Saga von Dray Prescot 16 - Vallian-Zyklus 02 - Wildes Scorpio
kompakte, wohlgenährte Gestalt eines Mannes in seinen besten Jahren, energisch, tüchtig, verlangend. Und gewalttätig.
»Hinaus!« donnerte er uns an. Er konnte sich kaum noch beherrschen und schien zu allem fähig, daran bestand kein Zweifel. »Hinaus!«
Der zweite Mann schlich geduckt in den Raum. Muskulös, massig gebaut, so ragte er hoch im Lampenschein auf, und sein Mund und die verkrampfte Haltung seines Kinns ließen erkennen, daß er wenig sprach. Er war ein Apim, der jedoch den Körperbau eines Chuliks besaß. Die ganze Zeit über verharrte seine mächtige Gestalt an der Seite seiner Herrin. Er trug eine schwere braune Tunika, die Khiganer genannt wird, doppelreihig angelegt, die breite Schärpe mit einer langen, ausgestellten Reihe von Bronzeknöpfen befestigt, von Gürtel bis Schulter reichend und von dort im spitzen Winkel zurück zum Hals verlaufend. Dort schimmerte Gold. Er trug Reithosen und hohe vallianische schwarze Stiefel mit Sporen. Ein Schwert führte er nicht mit, an zwei juwelenbesetzten Gürteln hingen aber die leeren Befestigungen für Rapier und Main-Gauche. Braune und grüne Armstreifen, darüber drei kleine diagonale Striche, wiesen ihn als Anhänger Vengas aus. Die schiere Wildheit seines Gesichts beeindruckte mich, die in den winzigen dunklen Augen schlummernde Brutalität, die Strenge des Kinns. Er war eindeutig ein berüchtigter Klingenschwinger – Nath der Iarvin, Kämpfer, Schwertkämpfer, mit Leib und Seele seiner Herrin verschrieben.
Die dritte Person war eine Frau.
Dünn war sie und scharf wie ein Diamant, hart und hell, von einer Flamme erfüllt, die alle verzehrte, die das Pech hatten, nicht mit ihr umgehen zu können. Ihr dunkles Haar lag fest unter einem diamantenverkrusteten Netz. Sie trug lederne Reitkleidung, die grünlich schimmerte und ihre männliche Figur noch eckiger wirken ließ, dazu lange schwarze Stiefel, wie ein Mann. An ihrer linken Schulter war eine goldene Brosche festgesteckt, in Gestalt eines Werstings, der einen Korf packt – der wilde kregische Hund, der sich auf den aufschwingenden Vogel stürzt. Rapier und Dolch waren an ihrer schmalen Taille befestigt. Ich ahnte, daß sie gut damit umgehen konnte. Ihr langes Gesicht war bleich und verächtlich verzogen, darin tiefsitzende grüngraue Augen und hochgewölbte schwarze Augenbrauen. Rot war ihr Mund, dünn und verbittert und an den Winkeln tief eingekerbt, rot wie eine Wunde über ihrem spitzen Kinn. Mit ihrem Blick hätte sie einen Eisblock zerschneiden können.
Dies also war Ashti Melekhi, die Vadnicha von Venga. *
Sie starrte uns aus zusammengekniffenen Augen an und erinnerte mich dabei an einen wilden Jagd-Risslaca, der auf seine Beute starrt, ehe er sie verschlingt.
»Hinaus mit euch!« sagte sie. Ich schwöre, ihre Stimme fauchte wie ein Risslaca vor dem Zustoßen. » Schtump! Layco Jhansi, der Kov von Vennar, der Erste Pallan des Herrschers, hat mir die Verantwortung für das Krankenzimmer des Herrschers und die Erfüllung seiner Wünsche übertragen, und ich bin nur ihm verantwortlich. Mir ist egal, wer ihr seid. Die Prinzessin Majestrix darf meinetwegen bleiben, weil sie die Tochter des Herrschers ist. Ihr anderen – hinaus! – Schtump! «
Ich sagte nichts. Sie deutete mit der Reitpeitsche auf mich. Ihre Hand war ruhig.
»Du magst der Prinz Majister sein. Doch du bist nichts anderes als ein aufgeblasener Klansmann, ein haariger Barbar. Und du wagst es, einen anderen Arzt mitzubringen! Nimm dich in acht, damit du nicht zu weit gehst!«
Die Reitpeitsche bezog nun auch Seg, Thelda und Katrin in ihre Bewegung ein und richtete sich schließlich anklagend auf Nath die Nadel.
»Laßt den Herrscher in Würde sterben, wie es einem großen Mann geziemt! Ihr befleckt seine Größe. Dieser tolpatschige, dreckige alte Mann hat hier nichts zu suchen – wenn ihr so weitermacht, werdet ihr noch alle einen Kopf kürzer gemacht, ehe die Sonnen untergehen.«
Ich öffnete den Mund – und schloß ihn wieder. Der neue Prescot behielt immer noch die Oberhand.
Sie ließ die Peitsche herabzucken. »Jetzt aber hinaus, ihr Ungeziefer! Verschwindet, sonst lasse ich die Palastgarde kommen.«
Seg musterte mich mit dem halb spöttischen Lächeln, das ich so gut kannte. Ich wußte, was er nun erwartete. Entrüstet hatte sich Nath einige Schritte vom Bett entfernt, doch ansonsten hielt er sich gut. Thelda mußte bereits tief durchatmen, um nicht zu explodieren, und Katrin hätte ebenfalls gern losgelegt. Ich
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