Saga von Dray Prescot 26 - Spikatur-Zyklus 04 - Die Verbündeten von Antares
Er erkannte mich und sagte nur ein Wort.
»Verräter!«
4
»Beruhige dich, Prinz. Das ist doch alles vorbei.« Ich versuchte seiner Hand die Armbrust zu entwinden. »Du bist in Sicherheit. Wir müssen dich bequem hinlegen ...«
»Jak der Schuß – Verräter! Du hast Hamal verraten.«
»Er ist verwirrt«, sagte Seg. »Aber man kann erkennen, daß er ein gutaussehender Mann ist, wie du gesagt hast. Ein richtiger Prinz.«
»Ja. Wir müssen uns um ihn kümmern.«
Für mich war klar, was hier geschehen war. Die Männer aus Nedfars Gefolge hatten gekämpft und waren ums Leben gekommen. Sie mußten die Wilden ziemlich lange in Schach gehalten haben. Als wir am Himmel erschienen, war das Ende schon nahe gewesen. Vermutlich hatte eine größere Kriegertruppe der Moorkrim die fünfundzwanzig Mann zurückgelassen, mit denen wir uns auseinandersetzen mußten.
»Hamal ...« Nedfar schien übel zugerichtet zu sein. Sein Gesicht war grau wie Blei. »Du hast dem Feind unsere Pläne verraten, Jak ...«
Jaezila holte Wasser und befeuchtete ihm die Lippen. Er sah sie.
»Jaezila ... was ... dieser Jak der Schuß ... du darfst auf keinen Fall ...«
»Prinz!« sagte Jaezila mit harter Stimme. »Wo ist Tyfar?«
»Tyfar? Mein Sohn Tyfar?«
»Ja, ja! Ist er noch im Lacachun-Paß?«
»O ja, er ist noch dort ...«
Nedfars Gedanken waren nicht verwirrt, doch war er sehr müde, und die Wunde hatte ihn der Wirklichkeit ein wenig entrückt. Zweifellos lagen Vergangenheit und Gegenwart in seinem Verstand im Widerstreit. Er schien sehr geschwächt.
»Wir müssen Nedfar zu einem Arzt bringen.« Ich versuchte sachlich zu sprechen. »Wir könnten den Bolzen aus seiner Schulter ziehen, aber der Schmerz könnte zuviel für ihn sein, so mutig er auch sein mag. Es muß unbedingt ein Nadelstecher her!«
»Du hast recht. Und zum Transport müssen wir unser Flugboot benutzen.«
Wieder beugte sich Jaezila über Nedfar.
»Tyfar«, sagte sie mühsam beherrscht. »Dein Sohn Tyfar. Geht es ihm gut?«
Die Stimme des Prinzen klang rauh und schwach. Sein Kopf rollte hin und her.
»Es geht ... Tyfar ... nicht gut.«
Wir neigten uns näher heran und versuchten uns keines der stockend gesprochenen Worte entgehen zu lassen.
»Man lockte ihn in eine Falle ... die Nachricht war ... war falsch. Eine Falle. Ich wollte ihm helfen ... Tyfar helfen! Sie werden ihn und alle seine Männer töten ...«
Nedfar bezwang seine Schmerzen und versuchte sich aufzurichten. Er starrte Jaezila an, sie näherte ihren Kopf dem seinen, und das weiche braune Haar war ein prächtiger Rahmen für ihr Gesicht. Auf diesem Gesicht verschwand der Ausdruck liebevoller Fürsorge und wurde von Entsetzen und dann unbeugsamer Entschlossenheit abgelöst. Jaezilas Gesicht verriet, wie es um Tyfar stand.
»Er wird ums Leben kommen.« Sie sprang auf, fuhr herum, und das Licht der Sonnen schimmerte auf ihrem Haar und dem engen Ledergewand. »Es ist keine Zeit zu verlieren, keine Zeit ...«
Im Nu war sie aus dem Vollerwrack gesprungen und huschte zum nächsten Flugtier. Die schwarzen und ockerbraunen Schuppen des Tyryvols schimmerten im hellen Licht. Sie versetzte dem Geschöpf einen Schlag gegen den häßlichen Kiefer und zerrte die Leine frei. Aus derselben fließenden Bewegung heraus sprang sie in den Sattel, preßte die langen schlanken Schenkel zusammen, versetzte dem Flugtier mit dem losen Ende des Zügels einen Schlag und ließ ihn in die Luft emporsteigen – mit hängenden Beinen, mit einem Schwanz, der Staub und Steinbrocken hochwirbelte. Der Vogel sprang in die Grelle der Sonnen empor.
»Jaezila!«
Sie antwortete nicht, sondern schnallte den Clerketer um und beugte sich nach vorn, um den Luftwiderstand zu verringern. Der Tyryvol breitete die Flügel aus, schlug mehrmals heftig damit und schwebte weiter in die Höhe.
»Jaezila!«
»Wir müssen ihr folgen, mein alter Dom«, sagte Seg.
»Aye«, antwortete ich. »Ich werde das übernehmen. Du mußt Nedfar zu einem Nadelstecher bringen ...«
»Ich!«
Wir blickten auf den Prinzen nieder, der zurückgesunken war und wirklich schlimm aussah. Er hatte die Augen geschlossen.
»Ja, du, Seg. Begreifst du das nicht?«
»Nein, Dray, das begreife ich nicht. Du bist derjenige, der diesen Nedfar zum Herrscher von Hamal machen will.«
»Gewiß. Aber ich kann Jaezila nicht einfach losfliegen lassen ...«
»Ebensowenig wie ich! Beim Verschleierten Froyvil! Du weißt genau, daß nur du mit den Idioten auf der
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