Sag niemals STIRB
Personalausweises des Toten zusammengesetzt. Er war der Polizei bereits gut bekannt. Er hatte Verbindungen zu dem alten Regime.“
Ainh überflog die Seite. „Hier wird nur eine Cousine erwähnt, eine Fabrikarbeiterin.“ Er machteeine Pause. „Sie ist in Mischling.“
Der Minister nickte. „Sie wird gerade verhört. Wollen wir sie uns ansehen?“
Chantal schoss tödliche Blicke auf den verhörenden Polizisten. „Ich habe nichts getan!“, fauchte sie. „Ich war den ganzen Abend zu Hause.“
„Sie sind eine Konterrevolutionärin“, sagte der Polizist. „Sie und Ihr Cousin!“
„Ich kenne meinen Cousin kaum.“
„Sie haben zusammengearbeitet.“
Chantal machte ein verächtliches Geräusch. „Ich arbeite in einer Fabrik. Ich habe nichts mit ihm zu tun.“
Der Polizist stellte eine Tasche auf den Tisch und holte einzelne Gegenstände heraus. „Kaviar. Champagner. Gänseleberpastete. Das haben wir in Ihren Schränken gefunden. Wie kann eine Fabrikarbeiterin sich solche Dinge leisten?“
Chantal presste die Lippen zusammen, schwieg.
Der Polizist gab einem Wächter einen Wink, und Chantal wurde aus dem Raum geführt. Dann wandte er sich an den Minister.
„Lasst sie laufen“, sagte der Minister. „Dann wartet ihr darauf, dass die Fliege wieder zu dem Honigtopf zurückkehrt.“ Der Polizist verließ den Raum, undMinister Tranh, der seine Erfahrungen während des Krieges in der Spionage gesammelt hatte, griff nach der Flasche Champagner. „Ah, Taittinger.“ Er seufzte. „Meine Lieblingsmarke aus meinen Tagen in Paris.“ Er warf einen Blick zu Ainh. „Ich fühle, dass Miss Maitland in etwas Gefährliches hineingestolpert ist. Vielleicht stellt sie zu viele Fragen. Weckt Drachen der Vergangenheit.“
„Sie meinen ihren Vater?“ Ainh schüttelte den Kopf. „Das ist ein sehr alter Drache.“
„Aber vielleicht ist er noch nicht besiegt“, entgegnete der Minister darauf leise.
Eine große, schwarze Kakerlake kroch über den Tisch. Einer der Wächter schlug sie mit einer Zeitung tot, fegte sie auf den Boden und schrieb gelassen weiter. Über ihm wirbelte ein Deckenventilator in der Hitze und ließ die Papiere auf dem Schreibtisch flattern.
„Noch einmal, Miss Maitland“, sagte der Polizist, der die Untersuchung leitete. „Erzählen Sie mir, was passiert ist.“
„Ich habe Ihnen alles erzählt.“
„Und wir wissen beide, dass Sie lügen. Es wurde geschossen. Wir haben einen Zeugen. Warum lügen Sie?“
„Lassen Sie sie in Ruhe“, fiel Guy dazwischen.„Sie verhören sie schon seit zwei Stunden. Sehen Sie nicht, dass sie erschöpft ist?“
Der Polizist blickte zu Willy, dann zu Guy. Er zuckte lässig die Schultern. „Sie wird entlassen werden.“
„Wann?“
„Sobald sie die Wahrheit gesagt hat.“ Damit ging er hinaus.
„Halten Sie durch“, murmelte Guy, folgte dem Polizisten in den nächsten Raum und stritt während der nächsten zehn Minuten mit ihm.
Als Guy endlich zurückkam, sah sie an seiner verärgerten Miene, dass er nichts erreicht hatte. Er ließ sich neben ihr auf die Bank fallen und rieb sich die Augen.
„Was wollen die von mir?“, fragte sie.
„Ich glaube, die warten auf irgendeine Genehmigung …“
„Wessen?“
„Der Teufel soll mich holen, wenn ich das wüsste.“
Eine zusammengerollte Zeitung klatschte auf den Tisch. Der Wächter fegte eine zweite Kakerlake auf den Boden.
Es war Mitternacht.
Um ein Uhr nachts erschien Mr. Ainh. Er war so blass wie ein altes Bettlaken. „Wir bedauern dieUnannehmlichkeit …“
„Unannehmlichkeit?“, fauchte Guy. „Miss Maitland wurde heute Abend fast umgebracht, und sie wird jetzt seit drei Stunden festgehalten. Was geht hier eigentlich vor sich, zum Teufel?“
„Ein Raubüberfall … auf eine Fremde …“
Guy war fassungslos. „Das nennen Sie einen versuchten Raub?“, fragte er.
„Wie würden Sie es nennen?“
„Eine Vertuschungsaktion.“
Ainh verbeugte sich vor Willy. „Die Polizei sagt, dass Sie gehen können. Im Namen der vietnamesischen Regierung entschuldige ich mich. Morgen früh können Sie ihre Tour fortsetzten.“
„Mit welchen Einschränkungen?“, fragte Guy.
„Ohne Einschränkung.“ Ainh räusperte sich. „Im Gegensatz zu der Propaganda Ihrer Regierung, Mr. Barnard, sind wir ein vernünftiges Volk. Wir haben nichts zu verbergen.“
Worauf Guy tonlos antwortete: „Scheinbar.“
Im Hotel fragte Guy gar nicht, ob Willy allein sein wollte. Er führte sie in sein Zimmer und setzte
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