Saga von Dray Prescot 15 - Vallian-Zyklus 01 - Geheimnisvolles Scorpio
herumtreiben durfte, doch ich machte ihnen deutlich, daß ich einer Spur folgte.
»Bis jetzt habe ich noch kein Wort über die Schwarzen Federn gehört«, sagte ich. »Und das kommt mir seltsam vor.«
»Vielleicht nicht«, meinte Khe-Hi-Bjanching und legte einen Finger in das Buch, das er gerade las. »Der Signomant hatte für Vondium noch kein Zeichen, denk daran.«
»Ich glaube noch immer, daß unsere Interpretation richtig war. Bei Vox! Wenn wir nur wüßten, wo die Burschen als nächstes zuschlagen wollen!«
»Agenten sind unterwegs und hören sich um. In ganz Vallia versucht man diese Frage zu lösen.«
»Und«, sagte Naghan mit der Nüchternheit des alten Waffenmachers, »das kostet sehr viel Geld.«
»Wenn die opazverfluchten Chyyanisten gewinnen, haben wir gar kein Geld mehr, das ist sicher. Und wir werden an Hacken aufgehängt, wie viele Bürger des Landes.«
»Dazu müssen sie uns erst einmal fangen«, meinte Turko düster.
Der Palastflügel, in dem wir wohnten, war auf Delias Anweisungen hin eingerichtet worden. Trotzdem lag mir der große Palast von Vondium nicht besonders. Delia hatte wunderschöne Räume geschaffen, dennoch war die hochherrschaftliche Aura allgegenwärtig. Rafiks Schänke versprach da ein wenig buntere Abwechslung. Ich konnte nur hoffen, Barkom von der Rose von Valka erfuhr nicht, daß ich in einem anderen Gasthaus abstieg. Aber er hätte mein Handeln sicher verstanden.
In der Hauptstadt liefen zahlreiche Gerüchte um. Der Herrscher kehre zurück und bringe als Ehrengast des Vallianischen Reiches niemand anderen als die berühmte Königin von Lome mit. Alle Vondianer waren gespannt, diese sagenhafte Frau zu sehen. Die Berichte über ihre Schönheit und ihren Reichtum hatten sich wie ein Lauffeuer in diesem Teil der Welt ausgebreitet, und so mancher Mann hatte schon von ihr geträumt. Alle fluchten und sagten, wie glücklich sich der Herrscher schätzen könne und daß man gern in seiner Haut stecken würde. Und einige ließen diesem Satz ein Lachen folgen und setzten hinzu, daß diese Haut wohl nicht mehr lange so sicher sein würde.
In diesen Tagen erreichte uns eine ermutigende und zugleich erschreckende Nachricht. Balass erhielt einen Bericht, daß in einer Gruppe Kaufleute aus seiner Heimat Xuntal ein Mann im Suff von den Schwarzen Federn gesprochen hatte.
»Darum kümmerst du dich, Balass«, sagte ich. »Du bist ein Xuntaler. Du kannst dich zu diesen Leuten gesellen. Möge das Gekrümmte Schwert von Xurrhuk dir beistehen.«
»Amen, mein Prinz. Bei meiner Hoffnung, Xanachang zu erreichen! Mein Volk ist sehr zurückhaltend gegenüber Spionen!«
»Es dürfte dich kaum trösten, wenn ich sage, daß Spione bei keinem Volk gern gesehen sind. Aber sieh die Sache einmal in einem anderen Licht. Dir geht es darum, etwas Böses an der Wurzel auszurotten. Daß du dich nicht täuschst – in den Herzen der Chyyanisten findet Xurrhuk vom Gekrümmten Schwert keine Zustimmung.«
Balass' muskulöser Körper schimmerte schwarzsilbern im Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster hereindrang. Wir standen in der kleinen Arena, die man in diesem Teil des Palastes eingerichtet hatte. Der mit Sand bedeckte Boden knirschte unter den raschen Schritten, während wir mit Holzschwertern finteten und parierten. Turko, das wußte ich, hatte viele Stunden lang mit seinem neuen Parierstab geübt und handhabte den Klattar nun mit einer erfreulichen Sicherheit.
Oby trat ein, warf seine Tunika ab und machte sich zu einem Übungsgang mit seinem eleganten Langmesser bereit. Er ließ die Lenkholztür halb geöffnet, und Naghan wollte schon eine Bemerkung darüber machen, als ein Dienstbote in hohem Bogen durch die Öffnung hereingeflogen kam und zu Boden stürzte.
Ich drehte den Kopf, um mich zu überzeugen, daß Turko neben mir stand, denn sonst hätte ich schwören mögen, daß er diesen Mann in bunter Palastlivree durch die Luft geschleudert hatte.
Aber es war kein Mann.
In der aufschwingenden Tür erschien ein ansehnliches Mädchen. Ihr Gesicht wies unter der Bräune nur eine leichte Röte von der kleinen Anstrengung auf. Sie trug enge Hosen, darüber eine ebenso enge braune Tunika, über der ein Lestenledergürtel mit Rapier und Dolch hing, Waffen, die keinen Zweifel daran ließen, daß sie jederzeit auch zu kämpfen bereit war.
Von der Bewaffnung und der Haltung des Mädchens vorgewarnt, wußte ich, woher sie kam.
Ihr hellbraunes Haar war kurzgeschnitten, auf ihrem Gesicht zeigte sich der
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