Saga von Dray Prescot 30 - Pandahem-Zyklus 04 - Die Klauen von Scorpio
nur an dem rauschenden Blut in meinen Ohren. »Bei Opaz, du hast mir nie richtig erklärt, warum meine Mutter bei den Sakkora-Steinen so grausam behandelt wurde ...«
»Wir mußten sie überzeugen! Das weißt du doch!«
»So hast du es mir erklärt, und ich habe dir geglaubt. Aber angekettet ...«
Dann kehrte der graue Nebel zurück, und als ich wieder mitbekam, was in der Zelle vorging, sprachen die beiden noch energischer miteinander, mit noch größerer Verbitterung.
»Ich wünschte, Hyr Brun wäre bei mir«, sagte Dayra und äußerte sich nachdrücklich über den gelbblonden Riesen, der ihr getreuer Leibwächter war.
»Dayra, ich hoffe auch, Hyr Brun ist noch am Leben«, krächzte ich. »Denn er ist ein guter Mann, ebenso Vaxnix, das mutige, stolze Kind ...«
»Die beiden sind am Leben. Sie sind nur nicht hier. Wären sie hier ...«
»Dank sei Opaz, daß sie leben – und dasselbe hoffe ich von dem kleinen Mädchen, das ich vor dem Opfer retten wollte ...«
»Wer schert sich schon um ein Sklavenmädchen, das zum Ruhme Lems gekauft worden ist?« knurrte Zankov, und nichts anderes hätte man von einem Anhänger Lems des Silber-Leem erwartet.
Gekränkt sagte ich: »Dayra – ich bin enttäuscht. Ich kann mir einfach nicht erklären, wie du dich zu diesem unsäglichen Unsinn mit Lem dem Silber-Leem herablassen konntest ...?«
»Und du! Du hast die Silber-Maske getragen! Du bist ein Leem-Freund! Das verdammt dich in meinen Augen, das führt dazu, daß ich dir mißtraue und dich hasse ...« Sie sprach nicht weiter. Banale Worte, doch mit einer Heftigkeit gesprochen, die mich schmerzte.
Ich faßte mir ein Herz.
»Hör zu, Tochter, und paß gut auf! Ich und meine Freunde stehen gegen Lem. Wir haben heute abend den Tempel in Brand gesteckt. Aye! Meine Gefährten verbrennen alle stinkenden Lem-Tempel. Ich habe die Silber-Maske nur aufgesetzt, um die Chance zu haben, das Opfermädchen zu retten ...«
»Wie soll ich dir das glauben?«
»Er lügt, Ros, er lügt!«
Plötzlich hörte Zankov auf zu brüllen. Dayra äußerte sich langsam: »Wenn er lügt ... Und wenn er die Wahrheit sagt, dann ...«
Zankov steckte in der Klemme, wie er sich auch drehte und wendete. Er tobte und fauchte und fluchte auf das übelste. Ich hielt mit hängendem Kopf den Mund und fühlte mich scheußlich. Wie hatte ich mir doch diese Begegnung mit meiner Tochter vorgestellt, der Prinzessin Dayra, auch als Ros die Klaue bekannt ... Wie oft hatte ich mir die Umstände ausgemalt! Wie hätte ich voraussehen können, daß die Szene so ablaufen würde – indem Dayra wie eine Rose zwischen zwei Dornen herabhing?
Die Stimmen der beiden verschmolzen, die eine schrill und bitter und böse Worte ausstoßend, die andere immer gepreßter, immer mißtrauischer und entsetzter klingend. Ich hatte ein einfaches Ziel vor Augen gehabt, als ich in dieses Abenteuer ging, doch war mir dieses Ziel durch wichtigere Dinge aus den Augen gekommen. Inzwischen war die Gefahr für mich dermaßen angewachsen, daß ich mir allmählich Sorgen machte – ich, Dray Prescot, Vater dieses Mädchens, das vor Sorgen beinahe nicht mehr bei Verstand war! Guter Rat, schlechter Rat, schlechtes Vorbild und gar kein Vorbild ... Sie war in ihrem Leben trotz der Verbindungen zu den Schwestern der Rose nicht auf Rosen gebettet gewesen. Sie hatte mehr verdient, als ich ihr wiedergutzumachen wußte.
Ich nehme an, daß es Worte von mir waren – dumme, stockende, schwache Worte –, die die Waagschale letztlich beeinflußten. Dayra war in die Irre geführt, getäuscht worden, doch sie war nicht dumm – wie hätte sie, eine Tochter Delias, je dumm sein können? Sie mußte seit jeher ihre Zweifel gehabt haben. Daß sie Vernunftgründe herbeigezaubert hatte für den Anblick ihrer in Ketten gelegten Mutter, mußte ihr große Qualen bereitet haben; die Zweifel hielten sich, wuchsen trotz der schlauen, boshaften Beeinflussung durch ihre ›Freunde‹.
Zankov bestätigte meinen Verdacht.
Er ließ nicht ab von seinen Drohungen, spöttischen Bemerkungen und Obszönitäten, doch begann er Dayra nun auch zu tadeln. »Du hast dich schon früher als stur erwiesen, aber in jüngster Zeit ist es damit ganz schlimm geworden.« Diese gepreßt gesprochenen bitteren Worte knisterten wie funkensprühende Fackeln. »Ich habe einen großen Teil der Hoffnung und des Vertrauens verloren, das ich einmal in dich gesetzt hatte. Du bist undankbar – und dieser elende Kleesh, dein Vater ...«
»Ich habe es
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