Saga von Dray Prescot 29 - Pandahem-Zyklus 03 - Die Feuer von Scorpio
sind es gewöhnt, daß auf ihrer Welt alle Gegenstände zwei Schatten haben - das Wort ist zwar in der Einzahl gehalten, meint aber zwei Schattenphänomene, ein rötliches und ein grünliches. In einer überraschend großen Zahl von Ländern zeigen die Menschen innere Unruhe, wenn sie nur eine Lichtquelle sehen. Eine Fackel, eine Kerze - das ist für sie unerträglich. Ich selbst war Zeuge, wie eine Familie ein Notlicht zitternd in zwei Teile schnitt, beide Enden anzündete und in ihrem Zuhause normale Lichtverhältnisse wiederherstellte. Der Große Tod und die Große Geburt der Oberherren von Magdag, Augenblicke, da sie sich zitternd in ihre megalithischen Bauten zurückziehen, hat vielleicht ebensoviel mit der Sonnenfinsternis zu tun, die alles auf einen Schatten reduziert, wie mit dem angstvollen Glauben, die rote Sonne verschlucke die Grüne. Ich hatte seinerzeit die Schrecknisse beobachten und irgendwie fliehen können. Bei diesem Gedanken fiel mir ein, daß ich, Dray Prescot, ja ein Krozair von Zy war. Damals hatte ich mich befreien können. War ich dazu nicht mehr Manns genug, nachdem ich auf Kregen soviel getan und so viele Prüfungen bestanden und mein Glück mit Delia gefunden hatte?
War ich heute schwächer als jener törichte, unbedachte Dray Prescot, der sich aufbrausend gegen jeden und alles stellte, das ihm irgendwie verdächtig und gefährlich erschien?
Diese Angst vor einer einzelnen Lichtquelle und einem einzigen Schatten, die jedem Erdbewohner seltsam erscheinen muß, der doch nur seine kleine gelbe Sonne am Himmel kennt, läßt sich nicht nach Geographie, Nation oder Rasse abstufen. Einige Leute kennen diese Angst, andere nicht. Wer diese Angst am eigenen Leibe erlebt hat, bleibt stets drinnen und läßt zwei Lampen brennen, wenn am kregischen Nachthimmel nur ein Mond zu sehen ist.
Zunächst wurden meine Selbstzweifel noch durch das verstärkt, was sich nun zwischen Quendur und Lisa abspielte.
»Lisa«, sagte Quendur, »ich lasse nicht zu, daß dir etwas Schlimmes passiert. Eher nehme ich den Tod auf mich.«
Ich überlegte noch, was für ein Trost das für Lisa die Empoin sein mochte, da wandte sie den Kopf und starrte Quendur an. Er hatte die Augen fest zugekniffen.
»Quendur«, sagte sie, »wir werden diese Notlage wie so manche andere überleben. Du wirst es sehen, Mishme, das verspreche ich dir.«
Als sie ihren Freund Mishme nannte, begannen mich zahlreiche Erinnerungen zu quälen. Wenn ich so darüber nachdenke, gewinne ich den Eindruck, daß ich in meinen Schilderungen der kregischen Sprache einen gewissen Schwerpunkt auf Schimpfworte und energische Kommandos gelegt habe, somit auf die krasseren, häßlicheren Aspekte jener schönen Sprache. Vielleicht ist das eine direkte Folge meiner Erlebnisse auf dieser Welt. Dabei herrscht in diesen Sprachen wahrlich kein Mangel an liebevollen Worten. Bekundungen von Respekt, Zuneigung, Kameradschaft, Bewunderung füllen zahlreiche Seiten in den Wörterbüchern, den Hyr-Lifs der gesprochenen und geschriebenen Sprache. Wenn ich sie hier vernachlässigt und oft durch irdische Begriffe ersetzt habe, liegt das vermutlich daran, daß mir Zärtlichkeit nur von wenigen, sehr wenigen Menschen begegnet ist. Mishme. Was bedeutet dieses Wort? Meine Liebste, mein Herz - ja, das ist schon richtig, doch ohne jede süßliche Sentimentalität. Die meisten Kreger zeigen sich robust, wenn es darum geht, Liebe zum Ausdruck zu bringen.
So dachte ich an Delia und sehnte mich nach ihr. Ich fühlte mich einsam und verlassen, ein Empfinden, das beinahe zerschmettert wurde, als Pompino sich nach hitziger Khibil-Art zu Wort meldete.
»Gutes rotes Gold zu bezahlen, nur um ausgepeitscht zu werden! Das ist eine seltsame Sitte! Bilden die sich wirklich ein, ich würde dafür bezahlen, daß mir der Rücken in Streifen gelegt wird?«
»Wenn du es nicht tust«, sagte Quendur, der die Augen noch nicht wieder geöffnet hatte, »dann, Horter Pompino, wird man dich in die Sklaverei verkaufen.«
»Sollen sie doch!« brüllte mein Gefährte. »Dann bin ich eben Sklave und schneide den Wächtern die Kehle durch und ersticke die verdammten Sklavenherren und Eigentümer - und fliehe anschließend in die Freiheit.« Seine gesträubten rötlichen Schnurrbarthaare fuhren zu mir herum. »Machst du mit, Jak?«
»O aye«, sagte ich mit trockener Stimme. »O aye. Ich war schon öfter Sklave und konnte fliehen. Aber bedenke eines, o voreiliger Pompino! Hier in Tomboram wird der König dich
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