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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Gegenteil. Sie möchte, dass sie herkommen und sich von den Fesseln der Männer befreien, also vom Islam und anderen Dingen, die ihrer Meinung nach Frauen unterdrücken. So habe ich es jedenfalls verstanden.» Tuomas trocknete sich die Tränen. «Was wird jetzt mit mir?»
    «Vielleicht solltest du deinen Eltern und deinem Anwalt die Wahrheit erzählen. Den USB -Stick lässt du hier, ich schreibe dir eine Quittung. Ich muss mit dem Ermittlungsleiter sprechen. Und du wirst das, was du mir gesagt hast, noch einmal für das offizielle Vernehmungsprotokoll wiederholen müssen. Eine Frage noch: War Miro Ruuskanen aktiv an der Durchführung des Plans beteiligt, oder hat er nur an den Versammlungen teilgenommen?»
    «Jedenfalls hat er nicht versucht, ein Mädchen aufzureißen. Er war eher so ein Hangaround, hat zugehört, aber nicht viel gesagt. Seit ein paar Monaten habe ich ihn nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich bemüht er sich, auf dem rechten Weg zu bleiben, weil sein Vater bei der Polizei ist.»
    Falls Miro an den Ereignissen, die zu dem Mord an Noor und zum Verschwinden von Sara und Ayan geführt hatten, aktiv beteiligt gewesen war, musste Ruuskanens Dezernat – oder zumindest ihm selbst – die Zuständigkeit entzogen werden. Da ich keine Lust hatte, mir Markku Ruuskanen zum Feind zu machen, war es wohl am klügsten, mit ihm und Taskinen gleichzeitig zu sprechen. Obwohl ich Taskinen damit womöglich beleidigte, würde ich ihn nicht vorwarnen, sondern beide für morgen früh zu einer Beratung einladen. Unsere Zelle würde in jedem Fall selbständig weiterarbeiten können, weil sie Ruuskanen nicht unterstellt war. Mein unmittelbarer Vorgesetzter hieß Taskinen.
    «Wenn Sylvia davon erfährt, bringt sie Heini und mich um», seufzte Tuomas. «Sie spricht bestimmt kein Wort mehr mit mir, und meine Oma ist mir auch auf ewig böse. Wahrscheinlich habe ich es nicht anders verdient. Kann ich jetzt gehen und Noors Grab suchen?»
    Ich hatte keinen Grund, Tuomas festzuhalten, ich sagte lediglich, er könne mich anrufen, wenn er mit seinen Schuldgefühlen nicht allein fertigwürde und sonst niemanden hätte, mit dem er reden konnte. Da er volljährig war, brauchte ich seine Eltern nicht zu informieren. Wenn ich es doch tat, verletzte ich sogar seine Privatsphäre. Aber das war jetzt nebensächlich. Der Junge brauchte Unterstützung, darum suchte ich die Telefonnummer seiner Mutter heraus und hinterließ eine Bitte um Rückruf, da sie sich nicht meldete. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen mussten Tuomas’ Eltern ohnehin befragt werden, weil Noor häufig bei ihnen zu Gast gewesen war und weil Noors Beziehung zu Tuomas eines der Hauptmotive für Rahims Tat darstellte.
    Tuomas riss sich zusammen und gab mir zum Abschied die Hand, ganz der höfliche junge Mann, zu dem seine Eltern ihn hatten erziehen wollen. Nachdem ich ihn in die Eingangshalle gebracht hatte, kehrte ich in den Ermittlungsraum zurück, wo Koivu seiner Lieblingsbeschäftigung nachging: Er trank Kaffee und aß den letzten Rest eines Gebäckstücks, bei dem es sich dem Geruch nach um ein Vanilleplunderteilchen gehandelt hatte.
    «Puupponen hat gerade angerufen. Sein Kopf fühlt sich an wie nach einer ausgedehnten Sauftour, aber er wollte uns wissen lassen, dass die Klinik ihm mitgeteilt hat, Samir Amir sei noch nicht vernehmungsfähig. Sie wissen nicht einmal, ob er jemals wieder ansprechbar sein wird. Seine Mutter hat ihn heute besucht, aber das hat nicht viel gebracht. Puupponen lässt dir ausrichten, er nimmt jetzt tausend Milligramm Ibuprofen und versucht zu schlafen. Er kommt morgen wieder, falls die Kupferschmiede seinen Kopf bis dahin verlassen haben.»
    Ich berichtete Koivu von meinem Dilemma mit dem Dezernatsleiter und schickte die Bitte um ein baldiges Treffen an Ruuskanen und Taskinen. Dann rief ich Samir Amirs Mutter an. Die erste Begegnung mit ihr hatte nicht lange gedauert, denn Mira Amir hatte ihrem Mann das Wort überlassen und nur genickt. Sie besaß kein Handy, meldete sich aber beim zweiten Anruf am Festanschluss. Sie sprach gut Englisch, weil sie es im damals noch vereinten Jugoslawien in der Schule gelernt hatte.
    «Amir.»
    «Kommissarin Maria Kallio von der Espooer Polizei, guten Tag. Haben Sie einen Moment Zeit?»
    «Sind Sie wirklich von der Polizei, oder ist das wieder jemand von der Presse? Ich spreche nicht mit Reportern, ganz gleich, wie viel Geld Sie mir bieten. Meine Familie will diesen Rummel nicht.»
    «Sie können bei der Zentrale

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