Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
ihrer Scheidung. Und ich erinnere mich auch noch voller Zärtlichkeit an die Zeit, wo sie eine verzweifelt unglücklich verheiratete Frau war; denn damals steckte in ihr zumindest eine Menge Kampfgeist. Nichts von der Tücke, die man jetzt bei ihr findet – nein, sie war jemand, der kämpfte, um zu überleben, nicht, um zu zerstören.« Seine Stimme klang plötzlich sehr müde. »Victor hat genau das getan, was er dir androhte – er hat dich ausgelöscht. Du bist nirgends mehr zu sehen.« Er brach ab, sprach dann unvermittelt weiter, hastiger, drängender. »Was ich nicht verstehe – wieso läßt du’s geschehen? In der Ehe mit ihm strebtest du von ihm fort, um nicht zerstört zu werden. Jetzt kannst du offenbar gar nicht schnell genug in die entgegengesetzte Richtung rennen.« Er schüttelte den Kopf. »Weißt du, meine Mutter sagte noch etwas, bei einer bestimmten Gelegenheit. Das war, als ich ihr sagen mußte, daß Kate und ich uns trennen würden – so etwa vier Monate vor ihrem Tod, glaube ich. Ich versuchte, ihr zu erklären, daß Kate sich selbst finden müsse und all das; und weißt du, was sie mir erwiderte? Dies moderne Zeug, von wegen sich selbst finden, sei ein Haufen Blech. Du bist, was du tust, sagte sie; du bist, wie du dich verhältst.« Er hielt einen Augenblick inne. »Und sie hatte recht.« Müde strich er sich mit der Hand durch das Haar. »Du warst sechs Jahre lang mit Victor verheiratet, Donna. Ich meine, das sollte uns beiden genügen.«
Donna stand wie betäubt. Minutenlang herrschte absolutes Schweigen. »Du sagst mir, daß du mich nicht mehr hierhaben willst?« Ihre Stimme war die eines Kindes.
»Ich sage dir, daß ich Donna Cressy liebe. Aber daß ich mit der
Frau, zu der sie sich hat werden lassen, nicht mehr leben kann.« Hektisch drehte Donna ihren Kopf hin und her. »Also auch du verläßt mich? Na schön, meine Kinder sind verschwunden; warum ich nicht gleich mit? Schlußstrich unter allem, inklusive Donna – ja?«
»Ich wollte es nicht – nicht so.«
»Du bist, was du tust, Doktor!« fauchte sie ihn an. Mel senkte unwillkürlich seinen Blick. »Du hast gesagt, du würdest mich niemals verlassen. Du hast es geradezu geschworen!«
Langsam hob er den Kopf, sah sie an; doch er sprach nicht. Sie gewahrte nur Schmerz, Qual.
»Du hast versprochen, mir bei der Suche nach meinen Kindern zu helfen!«
»Wir haben’s doch versucht, Donna. Wir haben alles Menschenmögliche versucht. Doch wie lange kannst du dein Leben leben, indem du auf das Läuten des Telefons wartest? Und dann – willst du ewig hinter kleinen Jungen herrennen in der Hoffnung, es könnte Adam sein? Oder hinter so winzigen Püppchen, weil du hoffst, womöglich sei das Sharon? Ich sage ja wahrhaftig nicht, daß du völlig resignieren sollst...«
»Nein!« Es war ein Schrei, und sie hörte ihm ganz einfach nicht mehr zu.
Aber er sprach weiter. »Ich versuche doch nur, dir klarzumachen – ob du deine Kinder nun findest oder nicht – du , Donna Cressy, hast dein eigenes Leben zu leben.«
Sie war hysterisch, nicht mehr zu beruhigen. »Du hast mich angelogen«, schrie sie. »Du hast gelogen!«
»Donna...« Er trat auf sie zu.
»Lügner! Lügner!«
»Donna...« Er hob die Arme, schien sie an sich ziehen zu wollen, um sie zu trösten.
»Nein!« schrie sie.
»Versuche doch, dich zu beruhigen.« Er bewegte sich in Richtung
Tür. »Ist wohl das beste, wir kühlen uns für ein paar Minuten ab. Ich werde irgendeinen Drink für dich holen.«
»Ich will nichts von dir! Ich will nur hier raus!« Sie bewegte sich gleichfalls in Richtung Tür.
»Du kannst heute nacht nirgends hin!«
»Und ob ich kann, Teufel noch mal!«
»Donna, es kommt unter keinen Umständen in Frage, daß du um diese Zeit noch irgendwohin... Laß uns jetzt versuchen, ein wenig zu schlafen – wir werden uns morgen früh weiterunterhalten.«
Sie versuchte, an ihm vorbei zur Tür zu drängen. »Ich schlafe nicht hier! Und du kannst mich nicht zum Bleiben zwingen!«
Ihr Körper drängte gegen seinen Körper.
»Donna...«
»Geh mir aus dem Weg. Ich brauche dich nicht. Du bist nichts als ein Lügner! Laß mich raus, oder ich schlage einen solchen Krach, daß hier alle aufwachen; das verspreche ich dir!«
Wieder streckte Mel ihr seine Arme entgegen, doch sie klatschte mit ihren Händen dagegen. »Geh mir aus dem Weg! Rühr mich nicht an!« Und dann verwandelten sich die Laute in ein gutturales Geheule, das direkt aus ihrem Herzen zu dringen schien.
Weitere Kostenlose Bücher