Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
Seite nachzuschauen, würde sie dort einen Namen entdecken, der in das polierte Holz gekratzt war. Ihre Mutter war verärgert gewesen. Junge Delia, hatte sie gesagt, Harfen sind zum Musikmachen und nicht zum Namen-Bekritzeln da, als könnte man das Instrument zu seinem Besitz machen. Dann hatte sie sich mal wieder strengaltmodisch gezeigt, das Instrument an Vomanus weitergereicht und ein neues kommen lassen. Nun ja, das war lange her.
»Mach den Mund zu, Mädchen! Ordne deine Kleidung. Und leg dich auf die unterste Stufe des Diwans.«
Den neugierigen Blick niederzuschlagen, war nicht allzu schwierig, denn die Harfe weckte einen Wust von Erinnerungen. Und sich auf die unterste teppichbedeckte Stufe zu legen, machte auch kein Problem. Der eigentliche Diwan war übersät mit Seidenlaken; Fellen und Federfächern. Was aber das Ordnen ihrer Kleidung angeht - nun, wie sollte das wohl möglich sein, wenn sie nur einen Fetzen dünnen Tülls und einige Perlenketten trug?
Delia hatte gerade beschlossen, eine Kette links und rechts zu legen und den Rest in der Mitte herabhängen zu lassen, als Nyleen den Raum betrat. Sie war in Begleitung ihres Gefolges, das nicht klein war. Im Hintergrund trippelte Sissy herum, die noch immer sehr unsicher wirkte. Ein großgewachsenes stämmiges Mädchen schwenkte einen Federfächer, denn in der überhitzten Atmosphäre war ein wenig frische Luft sehr willkommen. Nadia, der Hikdar der Wache, wurde von ihren beiden Kämpferinnen begleitet. Sie trugen versilberte Brustpanzer, die erhebliche Rundungen aufwiesen. Delia hatte solche Kürasse bei Mädchen immer sehr lustig gefunden, diese beiden aber sahen aus, als könnten sie im Ernstfall ihre Frau stehen.
»Parclear, Alyss!«
Es war eine seltsame Wiederholung der Szene mit der Herrin des Ordens, als Delia nun aufstand, das funkelnde Getränk einschenkte und servierte. Nyleen lag entspannt auf ihrem Diwan, und die anderen nahmen ihre gewohnten Positionen ein. Ein großes dunkelhäutiges Mädchen, das sich das schwarzweiße Fell eines Werstings übergeworfen hatte, führte zwei solche Tiere an Leinen in den Raum. Die schwarzweiß gestreiften Jagdhunde waren gezähmt. Sie kuschelten sich wärmesuchend aneinander und ließen die Augen herumrollen. Bestimmt hatte man den Werstings die Reißzähne abgeschliffen.
Delia fragte sich, was nun passieren würde, und nahm ihre zurückgelehnte Haltung auf der untersten Stufe wieder ein. Sie hatte schon so allerlei Königinnen und Herrscherinnen bei Hofe erlebt, mit Sklaven und Chail-Sheoms, kettentragenden Sklavenzofen, mit angeketteten Raubtieren, bewacht von Dompteuren, mit großgewachsenen Sklaven, die Faerling-Fächer schwenkten. Diese Nyleen äffte weit mächtigere Herrscherinnen nach und setzte sich damit ein hohes Beispiel. Eine Szene, die Delia komisch und närrisch zugleich fand. Aber auch gefährlich.
Eine Glocke ertönte. Es erschien eine Frau in einem dunkelgrünen Kleid mit einem Gürtel, an dem zahlreiche Schlüssel hingen, und begann ein langes Gespräch mit Nyleen. Die Kovneva hörte ungeduldig zu, trank ab und zu einen Schluck Parclear oder nahm Sissy einen Keksbrocken ab und warf ihn den Werstings hin. Delia hockte auf ihrer Stufe und schmiedete Fluchtpläne.
Ihr Dienst dauerte nicht lange, da wußte sie, welche Aufgaben die neue Herrin ihr zugedacht hatte.
Sie war nicht im geringsten überrascht.
Hatte sie das nicht alles schon einmal erlebt?
Königin Fahia von Hyrklana hatte goldene Schüsseln verwendet. Was diese arme Frau anging, so hieß es, sie sei von ihren bösartigen schwarzen Neemus zerfleischt worden. Wie dem auch sei, da jetzt Delias Sohn Jaidur mit seiner Lildra auf dem Königsthron von Hyrklana saß, würde Fahia nie wieder Königin sein und fingerschnipsend nach ihrem goldenen Topf verlangen.
Nyleen, Kovneva von Vindelka, bevorzugte Silbertöpfe mit pelzbesetztem Rand. Ja, das war viel, viel bequemer.
Endlich zog sie sich zum Waschen hinter einen Wandschirm zurück. Delia erfüllte ihre Pflicht. Eigentlich waren ihre Aufgaben im Vergleich zu den Dingen, die sie in Mellinsmot erlebt hatte, keine große Plage. Sie warf das schmutzige Leinen in den Korb und wusch sich die Hände, ehe sie neue Tücher holte; dabei überlegte sie, ob es Sinn hatte, Nyleen sofort das Genick zu brechen. Nein. Vielleicht war es besser, wenn sie zunächst das Rätsel löste, das sich ihr stellte. So sorgte denn Delia zusammen mit Sissy für die Herrscherin.
Männer gab es im engeren
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