Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
Gefolge der Kovneva nicht.
Gelegentlich schnappte sich Delia einen Brocken zu essen, kam aber bei weitem an das Ideal der sechs kregischen Mahlzeiten am Tag heran. Nur wenn Nyleen schlief, konnte auch Delia schlummern. Der gesunde Menschenverstand riet ihr, nicht gleich in dieser Nacht zu fliehen, sondern sich erst einmal auszuschlafen. Sie war zu nicht viel mehr fähig, als sich zu ihrer neuen Liege zu schleppen, sich darauf sinken zu lassen und sofort zu entschlummern.
In den nächsten Tagen stellte sie bei sich eine allmähliche Besserung fest, ihre Kraft nahm zu, entsprechend auch ihr Selbstbewußtsein, denn sie ahnte, daß sie bald wieder ihre frühere Frische und Tatkraft zurückgewonnen hätte.
Der Tagesablauf der Kovneva veränderte sich kaum. Wenn sie ausritt, ließ sie ihre Zofen in der Festung zurück und wurde nur von Nadia und ihrer Eskorte begleitet. Festbankette gab es nicht. Am nächsten Abend sollte ein Tanz stattfinden. Zur angegebenen Stunde erschienen Leute in dem großen Saal, der normalerweise zur Einnahme der Speisen diente; die Bänke hatte man entfernt. Kein einziger Mann war anwesend.
Delia hatte immer ein Gefühl des Eingeschnürtseins, wenn sie lange ohne Nachrichten aus der großen Welt leben mußte. Was passierte in Vondium, in Valkanium, in Delphond? Gab es Neues von ihrem Mann? Ging es ihren Kindern noch gut? Waren die Shanks wieder einmal herbeigesegelt und hatten eine Küste überfallen? Tausend Fragen bewegten sie, auf die sie gern eine Antwort gehabt hätte. Trotzdem aber blieb sie gelassen und plante ihre Flucht. Sie stahl sich Nahrung und Kleidung zusammen; diese Beute versteckte sie unter einem lockeren Pflasterstein, unter dem sie eine Höhle auskratzte. Am Abend des Tanzes war sie zum Handeln bereit.
Die Sklaven, mit denen sie in der Küche gearbeitet hatte, konnten sie nur neidisch anstarren. Als einziger vergaß sich der Dumme Nath und brüllte, er würde sie heute abend zum Schmusen schon finden. Nan der Busen hämmerte ihm ihren zweitgrößten Löffel auf den Kopf.
Die Sklaven waren heraufgebracht worden, um in einer abgetrennten Zone das Feuer zu schüren und heiße Speisen zu bereiten. Immer wieder starrten sie auf die Stapel von Nahrungsmitteln und Amphoren und fuhren sich mit der Zunge über die Lippen. Heute abend würden sie etwas Besonderes essen und trinken können oder die Peitsche zu spüren bekommen - je nachdem, wie Nyleen zu ihren Sklaven stand.
Da begann Nan der Busen wild herumzuschreien. Irgendein Schurke habe ihr Zwiebelschälmesser gestohlen. »Wie soll ich Suppe machen, wenn ich keine Zwiebeln schneiden kann, und wie soll ich Zwiebeln schneiden, wenn ich mein bestes Messer nicht finde?«
Das Messer - es hatte einen schwarzen Griff und war dünn und ungemein scharf - fand sich nicht ein. Natürlich. Es lag längst sicher unter einem Pflasterstein.
Sollte jemand so dumm sein, Delia an der Flucht hindern zu wollen, dann würde er oder sie die Stelle einer Zwiebel einnehmen.
Nyleen machte in ihrem Gefolge keine sonderlichen Rangunterschiede. Alle, die frei waren, tanzten. Die Sklaven leisteten Sklavenarbeit. Delias Ansichten über Nyleen gewannen allmählich klarere Konturen. Offenkundig verabscheute Nyleen Männer und umgab sich nur mit Frauen. Das war bis zu einem gewissen Punkt ihr gutes Recht. Dafür waren aber der Dumme Nath und andere männliche Sklaven anwesend. Sie galten nicht als Männer, sondern als Sklaven.
Das Orchester spielte erbärmlich.
Fünf Frauen kratzten und bliesen und hämmerten los, und Sissy klimperte auf der großen Harfe herum, die von Nalgre der Saite vor gut dreihundert Perioden gebaut worden war. Das hervorragende Instrument war in den umgebauten Speisesaal gebracht worden. Delia verschloß die Ohren vor dieser sogenannten Musik, die immerhin für die verschiedenen Tänze ein gewisses Tempo vorgab. Reihen formierten sich, gingen auseinander, bildeten sich neu, Hände wurden gereicht und entzogen, Pärchen drehten sich im Walzertakt, der vom Herrscher nach Kregen gebracht worden war. Augen funkelten, Zähne schimmerten, heiße Parfumaromen stiegen auf.
Man drehte sich gerade im Rhythmus eines Tanzes, der der Gebrochene Vaol-Paol genannt wurde, als Delia sich unauffällig entfernte. Bei diesem Tanz wird an einer bestimmten Stelle der Kreis durchbrochen, man entschuldigt sich und sucht einen neuen Partner, mit dem der Vaol-Paol neu gebildet wird, der große Lebenskreis der Philosophen. Delia huschte fort.
Durch
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