Saga von Dray Prescot 15 - Vallian-Zyklus 01 - Geheimnisvolles Scorpio
Herrscher zu berichten, was ich bisher über die Chyyanisten herausgefunden hatte. Eigentlich war es noch jämmerlich wenig. Eine unbedeutende Religion würde dem Herrscher nicht weiter gefährlich erscheinen. Zwar herrschte in Vallia grundsätzlich Übereinkunft darüber, daß der Konflikt mit Hamal irgendwann wieder aufbrechen würde, doch bot der derzeitige unsichere Waffenstillstand zwischen den beiden Reichen gewisse Friedensaussichten. So würde der Herrscher jede Andeutung über feindliche Aktivitäten abtun, und sein Presidio würde gierig die individuellen Interessen seiner Mitglieder vertreten.
Bei Zair! Die Swods begannen eben von der Jungfrau mit dem einen Schleier zu singen, und die Mädchen begannen zu kichern, wie immer, wenn dieses Lied beginnt, da fiel mir am Nachbartisch ein Bursche auf, der sich herüberbeugte und hämische Bemerkungen zu machen begann.
Heißer Zorn erfüllte mich. Ich hatte einen ruhigen Abend mit Trinken und Singen verbringen wollen, dieser Rast aber wollte Ärger machen und mir alles verderben. Ich beschloß, ihm den Spaß zu vergällen und überhaupt nicht zu reagieren. Er sollte sich austoben, bis er blau anlief, ich wollte ihm keine Befriedigung gönnen.
»Wir werden den Kerl ignorieren«, sagte ich zu Laka und Nidar. »Achtet nicht auf ihn.«
Laka kannte mich und lachte. Nidar musterte mich seltsam von der Seite, sagte aber nichts.
Der Streitsuchende trug entschieden zuviel Gold an seinem Wams. Sein Gesicht war hager und von einer Narbe entstellt, sein Schnurrbart war sorgfältig gestutzt. Ich merkte mir das Emblem an seinem Hals, ein kleiner goldener Strigicaw mit Schwertern.
Er sprach mich nicht direkt an, sondern beleidigte mich durch seine Freunde, wie es solche Typen nun einmal gewohnt sind.
»Vielleicht hält er uns für Woflos. Vermutlich versteht er nicht mal diese Kleinigkeit richtig.«
Nidar lehnte sich zornig zu mir herüber und sagte leise: »Ich möchte den Kerl durch die Mangel drehen, Nath!«
»Laß nur«, sagte ich leise.
Der zudringliche Bursche gab nicht auf. Seine Freunde halfen ihm. Sie nannten ihn Rumil die Spitze. Ich wandte ihm den Rücken zu und rief nach frischem Bier, während in der Runde ein neues Lied angestimmt wurde, in das ich einfiel.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich drehte mich um und hörte auf zu singen.
Rumil die Spitze stand auf und beugte sich über mich, sein Gesicht war dunkel vor Zorn, nahm ich doch nicht die geringste Notiz von ihm.
»Rast!« brüllte er und schlug mir auf die Schulter, entweder war er betrunken oder er tat nur so. »Du beleidigst mich nicht und bleibst auf deinen stinkenden Füßen!«
Ich schüttelte seine Hand ab und wollte mich zu den beiden Pachaks umwenden, doch er ließ mich nicht. Er glaubte einfach nicht, daß ich ihn nicht für wichtig genug hielt, um mir Sorgen über ihn zu machen. Er fühlte sich ratlos, in seiner Würde getroffen, in seinem Stolz verletzt. »Das sollst du mir büßen, du verdammter Cramph!«
Ich sah, daß Lakas Gesicht erstarrte, und hörte das Kratzen von Stahl. Ich hatte mich in dem Mann getäuscht.
Mit einer Bewegung, die hoffentlich schnell genug war, glitt ich zur Seite und drehte mich um. Rumil die Spitze starrte mich an. Die Augen waren ihm aus den Höhlen getreten. Seine Zungenspitze steckte zwischen den Lippen, sein Gesicht war verzerrt und zeigte nacktes Entsetzen.
Um seinen Hals lag ein braungekleideter Arm, und auf der mächtigen Hand schimmerte goldenes Fell.
»Lahal, Nath die Mücke«, sagte Rafik Avandil. »Anscheinend kann ich dir schon wieder zu Diensten sein.«
12
Ich hatte angenommen, daß mein Leben in Vondium während Delias Abwesenheit langweilig und ereignislos sein würde; darin irrte ich zum Teil. Natürlich fehlt dem Dasein der Glanz, wenn Delia nicht bei mir ist, doch zuweilen entwickeln sich aus Kleinigkeiten tiefgründige, wichtige Dinge.
Rafik Avandil, der sich sehr über die Gelegenheit freute, mich zum zweitenmal zu retten, wie er annahm, hatte den Rest des Abends mit uns verbracht. Dabei hatte sich Laka an meinen Tarnnamen Nath gehalten, wofür ich ihm dankbar war. In den nächsten Tagen sahen wir uns öfter, und schließlich ließ ich mich dazu überreden, in die Schänke zu ziehen, in der Rafik wohnte. Davon setzte ich Turko den Schildträger, Balass den Falken und andere in Kenntnis, die es wissen mußten. Meine Freunde murrten, weil sie im Palastflügel bleiben sollten, während ich mich in Schänken
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