Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
allgemein geglaubt wurde, ein Stoff, der sich manipulieren ließ. »Oder zumindest glaubst du an den Irrtum.«
»Und doch«, sagte Delia, um der anderen an Bissigkeit nicht nachzustehen, »wurde Dayra von den SdR unterrichtet und ausgebildet.«
»Gewiß. Wenn sie sich mit den eingebildeten Schwestern der Peitsche einläßt, müssen wir mit noch größeren Katastrophen rechnen.«
»Dann schenk mir mal wegen Jilian reinen Wein ein.«
»Sie hat sich geschworen, den Rast Kov Colun Mogper zu entmannen. Sie spricht kein Wort über das, was sie erleiden mußte. Den Berichten entnehme ich, daß die Schwestern der Peitsche offenbar freizügigere Versprechungen abgeben als wir, was Rachemaßnahmen gegen Männer angeht.«
»Rache gegen Männer - alle Männer?«
»Aye.«
»Na, einige… viele würden ja nicht unverdient gestraft. Aber alle? Das klingt mir nicht nach Jilian.«
»Mir auch nicht. Aber man hat mir versichert, sie sei schwankend geworden.«
Thalmis rebellisches gelbes Haar, das sie von Zeit zu Zeit sorgfältig unter einer braunen Perücke versteckte, konnte den Eindruck nicht verhehlen, daß sie im Grunde eine unwichtige Person war. Nur ihre Zunge arbeitete gegen diese Einschätzung. Delia fuhr hoch.
»Du scheinst verbittert zu sein, Thalmi.«
»Dazu wäre ich auch mehr als berechtigt - Dee Sheon sei mein Zeuge. Daß die Schwestern der Peitsche Frauen aus anderen Orden abwerben, bekümmert mich, geht mich aber nichts an. Nur wenn sie unsere Mädchen nehmen, muß ich einschreiten. Ich kann dir auch genau sagen, warum sie ausgerechnet auf unsere Ordensschwestern aus sind - wegen der Klaue. Nur wir können vernünftig mit der Klaue umgehen.«
»Manchmal frage ich mich, ob das wirklich eine so großartige Sache ist…«
»Delia!«
»Männer mit scharfem Stahl heimzusuchen, scheint bei manchen Mädchen zum Vergnügen zu werden…«
»Kein Vergnügen. Aber ein gewisser Ausgleich für die Benachteiligung durch die Natur - da gebe ich dir recht.« Thalmi schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: »Gräm dich nicht wegen Dayra. Trotz allem macht sie mich nicht so nervös wie einige andere. Sie ist nicht auf dieselbe Art vom Weg abgekommen.«
»Trotzdem!« beharrte Delia und schüttelte den Kopf. »Ich kann mir das bei Jilian kaum vorstellen.«
»Ich muß gestehen, daß ich enttäuscht bin. Ich hatte gehofft, du wüßtest etwas Neues über sie. Etwas Aktuelles, mit dessen Hilfe ich sie vielleicht für uns zurückgewinnen kann. Die Chance dazu besteht noch - doch wird sie mit jedem Tag geringer.«
Delia beugte sich vor und steckte eine gelbe Praline in den Mund; so gewann sie Zeit, sich zu besinnen und neue Kraft zu schöpfen. »Du sagtest, die Peitschenfrauen benötigen unsere Erfahrungen mit der Klaue. Das begreife ich. Aber wieso dann der Name…?«
»Ja. Sie beten die Peitsche an. Ziemlich ausschließlich.«
»Na, da kann man sie nur bemitleiden.«
»Und wie!«
Vize-Marschallin Thalmi äußerte sich ausführlich zu diesem Thema. Schließlich sagte Delia: »Soll das heißen, daß du auch nicht weißt, wo Jilian steckt? Oder wo das Konklave der Schwestern der Peitsche zu finden ist?«
»Von Zeit zu Zeit stoßen wir auf ihre Spuren. Nein, ich habe keine Ahnung, wo sich Jilian aufhält.« Thalmi sprach seltsam gepreßt, und Delia erkannte, daß die Spionherrin sich deswegen persönlich betroffen fühlte. Genaugenommen hatte sie dazu ein Recht. »Wir konnten in Vondium eine Gruppe aufspüren, was aber in der Hauptstadt nichts Besonderes ist. Andere existieren in deinen Blauen Bergen…«
»Es bekümmert mich - aber ich muß sagen, daß es mich nicht überrascht. Die Mädchen der Blauen Berge haben seit jeher ein unabhängiges Wesen.«
»Außerdem in mehreren anderen Provinzen - Vomansoir, Falinur, Quken, Vindelka, Ogier…«
»Offenbar gibt es Infektionsherde, die sich ausbreiten.« Die erwähnten Provinzen umfaßten ein kompaktes Gebiet im Zentrum Vallias. »Was haben diese Frauen noch für Ziele - außer Männer zu erniedrigen und zu töten?«
»Das wüßte ich selbst gern, meine liebe Delia.«
Das Spionagenetz, das von den SdR über das Land gezogen worden war, hatte Lücken. Ohnehin lag den Schwestern eher an der Qualität ihres Einsatzes für die Allgemeinheit, als an der Auslöschung eines rivalisierenden Ordens. Die SdR kümmerten sich um tausend Waisenkinder, bauten Krankenhäuser aus und verfolgten Männer, die der Ansicht waren, sie könnten Mädchen entführen - Aufgaben, die nach den
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