Saga von Dray Prescot 30 - Pandahem-Zyklus 04 - Die Klauen von Scorpio
den heutigen Abend untergezogen hatte, ohne zu ahnen, daß so etwas dabei herauskommen würde. Scharlachrot. Nun ja, ich hatte diese schöne alte Farbe aus sentimentalen Gründen gewählt und weil wir einen Angriff führen wollten, der Vallia vielleicht unterstützte. Man schien uns die Kleidung genommen zu haben. Doch trugen ich und die anderen noch immer unsere Masken, aus Gründen, die mir von einer anderen barschen Stimme sofort klargemacht wurden.
»Aye, du Rast! Das Mädchen hat recht. Ihr werdet büßen, wenn unser Herr eintrifft. Eure Masken sind die Abzeichen eurer Schande, und ich spucke darauf – und auf euch!«
Ich drehte die Augäpfel und geiferte den Sprecher an. Daß ich durch und durch seiner Meinung war, würde ich hier kaum glaubhaft machen können. Er trug eine unförmige Rüstung und das gelbe Federbüschel am Helm, und seine Zhantilmaske schimmerte golden im Licht der Fackeln.
Wir sollten also am Leben bleiben, bis der Herr dieses Burschen eintraf ... ich war dermaßen überzeugt, daß Pando hinter allem steckte, daß ich mir seinen Plan schon durch und durch ausgemalt hatte, ein Plan, mit dem ich einverstanden war, von dem ich wünschte, daß er mir eingefallen wäre. Jedenfalls war ich entschlossen, ihn bestmöglich und baldmöglich auszunutzen.
Uns umstanden vier oder fünf zhantilmaskierte Männer, die sich nun zu streiten begannen, ob die Leem-Masken bleiben oder den Gefangenen abgenommen werden sollten. Es gelang mir, die Augäpfel nach rechts zu drehen. Dort hing das Mädchen wie ich mit dem Kopf nach unten; ihre Arme waren ausgebreitet und mit Lederschnüren an der Wand festgemacht. Sie war nackt bis auf einen Lendenschurz und krümmte den Körper in dem deutlichen, aber auch vergeblichen Bemühen, sich zu befreien. Ihr Lendentuch war rot wie das meine – was mich amüsierte, ich muß es zugeben. Es kam mir irgendwie seltsam vor. Was den dahinter hängenden Burschen anging, so konnte ich von ihm nur den drahtigen Körper und einen grünen Lendenschurz ausmachen. Im Falle eines Kampfes wäre das Rot mein natürlicher Verbündeter gewesen und der Grüne mein natürlicher Feind; hier waren beides Leem-Freunde, Lemmiten, wie sie genannt wurden, und meinetwegen konnten beide zu den Eisgletschern Sicces eingehen.
Aber dieses Schicksal drohte auch mir, bei Vox!
Schließlich wurde der Zhantilkämpfer überstimmt, der die Zhantilmasken nicht anrühren wollte. Einer seiner Gefährten, ein rundbäuchiger Bursche, sagte: »Ich will sie alle zertreten!«
Ein dritter Bursche – er war dünn und hektisch, wie die Gegensätze sich nun mal so ergeben – sagte hastig: »Aye, Dom, tu das! Und wenn du fertig bist, schmelze ich sie ein. Dafür bekommt man an der Straße der Schmuckschmiede schon einen guten Preis.«
Dicke Finger fummelten an den Bändern der Leem-Masken herum, der hagere, hektische Bursche durchschnitt einfach die Riemen und ließ die Maske in seine Klauenhand fallen. Er lachte – ein hohles Rasseln hinter der eigenen Maske.
Ich blinzelte.
Ich wandte das Wissen an, das Deb-Lu mir beigebracht hatte, und verlieh meinem Gesicht einen Gyp-Ausdruck – allerdings schmerzte es teuflisch, was vermutlich auch von den wiederholten Schlägen auf den Kopf herrührte. Dank der Wirkung des Heiligen Taufteichs im fernen Aphrasöe würde ich mich wieder erholen, doch zunächst war ich noch etwas benommen und meiner Kräfte nicht ganz sicher. Mir war zumute, als hätte ich gegen einen wilden Leem gekämpft ...
Mit herabhängendem Kopf beobachtete ich die Wächter, die leise lachend ihre Beute betrachteten und die Zelle verließen. Klirrend schloß sich die Tür.
Die Chance, daß sich dieses Verlies im Zhantil-Palast befand, war wohl gering. Wahrscheinlich hatte Pando seinen Zhantilmasken ein Hauptquartier in einem anderen sicheren Gebäude Port Marsilus' eingerichtet. Je schneller er herkam, desto besser; vermutlich hatten genau solche Maßnahmen und Vorbereitungen dazu beigetragen, daß seine Rückkehr in die Stadt verzögert wurde. Aus seiner Sicht lag das Problem darin, daß Vadni Dafni, die er hatte retten wollen, bereits gerettet war.
Der Bursche im grünen Lendenschurz begann einen langen jammervollen Monolog, reich bestückt mit Beschuldigungen, obszönen Flüchen und Drohungen. Er wollte dafür sorgen, daß seine mächtigen Freunde die Zhantilgesichter niederstreckten! Ein befreundeter Zauberer würde sie zu schwarzer Asche zerfallen lassen, die er auf dem Opaz-Meer verstreuen
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