Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
aufopfernde Pflege der Herrin. Du kannst nun gehen.«
»Vielen Dank, meine Dame.«
»Und«, fügte Dame Almosenpflegerin hinzu, »sorg dafür, daß du gründlich ausschläfst, Rosala!«
Auf der Tagesordnung standen mehrere Punkte. Delia hatte das Gefühl, von allen Anwesenden die einzige zu sein, die das Geschehen aus einer gewissen Distanz verfolgte. Natürlich waren die Geschehnisse in diesem Raum, die Entscheidungen, die hier gefällt wurden, lebenswichtig. Die Schwestern der Rose stellten eine große Macht dar. Dennoch war sich Delia der Verantwortung, die sie in der Außenwelt zu tragen hatte, auf überwältigende Weise bewußt.
Natima na Stafoing sagte auf ihre robuste Art: »Und so müssen wir mit den sogenannten Schwestern der Peitsche umgehen. So streng, wie sie es verdienen.«
Lansi ti Hoch-Ochrun strich sich das kupferrote Haar aus der Stirn und sagte leise: »Wir nennen diese Peitschenfrauen hier im Konklave und in Lancival offen beim Namen. Wäre es nicht klüger, sie so zu behandeln wie jenen anderen Orden, dessen Namen niemals offen erwähnt wird?«
Jeder wußte, welchen Orden Lansi meinte.
Es handelte sich um einen Frauenorden, der sich für besser hielt als viele andere. Es herrschte eine uralte Gegnerschaft, so lächerlich das auch war, wie bei zwei Hunden, die sich auf einer staubigen Dorfstraße um denselben Knochen stritten. Die Rivalitäten zwischen Männer-Orden waren oft ähnlich intensiv.
Die konkurrierende Schwesternschaft hatte sich den Namen Orden der Großen Damen der Dankbarkeit zugelegt. Boshaft nannten die SdR die anderen zuweilen die Großen Damen. Der OGDADA trug grundsätzlich grüne Lederkleidung, war im Norden stärker vertreten als die SdR (obwohl das normalerweise keine Bedeutung hatte), half Armen und Kranken und hatte gegen die Invasoren Vallias gekämpft. Die Abteilung der Kampfmädchen, die Jikai-Vuvushis, war bei diesem Orden vermutlich größer als bei den Schwestern der Rose. Diese Frauen setzten nicht die Klaue ein, verstanden sich aber auf den Umgang mit der Peitsche.
Delia schloß die Augen und riß sie überrascht wieder auf. Ringsum redeten die Frauen und stritten sich darum, wie man jenen anderen Ort bezeichnen sollte, als könnte man sich schützen, indem man einen Namen nicht aussprach.
Mit klarer Stimme sagte sie: »Behandeln wir die Schwestern der Peitsche wie einen ganz normalen Orden. Sind sie denn so furchterregend?«
Es gab hitzige Debatten, Ermahnungen zur Vorsicht, und während des ganzen Hin und Her fielen Delia wieder die Augen zu.
Als sie als kleines Mädchen zum erstenmal von den Großen Damen erfuhr, hatte sie gefragt: »Wem gegenüber sind sie denn dankbar?« Das wenig damenhafte Lachen ihrer Tutorinnen hatte sie überrascht.
Rose Mandeling hatte strahlend gesagt: »Ach, sie sind natürlich Opaz dankbar. Noch richtiger wäre wohl zu sagen, daß sie dankbar sind für ihre weltlichen Besitztümer und Titel.«
Mühselig öffnete Delia die Augen. Die Kammer schien in blauem Dunst zu verschwimmen. Sie war müde - dabei sagte ein haariger grantiger Klansmann immer: »Erschöpfung ist eine Sünde.«
Na, dann beging sie eben jetzt eine schlimme Sünde und konnte nicht das geringste dagegen tun.
Einige Punkte der Tagesordnung wurden abgehandelt. Delia ließ die Diskussion erschöpft über sich ergehen und hatte meistens die Augen geschlossen; sie schaltete sich nur ein, wenn sie etwas zu sagen hatte. Wegen der Schwestern der Peitsche, wegen der Herrin und auch wegen der neuen Gardinen im Refektorium wurden keine Beschlüsse gefaßt.
Als Dame Almosenpflegerin die Sitzung schließlich beendete, war niemand so recht zufrieden. Den Frauen war klar, daß sie zu diesem Zeitpunkt eigentlich sehr wenig beschließen konnten. Einige Frauen hatten sich mit größter Geschicklichkeit bemüht, die Diskussion von der Nominierung einer Nachfolgerin für die Herrin wegzulenken.
Das war Delia nur recht.
Sie lächelte, sagte Remberee und begab sich in Veldas Zimmer. Eine gründliche Waschung, der notwendige Gang zur Toilette, der Verzicht auf weitere Speisen oder Getränke, dann ein schneller, energischer Kampf mit ihrem Haar - und schon konnte sie sich in das schmale Bett sinken lassen, an jene denken, an die sie immer denken mußte, wenn sie schlafen wollte, und ins Nichts abstürzen.
8
In der kleinen Kabine im Heck des Flugbootes zog Delia das Oberteil ihrer rotbraunen Tunika über die Brust herunter. Dann neigte sie den Kopf und blickte an sich
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