Sag niemals STIRB
helle Tageslicht waren die Gesichter der beiden Männer schwarz und ohne Konturen.
Einer der Männer gab ihnen ein Zeichen zum Aussteigen. „Ihr folgen“, befahl er. „Nicht sprechen.“
Willy ließ sich sofort auf den schwammigen Dschungelboden fallen. Guy folgte ihr. Sie schwankten einen Moment, blinzelten benommen undatmeten die erste frische Luft seit Stunden. Flecken des nachmittäglichen Sonnenlichts bedeckten den Boden zu ihren Füßen. In den Zweigen über ihnen kreischten unsichtbare Vögel eine Warnung.
Der Vietnamese winkte ihnen zu, sie sollten sich bewegen. Sie waren kaum losmarschiert, als der Lastwagen ohne sie weiterfuhr. Willy blickte zu Guy und sah in seinen Augen denselben Gedanken, der ihr durch den Kopf schoss: Jetzt gibt es kein Zurück mehr!
„Nicht stehen bleiben. Vorwärts, vorwärts!“, sagte der Vietnamese.
Sie drangen in den Wald ein.
Der Mann wusste offenbar, wohin er ging. Er führte sie durch ein Gewirr aus Schlingpflanzen und Bäumen zu einer einzelnen Hütte. Eine löcherige U.S. Army-Decke hing vor dem Eingang. Drinnen bedeckten Strohmatten den Lehmboden, und ein Moskitonetz war über eine Pritsche gebreitet. Auf einem niedrigen Tisch stand eine bescheidene Mahlzeit aus Bananen, aufgebrochenen Kokosnüssen und kaltem Tee.
„Ihr wartet hier“, sagte der Mann. „Lange Zeit, vielleicht.“
„Auf wen warten wir?“, fragte Guy.
Der Mann antwortete nicht, wandte sich ab undglitt wie ein Geist in den Wald.
Sie machten sich über das Essen her und krochen schließlich Seite an Seite unter das Moskitonetz und schliefen ein.
In der Abenddämmerung begann es zu regnen. Es war ein herrlich wilder Wolkenbruch, brachte jedoch keine Erlösung von der Hitze. Willy lag wach in der Dunkelheit. Die Kleider waren schweißgetränkt. Über ihr bauschte sich das Moskitonetz und fiel wieder in sich zusammen wie ein flatternder Geist.
Sie kroch unter dem Netz hervor. Wenn sie nicht etwas Luft bekam, würde sie ersticken.
Sie ließ Guy auf der Pritsche schlafen, trat in die Tür und atmete die regengeschwängerte Luft ein. Der wirbelnde kühle Nebel war unwiderstehlich. Willy trat in den Wolkenbruch hinaus.
Um sie herum klapperte der Dschungel wie tausend Trommeln. Sie erschauerte in der dröhnenden Dunkelheit, während Wasser über ihr Gesicht lief.
„Was machst du, zum Teufel?“, rief eine schläfrige Stimme. Sie drehte sich um und sah Guy in der Tür.
Sie lachte. „Ich nehme eine Dusche!“
„In deinen Kleidern?“
„Es ist schön hier draußen, Guy! Komm, bevor es aufhört!“
Er zögerte, ehe er ihr ins Freie folgte.
„Fühlt sich das nicht wundervoll an?“, rief sie und breitete ihre Arme aus. „Himmel, ich konnte den Geruch meiner eigenen Kleider nicht mehr ertragen.“
„Das hast du schlimm gefunden? Warte ab, bis der Moder einsetzt.“ Er wandte sein Gesicht dem Himmel zu und gab ein zufriedenes Grollen von sich. „Wir sollten wie die Kinder duschen. Als ich im Krieg hier war, hat es mir Spaß gemacht, ihnen zuzusehen, wie sie ohne ihre Kleider herumlaufen. Es gibt nichts Niedlicheres als alle diese kleinen braunen Körper, die im Regen herumtanzen. Keine Scham, keine Befangenheit.“
„So sollte es sein.“
„Richtig“, sagte er und fügte leise hinzu: „So sollte es sein.“
Unvermittelt fühlte Willy, wie er sie betrachtete. Sie drehte sich um und erwiderte seinen Blick. Die Palmen klapperten, und der Regen trommelte auf den Blättern. Wortlos kam Guy zu ihr und blieb so nahe stehen, dass sie die Hitzewelle zwischen ihnen fühlte. Doch sie bewegte sich nicht, sprach nicht. Der über ihr Gesicht strömende Regen war so warm wie Tränen.
„Warum hast du dann noch deine Kleider an?“, murmelte er.
Sie schüttelte den Kopf. „Das sollte nicht passieren.“
„Vielleicht doch.“
„Eine Affäre für eine Nacht – mehr wäre es nicht …“
„Besser einmal als nie.“
„Und dann wirst du fort sein.“
„Das weißt du nicht. Ich weiß es nicht.“
„Ich weiß es. Du wirst fort sein …“
Sie wollte sich abwenden, aber er zog sie wieder zu sich herum. Bei der ersten Berührung ihrer Lippen wusste sie, dass es vorüber war, dass sie den Kampf verloren hatte.
Besser einmal als nie, dachte sie, als der letzte Funke ihres Widerstandes schwand. Besser, dich einmal zu haben und dich zu verlieren, als sich immer zu fragen, wie es gewesen wäre.
Sie schlang die Arme um seinen Nacken und kam seinem Kuss genauso hungrig, genauso wild entgegen.
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