Sag niemals STIRB
erzählen, ich hätte Sie zu der Fahrt eingeladen. Einfach ein Tourist, der …“
Sie lachte. „Sie müssen glauben, ich hätte denIntelligenzquotienten einer Steckrübe. Warum sollte ich Ihnen vertrauen? Kopfgeldjäger! Opportunist! Kretin!“
„Schöner Abend, nicht wahr?“, fiel eine heitere Stimme ein.
Dodge Hamilton, einen Drink in der Hand, strahlte auf sie beide herunter. Er wurde von tödlicher Stille begrüßt.
„Ach, du liebe Güte. Störe ich?“
„Gar nicht.“ Seufzend zog Willy dem Engländer einen Stuhl zurecht.
„Nein, wirklich, ich würde nicht im Traum daran denken …“
„Ich bestehe darauf.“ Willy warf Guy einen tödlichen Blick zu. „Mr. Barnard wollte gerade gehen.“
Hamiltons Blick wanderte von Guy zu dem angebotenen Stuhl. „Nun, wenn Sie darauf bestehen.“ Er setzte sich unbehaglich und blickte zu Willy. „Ich wollte Sie fragen, Miss Maitland, ob Sie vielleicht zu einem Interview bereit wären.“
„Ich? Warum, um alles auf der Welt?“
„Ich habe eine neue Idee für meine Saigon-Story. Eine Tochter auf der Suche nach ihrem Vater. Das ist so anrührend. Eine sentimentale Reise in die …“
„Schlechte Idee“, warf Guy ein.
„Warum?“, fragte Hamilton.
„Da … da gibt es keine Leidenschaft“, improvisierte er. „Keine Liebesgeschichte. Keine Spannung.“
„Natürlich gibt es Spannung. Ein vermisster Vater …“
„Hamilton.“ Guy beugte sich vor. „Nein.“
„Er hat mich gefragt“, mischte Willy sich ein. „Immerhin geht es um meinen Vater.“
Guy lenkte den Blick auf sie. „Willy, überlegen Sie.“
„Ich finde, etwas öffentliches Interesse könnte ein paar Türen öffnen.“
„Eher schließen. Die Vietnamesen hassen es, wenn ihre Schmutzwäsche ausgebreitet wird. Wenn sie nun wissen, was aus Ihrem Vater wurde, und es ist kein Happy End? Dann wollen Sie nicht die Details in den Londoner Zeitungen finden. Es wäre viel einfacher, Sie aus dem Land zu werfen.“
„Glauben Sie mir“, versicherte Hamilton, „ich kann diskret sein.“
„Ein diskreter Reporter“, murmelte Guy spöttisch und schüttelte den Kopf. „Aber sicher!“
„Bevor sie nicht das Land verlassen hat, wird kein einziges Wort veröffentlicht werden.“
„Die Vietnamesen sind nicht dumm. Sie würden herausfinden, woran wir arbeiten.“
„Dann präsentiere ich ihnen eine Tarngeschichte.“
Willy stand auf. „Ich gebe es auf. Ich gehe schlafen.“
Guy blickte hoch. „Sie können nicht schlafen gehen. Wir haben noch nicht fertig geredet.“
„Sie und ich, wir haben eindeutig fertig geredet.“
„Was ist mit morgen?“
„Was ist mit meinem Interview?“
„Hamilton“, sagte sie, „wenn Sie Schmutzwäsche suchen, warum interviewen Sie nicht ihn?“ Sie deutete auf Guy. Damit drehte sie sich um und ging davon.
Hamilton sah Guy an. „Was haben Sie für Schmutzwäsche?“
Guy lächelte bloß.
Er lächelte auch noch, als er seine Bierdose in der bloßen Hand zerquetschte.
Herr, erlöse mich von den Kretins dieser Welt, dachte Willy ermattet, als sie den Aufzug betrat. Die Türen schlossen sich. Vor allem erlöse mich von Guy Barnard.
Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen und wartete darauf, dass der Aufzug im Schneckentempo zum vierten Stock hinunterkroch. Er roch nach Alkohol und Schweiß. Durch das Knarren von Kabeln hörte sie ein schwaches Fiepen hoch oben imAufzugsschacht. Fledermäuse. Sie hatte sie in der letzten Nacht über den Innenhof flattern gesehen. Wundervoll! Fledermäuse und Guy Barnard. Konnte ein Mädchen sich mehr wünschen?
Schade, dass sie dem Mann nicht vertrauen konnte. Allerdings fragte sie sich, wie es wäre, Seite an Seite mit dem Mann zu arbeiten, bei dem ihr Magen vor Erregung eine kleine Pirouette tanzte. Der Mann ging ihr unter die Haut.
Oh, sie war schon früher verliebt gewesen und wusste, wie unvernünftig Hormone sein konnten. Sie wollte nicht an ihn denken.
Der Aufzug hielt stöhnend und ächzend, die Türen öffneten sich zu der verlassenen Balustrade, die um den Innenhof führte. Die Nacht erbebte unter dem fernen Discobeat, während Willy durch die Dunkelheit zu ihrem Zimmer eilte.
Sie wirbelte erschrocken herum, als ein kreischender Chor von den Mauern zurückgeworfen wurde. Fledermäuse flatterten wie Phantome über den Innenhof.
Ihre Hände zitterten noch, als sie ihre Tür erreichte. Sie suchte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel, als eine Gestalt in ihr Blickfeld glitt. Ein sechster Sinn brachte sie
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