sich im Spiegel zu betrachten.
»Ich weiß nicht, was ich anziehen soll«, sagte sie tonlos.
»Irgendwas. Rod hat gesagt, es wird eine ganz zwanglose Angelegenheit.«
»Auf meine weiße Hose habe ich Kaffee geschüttet.«
»Dann zieh die blaue an.«
»Welche blaue?«
»Welche du willst.«
»Du bist eine große Hilfe.«
»Tut mir leid, aber ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.«
»Ich bitte dich um einen kleinen, ganz kleinen, klitzekleinen Rat, doch das ist schon zuviel verlangt.«
»He...«
»Ich bin mir einfach nicht sicher, was ich anziehen soll. Immerhin handelt es sich um eine Party, die dir wichtig genug erscheint, um darauf zu bestehen, daß ich mitkomme...«
»Ich glaube, daß es wichtig ist, daß wir häufiger unter Menschen kommen.«
»Du unterbrichst mich – ich hatte dich um einen einfachen Rat gebeten, um einen Rat, der mir bei der Entscheidung hilft, was ich anziehen soll. Doch das ist dir die Mühe nicht wert – einfach nicht wichtig genug.«
»Ganz gewiß nicht wichtig genug, um sich deshalb zu zanken.«
»Vielleicht bin ich da anderer Meinung.«
»Bist du’s?«
Donna bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen.
Rasch trat Mel zu ihr, setzte sich neben sie, legte einen Arm um ihre Schultern. »Was ist denn? Hat Victor heute angerufen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein.« Fünf Wochen waren seit dem letzten Telefonanruf vergangen. »Aber ich dachte, er würde es vielleicht tun. Ein paar Stunden lang saß ich buchstäblich neben dem Apparat und wartete.«
»Das ist nicht gut.«
»Gib mir etwas zu tun.«
Ein kurzes Schweigen. »Du kannst nicht so herumsitzen, Monat für Monat. Das ist für dich nicht gut. Es ist für keinen von uns gut.«
»Ich kann nicht fort. Victor könnte anrufen.«
»Könnte aber auch sein, daß er nie wieder anruft. Du kannst hier nicht herumsitzen und darauf warten, daß das Telefon läutet.«
»Was schlägst du vor?«
»Warum suchst du dir nicht einen Job? Fängst wieder an zu arbeiten.«
»Als ob das so leicht wäre. Ich bin ja schon eine Ewigkeit aus dem Beruf raus.«
»Ich weiß.«
»Sieben Jahre lang habe ich nicht gearbeitet.«
»Sagt ja keiner, daß es so leicht wäre. Aber versuchen könntest du’s doch. Das dürfte doch nicht zu schwierig sein.«
»Was du nicht sagst. Ich hebe einfach den Telefonhörer ab und rufe Steve McFaddon an.«
»Warum nicht?«
»Oh, Mel, sei nicht so naiv.«
»Oh, Donna, sei nicht so negativ.«
»Rutsch mir doch den Buckel runter«, sagte sie, und sie sagte es ganz ruhig, gleichsam beiläufig. Zu ihrer Überraschung nahm er es auch genauso auf. Er zuckte kurz die Achseln, löste den Arm von ihrer Schulter. Dann stand er auf und ging zum Frisiertisch. »Im übrigen«, fügte sie hastig hinzu, »dachte ich immer, es sei dir angenehm, wenn ich zu Hause bin, Annies wegen.«
»Das war eine gute Idee.« Er betonte das Wort »Idee«.
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, es wäre für alle – Annie miteingeschlossen – besser, wenn du häufiger aus dem Haus kämst.«
»Hat Annie irgendwas zu dir gesagt?«
»Annie hat im vergangenen Monat kaum zehn Sätze von sich gegeben.«
»Du meinst, das ist meine Schuld?«
»Ich meine, du solltest dich anziehen, damit wir aufbrechen können.«
Donna blieb auf dem Bettrand sitzen. »Ich habe dir gesagt, daß ich nicht weiß, was ich anziehen soll.«
Mel trat zum Schrank und nahm eine blaue Hose heraus sowie ein dazu
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