Sag mir, wo die Mädchen sind
das ausfindig machen?», fragte ich.
«Die Angaben sind ein bisschen dürftig, aber ich tu, was ich kann.» Puupponen riss eine Dose Energydrink auf und verzog das Gesicht, als ihm der erste Schluck durch die Kehle rann.
Mein Handy klingelte, auf dem Display stand «Vater». War Vala etwa schnurstracks zu uns nach Hause gefahren? Ich wohnte nur einen Kilometer vom Polizeipräsidium entfernt, mit einem Taxi konnte er also im Nu dort sein. Hastig schluckte ich das Pizzastück herunter und meldete mich.
«Hallo.»
«Vater hier. Hoffentlich störe ich nicht. Ich wollte nur fragen, wo euer Bügeleisen ist. Ich habe schon in alle Schränke geguckt, aber nur das Bügelbrett gefunden. Schließlich kann ich nicht im zerknitterten Hemd zu der Feier gehen. Ich hatte es so ordentlich eingepackt, aber es hat trotzdem im Koffer Falten gekriegt.»
«Hast du in Iidas Zimmer nachgesehen? Sie vergisst manchmal, es wegzuräumen, aus lauter Schusseligkeit. Vielleicht hat sie wieder irgendwelche Abzeichen auf ihre Kapuzenjacke gebügelt.»
«Warte mal.» Ich hörte seine schleppenden Schritte. «Ja, hier ist es, auf einem Topflappen auf Iidas Schreibtisch.»
«Wann musst du los?»
«Die Feier beginnt um sechs, also muss ich mich wohl kurz nach fünf auf den Weg machen. Antti hat mir gestern die Busverbindung rausgesucht.»
«Schafft er es nach Hause, bevor du gehst?»
«Darüber haben wir nicht gesprochen, aber die Kinder sind bis dahin auf jeden Fall hier … Ich werde den Weg zum Bus schon finden. Immerhin habe ich in Helsinki studiert, ich bin kein kompletter Hinterwäldler!»
Ich musste lachen. Mein Vater besaß einen legendären Orientierungssinn, er verlief sich nie. Wenn man ihn mitten in einem hektargroßen Wald aussetzte, wäre er selbst im Dunkeln fähig, die Himmelsrichtungen zu bestimmen und festzustellen, wo er sich ungefähr befand. Er hatte mir schon früh beigebracht, wie man einen Kompass verwendet und auf der Landkarte Entfernungen berechnet. Beides war mir bei der Aufnahmeprüfung zur Polizeischule zustattengekommen.
«Hör mal, Vati, wenn ein etwa fünfzigjähriger, sehniger Mann mit kurzen grauen Haaren klingeln sollte, mach ihm nicht auf. Ich erkläre es dir später. Viel Spaß heute Abend!»
«Ich komm dann mit dem Taxi zurück und bemühe mich, euch nicht zu wecken. Musst du morgen auch arbeiten?»
«Vielleicht.»
Natürlich hatten Puupponen und Koivu zugehört, wie nicht anders zu erwarten. «Was für ein fünfzigjähriger grauhaariger Mann?», fragte Koivu, sobald ich das Gespräch beendet hatte. «Ist das der Kerl, der angeblich seit seiner Konfirmation keinen Berliner mehr gegessen hat?»
«Genau der. Major Lauri Vala, mein alter Bekannter von den Friedenstruppen. Er interessiert sich sehr für den Schmuck, den ich letzten Sonntag trug, als wir bei euch waren. Aber reden wir nicht darüber, der Mann ist komplett durchgedreht. Teilen wir uns das letzte Stück Pizza?»
Als ich gerade die Hand danach ausstreckte, piepten unsere drei Handys gleichzeitig: Ruuskanen rief uns per SMS für zehn vor zwei zusammen. Bis dahin war es noch gut eine Stunde. Ich schlang den Pizzarest herunter und holte mir noch einmal Wasser, bevor ich in mein Dienstzimmer ging und versuchte, Susanne Jansson zu erreichen. Es meldete sich Ulla Jansson, Susannes Mutter. Auf meine Frage, ob ihr statt Finnisch ihre Muttersprache Schwedisch lieber wäre, antwortete sie, das sei ihr egal, denn sie sei zweisprachig.
«Was gibt es dazu groß zu sagen?», wunderte sie sich, als ich sie nach der Beziehung zwischen Tuomas Soivio und Noor Ezfahani fragte. «Die beiden gingen miteinander. Susanne war manchmal ein bisschen traurig, weil sie keinen Freund hatte, aber sie hat Noor und Tuomas trotzdem gern zu uns eingeladen.»
«Haben Sie Beweise dafür, dass die beiden ein Paar waren?»
«Du meine Güte, sie haben sich eben so verhalten, wie es junge Leute in der Situation tun: Händchen halten, eng beieinandersitzen und so weiter. Muss ich Ihnen das wirklich im Einzelnen erklären?»
«Schon gut. Ihre Aussage ist sehr wichtig. Danke. Wie geht es Susanne?»
«Schlecht. Sie wird eine ganze Weile nicht zur Schule gehen können und einiges versäumen. Es würde ihr sehr helfen, wenn Sie möglichst bald herausfinden, wer ihre beste Freundin umgebracht hat.»
«Hat Susanne Ihnen je erzählt, dass Noor ihrer Familie vorschwindeln musste, sie werde von Tuomas belästigt?»
«Nun ja, sie hat gesagt, es wäre besser, wenn Noors Angehörige
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