Saga von Dray Prescot 29 - Pandahem-Zyklus 03 - Die Feuer von Scorpio
heiraten. Nun ja, in manchen Dingen würde uns die Zukunft einen dornigen Weg bereiten, soviel stand fest...
Zunächst mußte ich mich darauf konzentrieren, Pandos Kovnat Bormark nach Möglichkeit von den üblen Leem-Freunden zu befreien. Wenn sich der Kult in Pandahem schon weit ausgebreitet hatte, wäre das immerhin ein reinigender Anfang. Sie können sich vorstellen, welchen finsteren Gedanken und Befürchtungen ich in dieser Zeit nachging. Pando, den ich schon als jungen Burschen gekannt hatte, mochte dem unseligen Einfluß erlegen sein und sich Praktiken zugewandt haben, die er unter anderen Umständen abgelehnt hätte. Wenn die Schöne Tilda so heftig trank, wie gemunkelt wurde, konnte Pando von seiner Mutter keine Unterstützung erwarten.
Kapitän Linson war begierig, Pomdermam, Hauptstadt und größten Hafen Tomborams, zu erreichen. Die Jungfrau von Tuscurs mußte dringend überholt werden. Sie hatte eine gute Strecke zurückgelegt, und ihr Kiel war zwar nicht ganz so mitgenommen, wie er es auf der Erde gewesen wäre, mußte aber trotzdem abgekratzt werden. Als er diese Nachricht erhielt, runzelte Pompino die Stirn und zupfte sich am Schnurrbart.
»Heißt das, daß wir erst mit Verzögerung Weiterreisen können, Kapitän?«
»Das Schiff auf dem Trockenen schrägzulegen, kostet Zeit, Horter.«
»Verstehe.«
Ich wußte nicht, ob Pompino das Ausmaß des Problems wirklich erkannte. Schiffsmagnete neigen dazu, auf ihren Seekarten farbige Zeichen herumzuschieben und es für selbstverständlich zu halten, daß sich ihre Schiffe wie von Zauberkräften von Punkt zu Punkt bewegen. So kleinkrämerische Einzelheiten wie frisches Tauwerk und sauberes Holz und ein Umlegen des Schiffes, um die Unterseite abzukratzen, kommen in den Berechnungen oft genug nicht vor.
»Wir könnten mit einem Küstenschiff nach Bormark weiterfahren«, sagte ich.
»Vielleicht vier Tage«, sagte Linson. »Das könnte für das Notwendigste reichen.«
So etwas war schwer zu berechnen. Ich hatte den Eindruck, daß in dieser Zeit ein Schiff dieser Größe schon ziemlich gründlich überholt werden konnte. Dennoch hielt ich den Mund.
Die meisten Piraten, die wir aus der Gefangenschaft der Shanks gerettet hatten, waren schon in Matta von Bord gegangen und verschwunden. Quendur der Reißer und drei seiner Burschen hatten allerdings an Bord bleiben wollen. Ihr Schwertschiff war dem Feuer zum Opfer gefallen, und sie besaßen nichts mehr. Kapitän Linson hatte seiner abweisenden Art alle Ehre gemacht, mit gekräuselter Nase zugestimmt und unter anderem Nath Kemchug beauftragt, die ehemaligen Seeräuber scharf im Auge zu behalten. Während eines langen kregischen Lebens zwischen Geburt und den Eisgletschern Sicces mochte ein Mann oder eine Frau so einiges anstellen. Quendur war früher ein ehrlicher Seemann gewesen und paßte sich nach den aufwühlenden Erlebnissen bei den Shanks ziemlich gut in die Routine unseres Schiffes ein.
Nun trat er vor und ergriff das Wort.
»Vier Tage, Horters. Das ist nicht lang. Einem Küstenschiff drohen hier viele Gefahren.«
»Du mußt das ja wissen, bei Horato dem Mächtigen!«
»Aye, Horter.«
Das Seltsame an Quendur, bekannt als der Reißer, war seine anhaltende Verwirrung angesichts des Laufs der Dinge. Man gewann bei ihm den Eindruck, daß das Leben ihn überfallen, ihn unvorbereitet mitgerissen und zu Taten und in Abenteuer getrieben hatte, die für ihnebensosehr Überraschung wie Herausforderung waren. Er hatte uns geschildert, wie er Pirat geworden war - die altbekannte Geschichte einer ungerechten Unterdrückung, von Peitsche, Ketten und Hunger, gefolgt von Ausbruch und Rachegelüsten.
Er schien in dem Gefühl zu leben, Pompino und mir und allen Leuten an Bord Dankbarkeit zu schulden. In gewisser Weise stimmte das auch. Daß wir ihn in Matta nicht sofort aufgehängt hatten, war zweifellos eine Schwäche unsererseits. Allerdings war mit dem Abklingen seiner Verbitterung ein recht ordentlicher Kerl unter der Fassade zum Vorschein gekommen. Seine blutrünstigen Neigungen waren nach der Begegnung mit den Shanks offenbar erstorben - sie beschränkten sich auf seinen Haß auf die Leem-Freunde. Es gibt eben doch Wandlungen. Ein gewaltiger Schock, ein traumatisches Erlebnis war die Erkenntnis, daß man einen Fuß über den Abgrund gehoben hatte - das fährt einem Menschen schon in die Knochen, veranlaßt ihn, sich eine Situation aus neuem Blickwinkel anzuschauen und zu allem Bilanz zu ziehen. Eine Wandlung?
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