Sag niemals nie
kümmern.
„Ein Glück, dass wir schon ewig Freundinnen sind.“ Fliss seufzte neidvoll. „Sonst würde ich dich jetzt hassen. Ich wusste, das Kleid würde toll an dir aussehen … nur ahnte ich nicht, wie toll.“
Nachdenklich befühlte Anna die hauchdünne, cremefarbene Seide. Sie hatte Fliss gewähren lassen, während sie in Gedanken woanders war. Bei Angelo. Was wäre, wenn sie Ja gesagt hätte …
Anna riss sich aus ihren Träumereien und lächelte schwach. „Das Kleid ist wirklich sagenhaft. Danke, Fliss. Ich darf einfach nicht an die Millionen Seidenraupen denken, die dafür sterben mussten.“
Fliss warf ihr einen warnenden Blick zu. „Gut, denn ich bin sicher, sie sind jetzt alle im Himmel und stimmen mir zu, dass es das Opfer wert war. Sieh dich nur an!“
Langsam betrachtete Anna sich im großen Spiegel. Das verträumte, wilde Mädchen war verschwunden. Sie sah jetzt aus wie eine weltgewandte junge Dame. Das kurze Kleid im Babydollstil wirkte gleichzeitig brav und unerhört sexy. Die perlende Seide fiel in weichen Falten und war oberhalb der Brüste gerafft. Alles an Anna schimmerte, von den Perlen- und Kristallbüscheln auf dem kurzen Oberteil bis zum glitzernd bestickten hauchdünnen Schal, den Fliss ihr um den Hals drapiert hatte.
Erstaunlich, wie überlegen und vornehm sie wirkte.
Das frisch gewaschene Haar fiel ihr wie ein seidiger Schleier offen über die Schultern. Von den hellroten Haaren darunter war nichts mehr zu sehen. Anna schüttelte den Kopf, um sich zu vergewissern, dass ihre gefärbten Strähnen noch da waren. Dann hob sie kurz ihr Kleid an, unter dem sie ihre abgeschnittenen Jeans trug.
„Die kannst du unmöglich tragen, Anna, sonst fällt das Kleid nicht richtig.“
„Ich tu es trotzdem. Später gehe ich vielleicht zu der Strandparty. In dem Luxusaufzug erkennen mich die anderen von GreenPlanet nicht wieder. Ich erkenne mich ja selbst kaum!“
„Wunderbar! Das war ja der Zweck der Sache.“ Fliss ging zum Schrank und kam mit einer Schuhschachtel zurück. „Probier die mal an.“
Die hochhackigen Sandaletten bestanden nur aus zwei schmalen diamantbesetzten Riemchen. Im Zimmer wurde es still, während Anna sie betrachtete. Als sie den Kopf hob, war ihre Miene ausdruckslos.
„Die kann ich nicht tragen, Fliss. Die Absätze sind zu hoch.“
„So? Dann haben wir ein Problem. Du kennst mich doch. Flache Schuhe trage ich nie. Meinst du nicht, dass du es einen Abend lang schaffst?“
Doch Anna schüttelte den Kopf. „Das hält mein Knöchel nicht durch. Der Arzt hat mich dringend davor gewarnt. Danke trotzdem.“
Traurig blickten die Freundinnen sich an, schließlich lächelte Anna schwach.
„Na gut. Dann muss ich eben barfuß gehen. So etwas Verrücktes erwarten die Leute sowieso von mir, und ich will sie nicht enttäuschen.“
Sie konnten die Musik hören, ehe sie bei der Party ankamen. Als der Aufzug sich dem Nachtklub im Untergeschoss näherte, bebte die warme Abendluft förmlich und versprach rhythmische und sinnliche Genüsse. Dann öffneten sich die Aufzugtüren, und die Partystimmung ergriff die Freundinnen.
„Komm!“ Fliss zog Anna mit sich ins Gewühl der Tanzenden.
Annas Fußverletzung mochte ihre Ballettlaufbahn beendet haben, doch tanzen konnte sie noch. Das aufreizende Pulsieren der Gitarren und Trommeln ging ihr ins Blut. Sie lächelte Fliss zu, ehe sie sich von den heißen Rhythmen mitreißen ließ.
Dabei wanderten ihre Gedanken zu Angelo …
„Anna! Anna!“
Verträumt öffnete sie die Augen. Fliss stand atemlos vor ihr. „Ich brauche etwas zu trinken!“
Geduldig folgte Anna ihr durch das Menschengewühl zur Bar, an der es etwas ruhiger zuging. Kaum waren sie dort, als Fliss eine Verwünschung ausstieß. „Oje!“, flüsterte sie Anna zu. „Schnell! Dreh dich weg, damit sie uns nicht erkennt.“
Zu spät.
Im sehr kurzen Silberkleid kam ein Mädchen mit taillenlangem hellblonden Haar auf sie zu.
„Hallo, Saskia“, sagte Fliss. „Du siehst toll aus!“
Saskia nickte und setzte eine leidende Miene auf. „Aber ich fühle mich schrecklich. Seit wir hier sind, bin ich kaum noch zum Schlafen gekommen … zu viele Partys. Aber du siehst fantastisch aus, Darling.“ Sie hauchte Fliss einen Kuss auf die Wange und blickte zu Anna, um sie kalt zu mustern. „Und was haben wir hier? Roberto Cavalli?“
„Du warst noch nie eine Intelligenzbestie, Saskia. Aber nach fünf Jahren in derselben Schulklasse müsstest selbst du meinen Namen
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