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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg F. Gifune
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die einzige Möglichkeit, die ich kenne, damit umzugehen, und lange Zeit war es die einzige Möglichkeit für mich, damit fertig zu werden und trotzdem irgendwie den Tag zu überstehen, verstehst du?«
    Ich war nie stolzer auf meine Schwester als in diesem Augenblick. Ihre Rache war ihr Erfolg – ihr beruflicher Erfolg, ihr Erfolg als Ehefrau und Mutter, als Tochter und Schwester, als der anständige und liebevolle Mensch, der sie immer gewesen war.
    Letztendlich war, ungeachtet des Schmerzes, den wir alle verspürt hatten, das, was geschehen war, an ihr verübt worden. Wir übrigen waren traumatisierte Zeugen des Schadens, der ihr zugefügt worden war, Kameraden, die von Splittern der Granate verwundet wurden, die ihr in den Schoß geworfen worden war. Was geschehen war, hatte sie damals nicht zerstört. Es hatte sie nicht zerbrochen und würde das auch niemals tun. Sie war größer, stärker und klüger als jeder einzelne von uns. Und sie war es immer gewesen.
    Ein paar Wochen nach dem Verschwinden von Ed Kelleher kommt Onkel in unser Haus. Es ist früher Nachmittag, ein schöner, sonniger Tag. Er erscheint mit einer Plastiktüte voller winziger brauner Ringe, die verdächtig nach Frühstücksflocken aussehen. Aber als Angela und ich fragen, warum er eine Tüte voller Müsli herumschleppt, behauptet er, er hätte sie von einem geheimnisvollen Mann gekauft, den er auf einer kürzlichen Reise nach New York City getroffen hätte.
    »In einem kleinen Laden, abseits, in einer engen, dunklen Seitengasse«, sagt er vergnügt. Er erzählt uns, dass die Ringe eigentlich Samen sind, dass daraus, wenn sie ordentlich in frische Erde gepflanzt werden, innerhalb von Stunden eine große Menge unterschiedlicher Doughnuts wachsen werden.
    Obwohl ich mich für einen cleveren Achtjährigen halte, redet er mit solcher Überzeugungskraft von der Macht dieser Samen, dass es mir verwerflich erscheint, auch nur für einen Moment an ihm zu zweifeln.
    »Glaubt ihr mir?«, fragt er.
    Angelas Gesicht erstrahlt in einem Lächeln. »Willst du uns ärgern, Onkel?«
    »Wenn ihr nicht daran glaubt«, sagt er, »funktioniert es nicht.«
    »Dann glaube ich dir«, sagt Angela.
    Onkel sieht mich an. »Andy?«
    »Ich auch.«
    Meine Mutter sieht uns von der Hintertür aus zu, wie wir drei einen kleinen Flecken Erde im Garten frei räumen und anfangen, dort die Samen einzupflanzen. Sowie wir fertig sind, verkündet Onkel, dass er einen arbeitsreichen Tag vor sich hat und weg muss, verspricht aber, später zurückzukommen und nach den Ergebnissen unserer Bemühungen zu sehen.
    »Denkt daran«, sagt er zu uns, »ihr müsst daran glauben, oder der Zauber funktioniert nicht.«
    Wie es das Schicksal will, fallen unserer Mutter plötzlich lauter kleine Aufgaben ein, die erledigt werden müssen. Angela und ich protestieren, aber Onkel erklärt, dass es nicht darauf ankommt, wo wir sind, wenn die Samen erst einmal eingepflanzt sind, solange wir nur weiter so fest glauben, wie wir können.
    Der Ausflug zur Post und zum örtlichen Kaufhaus zieht sich zur längsten Viertelstunde unseres Lebens hin. Jedes Mal, wenn ich zu Angela hinübersehe, die wie ein zwergwüchsiger Astronaut in ihren Sitz geschnallt ist, sind ihre Augen geschlossen, und aus ihrem Mund kommen wieder und wieder die geflüsterten Worte: »Ich glaube daran.«
    Offensichtlich reicht unser gemeinsamer Glaube aus, denn als wir nach Hause kommen, aus dem Auto springen und in den Garten toben, ragen in unserem Garten unterschiedliche Sorten frischer Doughnuts aus dem Boden, auf Objekte gespießt, die Zungenspateln ausgesprochen ähnlich sehen, die Onkel später aber als »Stämmchen« identifiziert.
    Ich lache, während Angela herumtanzt, einen Doughnut in jeder Hand und vom einen Ohr zum anderen mit Schokolade beschmiert, während sie unsere Mutter über die Macht des »wirklich fest Glaubens« belehrt. Meine Mutter sieht zu. Sie kann ihr Lächeln kaum verbergen, während Onkel mit Angela herumtanzt und fast noch mehr Spaß hat als wir anderen.
    Selbstverständlich kommt mir der Gedanke, dass Onkel bloß ein Duzend Doughnuts gekauft und sie in unserer Abwesenheit eingepflanzt hat, aber darauf kommt es nicht an. Es macht mehr Spaß, ihm zu glauben. Es ist wichtiger, zu glauben.
    »Ich habe erst vor zwei Wochen mit ihm telefoniert«, sagte Angela und holte mich damit zurück. Sie schüttelte leicht den Kopf und lächelte, obwohl ihre Augen feucht geworden waren. »Er schien so glücklich. Du weißt, wie

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