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Sag niemals nie

Sag niemals nie

Titel: Sag niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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Rufus hatte der Schule nie auch nur einen Cent gespendet,
sich bei keiner Benefizveranstaltung blicken lassen und der Schulleitung auch
nie angeboten, eine neue Bibliothek oder ein Schwimmbad zu bauen, um Jenny nach
ihrem Abschluss einen Studienplatz in Harvard zu sichern. Aber er wachte
fürsorglicher über seine Tochter als die meisten anderen Eltern, die sie
kannte, was hauptsächlich daran lag, dass er ihr eigenhändig die Windeln gewechselt
hatte, an ihrem Bett gesessen hatte, wenn sie nicht schlafen konnte, und mit
ihr geschimpft hatte, wenn sie ungehorsam gewesen war, weshalb er sich für ihr
Verhalten in gewisser Weise mitverantwortlich fühlte.
    Wow - das ist ja mal ein ganz
neues Erziehungskonzept.
    Jenny hoffte inbrünstig, dass
das, was sie gerade erlebte, einer der seltsamen Träume war, die sie oft hatte,
wenn sie zu viele Schokodonuts von Entenmanns Bakery gegessen hatte. Nicht dass
sie in letzter Zeit irgendwelche Donuts gegessen hätte. Das letzte Essen, an
das sie sich erinnerte, waren sechs köstliche Grissini, die per FedEx direkt
aus Italien ins Plaza geliefert worden waren.
    Und ein siebtes hatte sie als
ewiges Erinnerungsstück in ein goldbesticktes Plaza-Handtuch eingewickelt.
    Mrs M räusperte sich. »Danke,
dass Sie so kurzfristig kommen konnten, Mr Humphrey«, sagte sie. »Und ich gebe
Ihnen Recht, Jennifer ist ein intelligentes, kreatives und meist sehr
vernünftiges Mädchen. Aber ich habe den Eindruck, dass sie in letzter Zeit immer
öfter... nun, über die Stränge schlägt. Die Eltern ihrer Klassenkameradinnen
fangen bereits an, Fragen zu stellen.«
    Rufus zupfte verblüfft an
seinem Bart. Als erklärter Anarchist fühlte er sich in Mrs Ms patriotisch
eingerichtetem Büro naturgemäß extrem unwohl, und dass eine Autoritätsperson
das Verhalten seiner Tochter kritisierte, gefiel ihm auch nicht.
    »Inwiefern schlägt sie >über
die Stränge    Mrs M nahm ihre Brille ab,
klappte sie sorgfältig zusammen und legte sie vor sich hin. »Mr Humphrey, ist
Ihnen bewusst, dass Ihre Tochter am Wochenende nicht zu Hause geschlafen hat?«
    Rufus nickte. »Was dagegen?«
    Jenny kicherte, schlug aber
gleich erschrocken die Hand vor den Mund.
    »Was glauben Sie denn, wo sie
war?«, hakte Mrs M nach, deren liebes Omagesicht sekündlich strenger blickte.
    Rufus schnaubte, woran Jenny
erkannte, dass sein Anarchistenblut in Wallung geriet.
    »Ich muss nichts glauben, ich weiß es. Jenny hat es mir ja selbst
gesagt. Sie hat bei ihrer Freundin Elise übernachtet. Irgendwo hier auf der
Upper East Side.«
    »Er meint Elise Wells«,
krächzte Jenny. »Sie ist in meinem Jahrgang.«
    »Ah ja? Elise kam heute aber
nicht eine Stunde zu spät in die Schule. Sie kam allein und war ganz pünktlich.
Im Gegensatz zu Ihrer Tochter, die eben erst erschienen ist.
    Was daran liegt, dass sie
vorher nach Hause fahren und sich umziehen musste. Weil sie die Nacht nämlich
in einer Hotelsuite verbracht hat, zusammen mit einigen recht bekannten
Rockmusikern.«
    Rufus' Kinnlade fiel nach unten
und entblößte seine schiefen, kaffeefleckigen Zähne. Es hatte ihm die Sprache
verschlagen. Jenny verschränkte die Arme unter ihrem Busen und blickte starr
auf den königsblauen Teppich.
    »Und das ist nicht das erste
Mal, dass sie sich in Schwierigkeiten bringt«, fuhr Mrs M fort. »Vor ein paar
Monaten kursierte im Internet diese äußerst kompromittierende Filmaufnahme,
die sie mit einem Jungen zeigte. Ich habe Ihnen daraufhin einen Brief
geschrieben und angeregt, Jennifer zur Schulpsychologin zu schicken, aber Sie
haben nie darauf reagiert. Und vor einem Monat erschien in einer bekannten
Jugendzeitschrift ein Foto von Jennifer im Sport-BH. Verständlicherweise waren
die Eltern meiner Schülerinnen äußerst beunruhigt - vor allem diejenigen, die
Söhne im Teenageralter haben.«
    Rufus strich sich übers
Gesicht. »Jesus, Jenny«, stöhnte
    er.
    Selbst Jenny musste zugeben,
dass es sich bei Mrs M anhörte, als wäre sie das totale Flittchen. Trotzdem
würde sie noch nicht mal den Versuch machen, sich zu verteidigen. Außerdem war
sie die meiste Zeit ihres Lebens brav und unauffällig gewesen - sie fand es
total aufregend, zur Abwechslung mal für Skandale zu sorgen.
    »Heißt das, sie wird der Schule
verwiesen?«, fragte Rufus.
    Au ja, dachte Jenny vergnügt.
Und dann schick mich sofort aufs Internat.
    Mrs M schüttelte den Kopf. »So
weit ist es noch nicht. Aber ich warne Sie, falls Jennifers schamloses
Verhalten in der

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