Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
unbemerkt Rost angesetzt hatte. Delia litt für Vomanus, weil er selbst litt und sie den Grund nicht verstand.
* Benga: Heiliger - A. B. A.
Die offenkundige Antwort konnte sie nicht gelten lassen - denn darin läge für sie eine Rebellion gegen die Unsichtbaren Zwillinge, die sich in Opaz manifestierten.
Delias Gedanken standen im Gegensatz zu den Worten der Hymne, die in diesem Augenblick zu den hohen Deckenbalken der Kleinen Halle emporschallte. »Im Licht Opaz’ sehen wir unseren Leitstrahl durch die Dunkelheit der Welt.« Das mochten triviale Worte sein, doch wurden sie stets inbrünstig und gläubig gesungen. Delia konnte sich nicht vorstellen, diese Überzeugungen fahren zu lassen, es sei denn unter Umständen, die in ihrer Ehe begründet lagen.
Im Verlauf des Abends, an dem noch viele Lieder und Hymnen angestimmt wurden, wechselte sie hier und dort Worte mit Frauen, deren Einstellung sie erkunden wollte. Sie klopfte auf den Busch, wie es Rose Mandeling, ihre alte Tutorin, ausgedrückt hätte. So sagte sie leicht ungeduldig zu Vizemarschallin Thalmi Crockhaden: »Und das ist alles, was du mir über diese Nyleen Gillois berichten kannst?«
Die Vizemarschallin raufte sich nicht das gelbe Haar, auch wenn sie aussah, als hätte sie es am liebsten getan, wenn sie einen anderen Charakter gehabt hätte.
»Bei der Rute Hairons und dem Berg von Mampe!« Sie atmete tief ein. »Ich hatte in Delka Ob eine erstklassige Agentin sitzen, die mir aktuelle, erschöpfende, detaillierte Berichte lieferte. Seit heute früh aber habe ich nichts mehr von ihr gehört, und…«
Delia drehte den Reihen der singenden Mädchen im Kleinen Saal den Rücken zu und stützte einen Ellbogen auf die Bar aus Balassholz. Novizinnen in hübschen Kleidern, über denen sie rosagelb gestreifte Schürzen trugen, servierten alkoholfreie Getränke wie Sazz und Parclear, außerdem eine große Auswahl an Weinen. Der Barbereich lag in einer Nische abseits des Saalraums. Der Gesang bildete einen angenehmen Hintergrund. Delia erkannte die Unruhe der Vizemarschallin und konnte sich den Grund ausmalen.
Thalini nickte nachdrücklich. »Eine kurze letzte Nachricht, zweifellos eine Geste des Trotzes, hoffentlich aber Anzeichen für einen Rest von Gewissen!«
»Sie ist den Schwestern der Peitsche beigetreten?«
»Aye! Dee Sheon möge sie für ewig in die Flucht schlagen!«
»Wir kennen also den Namen der Dame, die Vomanus aus Vindelka geheiratet hat. Nyleen Gillois na Sagaie. Sagaie liegt in Evir, nicht wahr?«
»Ja, im hohen Norden, jenseits der Berge, ein Land, in dem pelzige Wilde leben. Sie beugen das Knie nicht mehr vor dem Herrscher, sondern haben sich selbst einen König zugelegt - nach der Zeit der Unruhe.«
»Wahrscheinlich wird es nötig sein, sie eines Tages wieder unter den schützenden Mantel Vallias zu holen. Doch zunächst haben wir andere Sorgen.« Delia unterbrach sich. An diesem Ort war es nicht angebracht, strategische Fragen des Reiches zu erörtern. Vielmehr wollte sie sich nach Möglichkeit auf Vomanus, Jilian und Dayra konzentrieren. Wenn sie Glück hatte, kehrte Felia von ihrem Ausflug zurück, ehe die Mutter abreiste. Wenn nicht, konnte Delia nicht warten…
»Nach dem ›na‹ in ihrem Namen zu urteilen, ist sie eine wichtige Dame.«
»Andererseits könnte Sagaie ein Dorf sein, das aus einem einzigen windschiefen Haus besteht«, sagte Delia angriffslustig.
Die Vizemarschallin bleckte die Zähne.
Yzobel hatte auch nicht mehr zu berichten. Sie wußte nur, was man ihr erzählt hatte; sie war nach Delka Ob geschickt worden, um Delia eine Nachricht zu überbringen, die man wegen der Hochzeit dort vermutet hatte. Was Thalmis Spionin in Delka Ob anging (man mußte sie wohl als Ex - Spionin bezeichnen), so wußte Yzobel nichts. Ihr war nicht nur der Name unbekannt, sondern sogar die Existenz einer solchen Mitarbeiterin.
In Delka Ob, der Hauptstadt der Provinz Vindelka, arbeitete eine größere Gruppe der Schwestern der Rose. Die Vizemarschallin machte sich offenbar Sorgen wegen weiterer Desertionen.
»Die Herrin hätte zu keiner ungünstigeren Zeit krank werden können.«
Vertraute Worte - nach Delias Erfahrung wäre jeder Zeitpunkt der schlimmste gewesen - , doch klangen sie in dieser Situation besonders zutreffend. Die kranke Führerin des Ordens, Gerüchte über Auseinandersetzungen wegen der Wahl der Nachfolgerin - ja, diese unschönen Ereignisse mochten ihren Eindruck auf Frauen nicht verfehlen, die einen persönlichen
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