Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
Mit Peitschen war im Training äußerst schwer umzugehen. Delia wußte nicht, wer siegen würde, sollten sie und Jilian im Jikvar und Grakvar mit scharfen Klauen und tödlicher Peitsche gegeneinander antreten müssen.
Natürlich kannte sie gewisse Mängel in Jilians Kampftechniken, über die sie mit der Freundin auch schon offen gesprochen hatte. Jilian hatte dafür Delias Fehler aufgezeigt. Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht hatte Delia in einem Kampf auf Leben und Tod eine Siegeschance. Der Sieg würde sie aber zugleich völlig zerstören. Entschlossen schob sie diese Gedanken zur Seite. Jilian hatte den Schwestern der Rose also entsagt und sich den Schwestern der Peitsche angeschlossen. Schön. Das hieß noch nicht, daß ihre Freundschaft nicht mehr bestand. Gerade Jilian würde nur tun, was sie tun wollte, und in Delia wuchs die Zuversicht, daß Jilian einen Weg finden würde, aus dieser Situation auch ohne Kampf wieder herauszukommen.
Sie hoffte es, sie hoffte es sehr…
Jilian schritt geschmeidig aus, trat an einen Tisch und setzte sich auf die Kante. So saß sie aufrecht da, und ein langes Bein begann hin und her zu pendeln. Genaugenommen war dieses schwingende Bein in dem langen schwarzen Stiefel eine freche, herausfordernde Geste.
Jilian griff nach einem Weinkelch. »Ich muß erst wieder zu mir finden, Kovneva«, bemerkte sie. »Wie schon erwähnt, bin ich schnell und weit geritten.«
Sie stürzte den Wein herunter. Dann wischte sie sich mit der unverhüllten Linken über den Mund. Nachdrücklich sagte sie: »Bei der Gesegneten Mutter Zinzu! Das war nötig!«
Delia zeigte keine Verblüffung. Sie war überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, Jilian könnte der Kovneva und ihren Anhängerinnen verraten, wer die Sklavin in Wirklichkeit war. Delia zeigte zwar kein Erstaunen, war aber sehr bewegt. Jilian, inzwischen ein Mitglied der Schwestern der Peitsche, hätte mit dieser Neuigkeit ohne weiteres herausrücken können, hätte etwas tun können, das im Grunde ein Verrat an der Freundin war. Mit ihrem Ausspruch aber hatte Delia ein beruhigendes Signal gegeben. Soweit Delia wußte, war Jilian niemals am Binnenmeer von Turismond gewesen, am Auge der Welt. Aber oft hatte sie den Herrscher diese Worte sagen hören, wenn er ausgedörrt war und einen Tropfen brauchte.
»Bei der Gesegneten Mutter Zinzu! Das war nötig!«
Ja, diese Worte waren oft gefallen, und Jilian wollte Delia eine Nachricht zukommen lassen. In ruhigem Ton fuhr sie fort: »Man nennt mich die Süße. Viele Leute - bestimmt alle Männer - bilden sich ein, ich trüge diesen Namen, weil ich in einem Banje-Laden geboren bin und Süßigkeiten mag. Aber er bezieht sich nicht nur auf die Zunge; die Männer wissen das nicht.«
Nyleen wurde immer unruhiger. Sie verstand Jilians Worte in einem ganz anderem Zusammenhang als dem, der eigentlich gemeint war. In Wirklichkeit sprach Jilian zu Delia und versicherte ihr, daß ihr Geheimnis in Sicherheit sei; Nyleen glaubte, sie suche Vorwände, um nicht gegen diese Sklavin kämpfen zu müssen.
»Willst du mir damit sagen, Jilian, du willst nicht gegen sie antreten, weil sie ein Mädchen ist?«
»Gönn mir die erbetene Ruhepause, Kovneva. Dann wirst du sehen, was geschieht, so sicher, wie ein Leem einen Ponsho reißt…« Nachlässig deutete sie auf das Stück, das von Chicas Peitsche abgeschnitten worden war. »Chica verließ sich zu sehr auf ihre Peitsche. Es war gut von dir, Kovneva, sie von den Schwestern der Rose wegzuholen, denn sie spionierte für sie in Delka Ob. Jetzt wissen die Schwestern nichts von unseren Plänen.«
Ein schrecklicher Gedanke befiel Delia.
War es möglich, daß Jilian zu den Verschwörern gehörte, die den Herrscher töten wollten?
Das erschien der Herrscherin kaum glaublich.
Die Herrscherin hatte Jilian aus erniedrigender Sklaverei gerettet und ihr eine angesehene Position verschafft. Jilian war ein geliebtes und angesehenes Mitglied des Haushalts und hatte mit der Zeit ihr eigenes Regiment Jikai-Vuvushis für Vallia kämpfen lassen. Zuerst hatte sie den Herrscher unter dem Namen Jak den Drang kennengelernt, einem Decknamen, der inzwischen Berühmtheit erlangt hatte. Delia konnte sich Jilians Gefühle ausmalen.
Zwischen Herrscher und Herrscherin gab es Bande, die unzerstörbar schienen - ihnen hatte weder die Entfernung von vierhundert Lichtjahren noch die Einmischung übermenschlicher Wesens, unsterblicher, göttlicher Wesen, etwas anhaben können. Diese Bande waren
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