Saga von Dray Prescot 21 - Jikaida-Zyklus 03 - Ein Schicksal für Kregen
anschließend.« Lobur biß sich auf die Unterlippe. »Tobi ist leider auch tot. Er wurde von einer giftigen Blume eingehüllt, die mit unglaublicher Geschwindigkeit aus einer Wand hervorwuchs.«
Wir bekundeten unser Bedauern über die Verluste der Hamalier, und mir war ebenso klar wie Quienyin, daß wir hier zwar an der Schwelle zum allesentscheidenden Problem standen, daß aber für kurze Zeit das Gefühl – wenn es auch ein verdammt täuschendes Gefühl war –, das Gefühl der Entspannung diesen Leuten eine Last von Seele und Körper nahm. Es war ein Katz- und Maus-Spiel. Soviel schien klar. Ich erkundigte mich bei Lobur dem Dolch nach seinen Sklaven, und er erwähnte beiläufig, daß man irgendwo einige ältere Burschen aufgegabelt hatte, die beinahe niedergesäbelt worden wären, ehe sie Prinz Nedfar zu überzeugen vermochten, daß sie nichts Dämonisches hätten.
Als Lobur das Wort ergriff, mußte ich eine Grimasse unterdrücken, die sich fälschlicherweise als Lächeln hätte deuten lassen. »Sie waren von einer früheren Expedition übriggeblieben und wanderten nur noch so herum, die armen Teufel.«
Hunch und Nodgen hatten sich also die gleiche Lüge einfallen lassen wie ich, um unser Herumwandern ohne Herrschaft zu erklären. Was Tarkshur betraf – nun ja, das mußte warten.
Ich gab meinem Gesicht einen eifrigen Ausdruck. »Bei Zodjuin vom Tor! Die beiden könnten zu meinem Trupp gehören!«
Es war nun lebenswichtig, an Hunch und Nodgen heranzukommen und sie dazu zu bringen, alles mit sich geschehen zu lassen, ehe womöglich ein Dritter ihre dummen Gesichter beobachtete, wenn sie mich sahen und wiedererkannten. Es würde knapp werden. Trotz der allesumfassenden Gefahr des Moders war diese kleine, unsere gesellschaftliche Ordnung betreffende Gefahr nicht geringer einzuschätzen.
Die beiden trugen vornehme Kleidung, die allerdings durch weitere Kämpfe im Korridor inzwischen wieder gelitten hatte. Ich entdeckte sie inmitten einer Horde anderer Sklaven, die sich das Herumgetobe staunend anschauten. Die Sklaven schienen sich ein Herz fassen zu wollen, um bei der Plünderung mitzumachen.
Ich nahm Hunchs Tryfantenohr zwischen Daumen und Zeigefinger der linken und Nodgens Brokelsh-Ohr zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand. So zerrte ich sie ein Stück von den anderen fort und brüllte sie dabei an: »Ihr Yetches! Was habe ich mir für Sorgen um euch gemacht! Aber ich verzeihe euch! Ihr habt euch ausgezeichnet geschlagen! Ihr seid am Leben geblieben!«
Die beiden baumelten beinahe an ihren Ohren und versuchten zu mir emporzustarren. Brüllend bearbeitete ich sie weiter, und wenn ich scheinbar Atem holen mußte, flüsterte ich ihnen energisch zu: »Ja, ihr Famblys, ich bin's – ein falsches Wort, und ihr seid eure Ohren, nein, eure Köpfe los! Spielt mit! Wir waren schon hier, aber ihr erinnert euch nicht mehr genau. Sagt nichts!«
Die beiden schauten mich an, als hätte ein Dämon das Maul geöffnet und ihnen alle seine Reißzähne hingespuckt.
Mit bellender Stimme fuhr ich fort: »Ich hatte euch die Freilassung versprochen – und die sollt ihr erhalten!« Ich schaute mich um und sah Lobur und Prinzessin Thefi und Prinz Tyfar, die mit unverhohlener Neugier in unsere Richtung schauten. »Zeugen!« tobte ich weiter. »Dort sind die Zeugen. Das Bokkertu läßt sich später erledigen, wenn wir diesen Moder verlassen haben – aber ab sofort seid ihr frei, Hunch und Nodgen, beide!«
Es wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn das Publikum mit leichtem, höflichem Applaus reagiert hätte. Allerdings paßte so etwas nicht an diesen Ort. Aber es war vollbracht, und zwar unter Zeugen, und diese beiden würden – wenn wir überlebten – ihre Papiere erhalten.
Der Gedanke an Dankbarkeit kam mir nicht. Wir alle wußten, daß Tarkshur wieder auftauchen würde – es ging gar nicht anders – und wir dann sehen mußten, was uns einfiel. Aber die beiden schauten mich an und blickten auf die Plündereien, die kein Ende nahmen, und schon richtete sich Hunch zu einer Größe auf, die ich bisher nicht an ihm bemerkt hatte, während Nodgen seine mürrisch-verschlossene Miene ablegte und plötzlich geradezu kampfwütig aussah.
Was würden die beiden nun unternehmen? Als sie sich wie die anderen auf die umgekippten Behältnisse stürzten, seufzte ich und begab mich zu Nedfar, um zu hören, was er über die verdammten neun Schlüsselstücke zu sagen hatte, die wir benötigten, um weiterzukommen.
Quienyin
Weitere Kostenlose Bücher