Saga von Dray Prescot 19 - Jikaida-Zyklus 01 - Ein Leben für Kregen
Segelschiffbau beizubringen. Aus den Flotten großer Galeonen ließen sich mühelos Freiwillige abziehen, die sich darauf freuten, die Himmelsschiffe zu bemannen.
Die Landkarte Vallias zeigte uns nicht nur nicht, was unsere Feinde im Schilde führten, es fand sich dort auch nirgendwo der Ort Lancival. Ich hatte Jilian gegenüber nicht erkennen lassen, daß ich diesen Namen nicht kannte. Und sie, die Raffinierte, hatte die ganze Zeit gewußt, daß mir die Stadt unbekannt sein mußte. Es fand sich kein Smot, kein Dorf, keine Provinz, kein Anwesen dieses Namens, und keiner der Männer, die ich danach fragte, hatte den Namen Lancival schon einmal gehört, nein, bei Vox!
Lady Winfree, ein charmantes Mädchen, verheiratet mit einem frisch zum Brigadekommandeur ernannten Chuktar, durchschaute mich sofort, als ich sie auf den Namen ansprach. Sie entschuldigte sich hastig und verschwand mit erhobenem Kopf und wehenden Röcken. Bis hierhin und nicht weiter! Lancival gehörte zu den infernalischen Geheimnissen, über die sich die Frauen ausschwiegen. Nun ja, natürlich durften sie Geheimnisse haben, soviel sie wollten, doch ebenso natürlich gab es Geheimnisse, auf die Ehefrauen kein Anrecht haben, so wie auch ihre Männer zuweilen nicht frei von Schuld sind. Ich spürte Dankbarkeit in mir, daß ich Delia von der Erde erzählt hatte, jenem verrückten kleinen Planeten mit nur einer winzigen gelben Sonne, einem kleinen silbernen Mond – und ohne jeden Diff.
Ich besuchte Jilian. Sie lag in ihrem gelbbezogenen Bett, in einem sonnenhellen Zimmer, das vor Blumen überquoll. Bleich und lieblich lag sie in den Kissen und war dem Bewußtsein entrückt, bis auf die Dinge, die sie in ihren Träumen sehen mochte. Ich seufzte.
»Laß ihr noch einen oder zwei Tage, Majister«, sagte der Arzt.
Noch im Quartier der Damen, das in den Palastruinen als erstes wiederhergestellt worden war, suchte mich Barty auf. Er versprühte eine Begeisterung, einen freudigen Eifer, den ich trotz meiner Grundstimmung ansteckend fand.
Mein erster Gedanke war, daß man eine der Invasionsarmeen entdeckt hatte.
Aber Barty rief: »Dayra!« Er schwenkte die Arme und fiel strahlend in meinen Schritt ein und konnte die Neuigkeit nicht bei sich behalten. »Man hat sie gesichtet! Sie muß es sein, ganz eindeutig – der Spion wurde gut bezahlt. Sie ritt mit einer ziemlich wüsten Bande nach Werven hinein, um Vorräte einzukaufen. Dray, es kann keinen Zweifel geben.«
»Werven. Das liegt in Falinur, in Segs Kovnat.«
»Wo immer diese Stadt liegt, Dray – ich muß los. Dies ist die Chance, auf die wir gewartet haben!«
Er hatte recht. Und die Teufel der Versuchung grinsten und winkten mir zu. Meine Tochter, meine temperamentvolle, abtrünnige Tochter, die eine Stahlklaue trug und Gegner niederkämpfte, Ros die Klaue – mußte ich nicht augenblicklich loseilen und sie suchen, doch mußte ich nicht auch in Vondium bleiben, das in äußerster Gefahr schwebte? Was sollte ich tun?
Barty schien meine Unentschlossenheit zu spüren; für persönliche Dinge schärfte sich sein Sinn immer mehr. Er warf mir einen schiefen Blick zu und hörte auf zu sprechen, so daß wir ein Dutzend Schritte stumm nebeneinander her gingen, die Gemächer der Frauen verlassend. Schweigend durchquerten wir den Permutter-Hof und die Kolonnaden, an denen purpurne Ibithses sich vom weißen Kalk der Mauern abhoben, und über kunstvoll angelegtes Pflaster in den kühlen blauen Schatten des Goldfisch-Hofes, wo die Wassertanks gespenstische orangegoldene Reflexe erzeugten.
»Du mußt sie suchen, Barty«, sagte ich schließlich nachdrücklich. »Mein Denken und Fühlen begleiten dich. Was mich betrifft, ich muß hierbleiben.«
Er verstand meine Entscheidung.
Ich vermochte nicht zu erkennen, ob er sich freute oder es bedauerte, daß ich ihn nicht begleiten würde; immerhin hatten wir schon etliche schwierige Situationen gemeinsam durchgestanden. Ich mußte ihm hoch anrechnen, daß er sofort Verständnis bekundete und die Entschlossenheit, mit Dayra zu sprechen. Er wußte, daß es da Probleme gab. Nicht bekannt war ihm die Tatsache, daß Dayra Ros die Klaue war. Ich hielt es für angebracht, ihm diese Information vor dem Aufbruch zu vermitteln; daß ich sie bisher für mich behalten hatte, erschien mir plötzlich wenig sinnvoll.
»Bei Vox!« rief er. »Du meinst – wie die schreckliche Stahlklaue, die deine Freundin Jilian trug?«
Ich nickte.
Er schüttelte den Kopf. »Was für ein Mädchen!
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