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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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nicht auf eurer Liste?»
    «Nein.»
    «Hast du ein Exemplar davon?»
    «Nein. Nur Heini und Kimmo haben eins. Kimmo ist Betriebswirt, aber er hat auch ein paar Semester Jura studiert. Er hat gesagt, er sorgt dafür, dass man uns nicht belangen kann. Du kannst dir nicht vorstellen, wie der getobt hat, weil ich Rahim zu seinem Geständnis gezwungen habe. Aber was sollte ich denn sonst tun, ich konnte ihn doch nicht einfach davonkommen lassen! Und jetzt häng ich drin, wahrscheinlich für immer …»
    Ich seufzte. Die kindische Verschwörung hätte direkt aus einem Computerspiel stammen können, wo jeder mindestens sechs Leben hatte und man immer wieder von vorn beginnen konnte. Tuomas war noch ein halbes Kind, aber irgendetwas hätte er doch begreifen müssen.
    «Heini hat mir erklärt, wie ich mich an Noor heranmachen soll, aber die Anweisungen habe ich kaum gebraucht. Noor war echt nett, nur was bei ihr zu Hause abging, war voll scheiße. Sie wollte leben wie die finnischen Mädchen. Und ich hab erst kapiert, wie sehr ich sie wirklich liebe, als es zu spät war. Die Kerle spinnen, aber ich hab nicht geglaubt, dass die sie wirklich umbringen. Nach ein paar Monaten hatte ich total vergessen, worum es ursprünglich ging. Ich wollte einfach nur mit Noor zusammen sein.» Tuomas wischte sich die Nase am Ärmel ab. «Heini hat zu Noor gesagt, wenn sie Rahim mit seinen Heiratsplänen loswerden will, braucht sie ihm nur zu erzählen, dass sie nicht mehr Jungfrau ist. Aber der Kerl hat sie nicht gehen lassen, verdammt noch mal, sondern umgebracht! Warum bin ich so ein blöder Idiot gewesen!» Er schlug sich mit den Fäusten auf den Kopf.
    «Immerhin habt ihr es geschafft, eine Diskussion auszulösen. Die Internetforen sind voll von Drohungen, Rahim zu lynchen, und wie ich die Knackis kenne, wird die Zeit im Gefängnis für ihn eine einzige Qual.»
    «Mit dem hab ich überhaupt kein Mitleid, der ist ein komplettes Arschloch! Vielleicht hätte er Noor auch ohne mein Zutun umgebracht, weil sie ihn nicht heiraten wollte. Ich hätte Noor da rausholen müssen, zu mir und meinen Eltern!»
    «Nenn mir bitte die Namen von allen, die an euren Versammlungen und eurer Operation teilgenommen haben.» Theoretisch konnte die Organisation wegen Aufhetzung gegen eine Bevölkerungsgruppe angeklagt werden, doch dafür reichten eine qualitativ schlechte Videoaufnahme und Tuomas’ Aussage vermutlich nicht aus. Aber Heini Korhonen musste vernommen werden, und es war besser, schon vor der Vernehmung über einiges informiert zu sein.
    Tuomas zählte etwa ein Dutzend Namen auf. Bis auf Miro Ruuskanen waren mir alle unbekannt. Außer Heini Korhonen gehörte der Gruppe noch eine weitere Frau an, Pia, die Freundin des Intellektuellen, der Jasu hieß.
    «Weiß dein Anwalt Kristian Ljungberg davon?», fragte ich Tuomas.
    «Nein! Warum hätte ich es ihm sagen sollen?»
    «Mit der Information kann er vor Gericht versuchen, die Verantwortung für Rahims Entführung auf Heini abzuwälzen. Er ist durchaus kein schlechter Jurist, auch wenn er über mich Märchen erzählt.»
    «Ich wäre am liebsten auch tot. Ich will dahin, wo Noor ist. Was anderes hab ich nicht verdient», seufzte Tuomas.
    «Verdirb nicht noch mehr Menschen das Leben. Du hast recht, du warst ein kompletter Idiot. Aber es war gut, dass du zu mir gekommen bist.»
    «Mit wem hätte ich denn sonst reden können? Heini hat gesagt, du kennst den Mädchenclub und interessierst dich wirklich für Ayans und Saras Verschwinden. Mit deiner Hilfe würden wir Gehör finden.»
    In meinem Kopf machte sich ein unwirkliches Rauschen bemerkbar. Heini Korhonen hatte also auch mich in ihr hinterhältiges Spiel hineingezogen, weil sie wusste, dass ich über die Rechte der Migrantenmädchen genauso dachte wie sie. Vielleicht hatte die Tatsache, dass ich mich an ihre Choreographie gehalten und die Suche nach den vermissten Mädchen eingeleitet hatte, die Ereignisse überhaupt erst ins Rollen gebracht … Ich bremste mich mitten im Gedanken. Nein, Heini hatte ihre Pläne schon im Frühherbst geschmiedet, als ich noch an der Polizeifachhochschule Frauen aus Afghanistan unterrichtete. Ich war ihr rein zufällig über den Weg gelaufen, durch meinen Beruf und wegen Iida.
    «Soweit ich mich erinnere, hat Jaro, der kleine lachende Bursche auf dem Video, im Herbst versucht, Ayan kennenzulernen, aber sie wollte nichts von ihm wissen, und deshalb hat er sie wüst beschimpft. Heini war wütend, weil Jaro rumerzählt hat, er

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