Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
einzugestehen, daß ihr diese vornehmen Titel wohl vielleicht mehr bedeuteten, als es eigentlich angebracht war, daß sie alle zusammen aber nicht mehr Gewicht besaßen als ihre Mitgliedschaft in der Schwesternschaft des Ordens der Rose.
Sie hatte noch die ständigen Klagen ihres Vaters, des Herrschers im Ohr, den seine Berater und Pallans und Mitarbeiter vor jedem Anflug von Abenteuer und Gefahr zu schützen versuchten. Sie dagegen hatte schon allerlei Gefahren durchgestanden. Aber sie war zugleich Delia. Natürlich wußte sie, daß sie darin auch von ihrem Mann beeinflußt worden war. Er, der große haarige Klansmann, war umgekehrt von ihr beeinflußt worden, zur Wonne beider, und er fügte sich großartig in seine Aufgabe als Herrscher. In dieser Situation hätte er auch nicht fliehen wollen.
Wie bei ihr würde ihm das Blut in den Adern kochen ob der entdeckten Ungerechtigkeit und würde alles in seiner Kraft Stehende tun, um die Dinge geradezubiegen. Delia und ihr Mann waren keine Säulenheiligen. Wenn sie ein Abenteuer witterten, stürzten sie sich darauf wie ein Leem auf einen Ponsho.
So wartete denn Delia gelassen in den Schatten; die Entscheidung war gefallen, sie wußte genau, was nun zu tun war.
Sie würde diese Frau und ihren Bruder, die beiden Gillois, zuvorkommend bedienen und dabei nicht nur herausfinden, was das Schurkenpaar im Schilde führte, sondern auch dafür sorgen, daß die gemeinen Pläne ins Leere liefen. Und wenn die beiden dabei ums Leben kamen, hatten sie eben Pech gehabt.
Nath der Muncible eilte hastig zur Tür der Kutsche. Delia fiel auf, wie fürsorglich und zugleich zögernd er sich aufführte. Er half einer mantelumhüllten Gestalt aus dem Fahrzeug. Delia beobachtete aufmerksam. Offenbar ein weiteres Mitglied dieser Halsabschneider-Bande, die sich hier zum Ränkeschmieden versammelt hatte. Nun ja, der Bursche konnte seinen Kopf ebenso leicht verlieren wie die anderen.
Das Gesicht unter der Kapuze des Mantels lag im Schatten. Der Fackelschein ließ kurz die beiden Augen der Person aufblitzen. Lord Gillois na Sagaie stapfte energisch auf und machte mit schwingendem Schwert kehrt.
»Es wird sofort alles für dich bereitet sein, Sana.«
Die Frau in dem weiten Mantel nahm die Information nickend auf. Die Kapuze verdrehte sich. Einen Augenblick lang, etwa sechs Herzschläge lang schaute sie genau auf die Stelle, an der Delia sich niedergeduckt hatte. Delia hielt den Atem an. Die Welt verengte sich auf jenes verhüllte Gesicht und die beiden Lichtpunkte der tiefsitzenden Augen.
Dann wandte sich die Kapuze ab.
»Schön, Cranchar. Ich brauche ein Bad und frische Kleidung. Ich glaube nicht, daß ich am Tanzfest deiner Schwester teilnehme. Übermittle ihr mein Bedauern.«
»Selbstverständlich, Sana.«
Es kam Bewegung in die Gruppe; die Sana wurde von zwei Dienstmädchen und Nath dem Muncible von der Kutsche fortgeführt. Ob die Sana eine weise Frau oder Hexe war, wußte Delia nicht zu sagen - der uralte Titel Sana wurde unterschiedslos auf alle Frauen angewendet, deren Fähigkeiten die eines normalen Menschen überstiegen.
Es wurde Zeit zu handeln.
Nyleen dächte bestimmt sofort an Sissy und Alyss, wenn es darum ging, den frisch eingetroffenen Besuch zu bedienen. Wie eine Jagdkatze des Dschungels huschte Delia durch die Dunkelheit, geschmeidig, gefährlich, geräuschlos.
Der Pflasterstein klirrte leicht, als er wieder in Position gedrückt wurde. Reglos, wieder in durchscheinende Gaze und Perlen gekleidet, schaute sich die Sklavin um. Ein scharfumrissener Schatten bewegte sich vor einer fernen Fackel.
»Wer da?«
Eine Rüstung knirschte. Eine breite Gestalt verdeckte das Licht.
»Eine Chail-Sheom? Was tust du…?«
Delia sprang zu.
Sie machte keine Umstände. Sie handelte schnell und erfahren.
Rüstung und Helm und Schwert und Schild nützten dem Wächter nichts. Er hatte seinen Herrn hierher begleitet; jetzt lag er mit gebrochenem Genick am Boden. Dahin hatte sein Diensteifer ihn gebracht. Delia bewegte die Muskeln der Arme und Schultern. Der Bursche hätte sich mal rasieren müssen. Leichtfüßig eilte sie fort, wobei sie sich geschickt für den kürzesten und dunkelsten Weg entschied. Über Hintertreppen kehrte sie in die Burg zurück.
Eben noch rechtzeitig schob sie sich wieder in den Eßsaal.
»Sissy! Alyss! Da seid ihr ja, ihr undankbaren Kreaturen! Kümmert euch um den Herrn, meinen Bruder! Und zwar ordentlich!«
»Jawohl, Herrin.«
»Na - grak!«
Die beiden
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