Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
geladenes Schießeisen auf ihn gerichtet war. »Das ist’s. Nur ein bißchen... Leben.« Er schwieg einen Augenblick, fuhr dann fort. »Ich unterhielt mich mit ihr, und zum erstenmal seit Monaten wurde mir bewußt, daß ich mich für nichts entschuldigte. Ich hörte ihr zu, und – Wunder aller Wunder – sie hörte mir zu, hörte mir richtig zu. Sie meinte, ich könne vielleicht etwas sagen, das interessant sei. Sie lachte sogar über ein paar von meinen Witzen. Ich erwähnte, ich hätte eine Tochter, und die Reaktion dieser Rothaarigen war ein Lächeln. Sie bekundete sogar Interesse an dem Kind. Natürlich kapiere ich sehr wohl, daß dieses Interesse nur ein Teil ihres Interesses an mir war – ein Interesse, das ich nicht erwiderte und nicht erwidern konnte, weil ich nämlich immer noch dich liebe...« Er brach ab, und Donna sah seine Tränen. Er versuchte nicht, sie zu verbergen oder zurückzuhalten. »Auch wurde mir bewußt, daß ich mich wie ein Schwein benahm – dir gegenüber, Caroline, der Rothaarigen, gegenüber; und nicht zuletzt gegen mich selbst.« Wieder schwieg er, umkreiste abermals den Tisch. »Tinka Segaldu erinnerst dich, daß ich dir von ihr erzählt habe: Sie war eine reizvolle Dame; und natürlich vollgepropft mit jeder Menge Hausmanns-, nein Hausfrauensprüchen. Aber so was gehört nun mal zum mütterlichen Wesen. Einer ihrer Lieblingssprüche stammte von Shakespeare, dem wir ja so manches >geflügelte Wort< verdanken. Mal sehen, ob ich’s noch zusammenkriege. >Vor allem sei dir selber treu<, pflegte sie zu sagen.« Unwillkürlich hielt Donna den Atem an. Es war einer jener Sprüche, den auch ihre Mutter gebraucht hatte. »Nun«, fuhr er fort, »augenscheinlich war ich in unserem Verhältnis an einem Punkt angelangt, wo ich nicht länger mir selber treu war. Oder zumindest nicht mehr mir selber treu und zugleich Teil dieses Verhältnisses bleiben konnte.«
Donna spürte plötzlich die Kälte in ihrem Körper. Nein, nein, dies träumte sie nur. In ihrer Kehle begann es zu würgen.
»Ich liebe dich, Donna. Ich liebe dich wirklich. Glaub mir, daß ich sehr wohl weiß, was du durchgemacht hast und noch immer durchmachst. Wenn’s nur um mich ginge, könnte ich’s vielleicht noch ein bißchen länger aushalten. Ich bin mir da nicht sicher. Ich weiß es wirklich nicht. Doch das ist eine müßige Frage, denn es geht nicht nur um mich. Da ist ein achtjähriges Mädchen, das bald schon, wenn ich nicht höllisch aufpasse, ihren vierzigsten Geburtstag feiern wird. Vor einem halben Jahr war sie das glücklichste Kind in der ganzen Gegend. Inzwischen ist sie völlig verkrampft. Als sie neulich abends ihre Milch verschüttete, bist du auf sie los, als hätte sie’s aus purer Gemeinheit gegen dich getan. Sie traut sich nicht mehr, in deiner Gegenwart etwas zu sagen, weil’s ja doch unweigerlich was Falsches ist! Donna, hör genau zu, dämmert dir da nicht was? Klingt da nicht irgendwas geradezu schmerzlich vertraut?«
Sie wollte sprechen, brachte jedoch kein Wort hervor.
»Überlege doch mal, Donna«, fuhr Mel fort. »Überlege doch mal einen Augenblick, was du meinem Kind antust.« Wie hilflos sah er sich im Zimmer um. »Und auch mir!« Plötzlich begann er zu brüllen. »Ja, wenn wir schon dabei sind, ist es wohl das beste, wir schaffen uns richtig Luft. Weißt du, wie ich mir immer vorkomme? Als ob ich über ein Minenfeld stakse, und – wumm! – jeden Moment kann so ein verdammtes Ding in die Luft gehen und uns sozusagen in Stücke reißen. Bei jedem Satz, jedem Sätzchen, das ich von mir gebe, schalte ich vorher die innere Zensur ein. Vielleicht wäre was über einen interessanten Fall in der Klinik zu berichten, doch sofern das was mit Kindern zu tun hat – schnipp! schon ist die Schere des Zensors am Werk. Mir fällt so etwas doppelt schwer. Es macht mir nämlich Spaß, über Kinder zu sprechen, weil ich nämlich – Himmelherrgott noch mal – an meinem eigenen Kind soviel Freude habe. Allem Anschein nach bin ich in den letzten Monaten von einer falschen Voraussetzung ausgegangen. Von der Voraussetzung nämlich, daß die Donna,
in die ich mich verliebte, nach einer gewissen Zeit wieder zu sich finden würde. Die Donna hatte ich in Erinnerung, verstehst du. Genau erinnere ich mich daran, wie ich sie zum erstenmal sah, wie ich sie zum erstenmal küßte, wie wir uns zum erstenmal liebten – als sie noch wie eine Art Pfadfinder aussah. Ich weiß noch, wie es war in den ersten Monaten nach
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