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Sag niemals STIRB

Sag niemals STIRB

Titel: Sag niemals STIRB Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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des Schweden auf sich gerichtet.
    „Ich sehe, dass Sie mir nicht vertrauen“, sagte er.
    „Ich vertraue überhaupt niemandem mehr.“
    Er nickte und lächelte. „Dann haben Sie in ein paar kurzen Tagen gelernt, wozu ich Monate brauchte.“
    „Misstrauen?“
    „Zweifel. Angst.“ Er sah sich in der Hütte um, blickte auf die tanzenden Schatten an den Wänden. „Was ich schleichendes Unbehagen nenne. Das Gefühl, dass die Dinge hier nicht richtig sind. Dass unter der Oberfläche etwas … Geheimes liegt, etwas … Schreckliches.“
    Die Laterne flackerte und erlosch fast. Er blickte auf, als der Regen auf das Dach hämmerte. Ein Windstoß brachte durch die Tür die vielfältigen Gerüche des Dschungels herein.
    „Sie fühlen es auch“, sagte er.
    „Ich weiß nur, dass es zu viele Zufälle gegeben hat“, sagte Guy. „Zu viele kleine schicksalhafte Dinge. Als wären für uns Pfade vorbereitet worden, denen wir nur gefolgt sind.“
    Andersen nickte. „Es war ein Risiko, Sie hierher zu bringen, aber Nora hielt die Zeit für richtig.“
    „Dann war es ihre Entscheidung?“
    Er nickte. „Sie dachte, es könnte die letzte Chance für ein Wiedersehen sein.“
    Willy erstarrte und sah ihn an. „Sagten … sagten Sie Wiedersehen?“
    Dr. Andersen nickte langsam.
    Sie versuchte zu sprechen, fand jedoch ihre Stimme nicht.
    Ihr Vater lebte!
    Guy fragte endlich: „Wo ist er?“
    „In einem Dorf nordwestlich von hier.“
    „Als Gefangener?“
    „Nein, nein. Als Gast. Als Freund.“
    „Er wird nicht gegen seinen Willen festgehalten?“
    „Nicht seit dem Krieg.“ Andersen sah Willy an, die ihre Stimme noch nicht wiedergefunden hatte. „Es mag für Sie schwer zu akzeptieren sein, Miss Maitland, aber es gibt tatsächlich Amerikaner, die in diesem Land ihr Glück finden.“
    Sie sah ihn verwirrt an. „Ich verstehe nicht. Alldiese Jahre war er am Leben … er hätte doch heimkommen können …“
    „Viele Männer sind nicht heimgekehrt.“
    „Er hatte aber die Wahl!“
    „Er hatte auch seine Gründe.“
    „Gründe? Er hatte alle Gründe, um nach Hause zu kommen!“
    Andersen stand auf und ging zur Tür. „Ihr Vater muss für sich selbst sprechen.“
    „Warum ist er nicht hier? Wann werde ich ihn denn sehen?“
    Der Arzt zögerte. „Das hängt davon ab.“
    „Wovon?“
    Er sah noch einmal zurück. „Davon, ob Ihr Vater Sie sehen will.“
    Lange, nachdem Andersen gegangen war, stand Willy in der Tür und starrte in den Regenvorhang hinaus.
    „Warum sollte er mich nicht sehen wollen?“, schrie sie.
    Guy schob von hinten seine Arme um sie.
    „Warum sollte er mich nicht sehen wollen?“
    „Willy, hör auf.“
    Sie drehte sich um und presste ihr Gesicht an seine Brust. „Denkst du, es war so schrecklich?“,schluchzte sie. „Mein Vater zu sein?“
    „Natürlich nicht.“
    „Das muss es aber gewesen sein.“
    „Du warst doch ein Kind, Willy! Du kannst dir nicht die Schuld geben.“
    Er führte sie zu der Pritsche und hielt sie in den Armen. In den Armen eines Freundes.
    Der Gedanke schmerzte über alle Maßen, dass auch er eines Tages sie verlassen würde. Dass sie nur vorübergehend ihre Körper, ihre Wärme und ihre Seelen miteinander verbanden.
    Draußen klatschte ein schwerer Wolkenbruch auf die Blätter.
    Es regnete die ganze Nacht.
    In der Morgendämmerung kam ein Jeep. Der vietnamesische Fahrer bestand darauf, dass nur Willy mitfahren dürfe. Guy blieb erst nach langem Zureden zurück.
    Der Fahrer beantwortete keine Fragen, während sie eine schlammige Piste entlangfuhren, die durch den Wald führte und nach ein paar Meilen vor einer soliden Wand aus Dschungel endete.
    Der Jeep blieb zurück, der Fahrer bahnte mit einer Machete einen Weg durch das undurchdringliche Gewirr von Zweigen, und Willy stolperte hinter ihmher, wobei sie kaum seinen Rücken vor sich erkennen konnte.
    Als sie endlich anhielten, wankte Willy vor Erschöpfung sehr stark.
    „Hier“, sagte der Mann, drehte sich um und wanderte in den Dschungel hinein.
    „Warten Sie!“, rief sie. „Sie können mich doch nicht hier zurücklassen!“
    Der Mann ging weiter.
    „Bitte, wo bin ich?“, schrie sie. Er blieb stehen und sah zurück. „Was ist das hier für ein Ort?“
    „Ort, an dem wir ihn finden“, war die Antwort. Danach verschwand er im Wald.
    Willy wirbelte herum, suchte den Dschungel ab, hielt Ausschau nach irgendeinem Erretter. Sie sah keinen. Die letzten Worte des Mannes echoten in ihrem Kopf.
    Was ist das hier für ein

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