Saga von Dray Prescot 31 - Pandahem-Zyklus 05 - Die Masken von Scorpio
Zeit sein Glas verloren hatte. Sterne funkelten durch die Öffnung, und ein Windhauch bewegte die Wandbehänge auf der anderen Seite.
Rondas nahm die Bewegung aus den Augenwinkeln wahr und schlug sofort zu.
Der Wandteppich wurde zerteilt. Eine dichte stickige Staubwolke wallte hervor. Der große Teppich zerfiel einfach, in breiten Streifen löste er sich auf und fiel über den Korridor.
Niemand sagte etwas.
Hinter den Behängen hätte ohne weiteres ein Mann mit Rüstung und Axt lauern können, womöglich begleitet von zahlreichen Kampfgefährten, die sich brüllend mit ihm auf uns stürzten.
Die zerschlissenen Wandteppiche waren typisch für die ganze Festung. Heruntergekommen, verstaubt, vor dem Zerfall. Wie alt die Anlage war, konnten wir uns nicht vorstellen; jedenfalls sehr alt ...
So unwillig und jammervoll er auch sein mochte, Jespar führte uns auf einem mir einigermaßen direkt vorkommenden Weg durch die Gänge und Säle. Obwohl Pompino den kleinen Tump ziemlich grob anfaßte und die anderen Paktuns ihn mit ihrem Gerede über das Agio Angst einflößten, empfanden wir eine gewisse Zuneigung zu ihm – und die schrecklichen Drohungen, die er zu hören bekam, waren eben nicht mehr als das: Drohungen, die nicht in die Tat umgesetzt wurden. Jedenfalls hoffte ich, daß es so war ...
Vorsichtig stiegen wir aus dem hochliegenden Hof über breite Treppen und schmale Wendeltreppen abwärts. Wir wanderten durch Gänge, die abgedunkelt waren durch zerfetzte Behänge und Gardinen. Keine zur Zierde aufgestellten Rüstungen, keine dekorativ aufgehängten Waffen waren zu sehen. Solche Ornamente waren wohl schon vor langer Zeit entfernt und womöglich im roten Tumult der Schlacht benutzt worden. Waffen und Rüstungen waren viele Perioden lang in Dienst, wenn Kriege tobten.
Die Burgbauer Kregens errichten ihre Festungen in der Regel nicht so, daß jede zerlumpte Horde ungestört darin herummarschieren kann, als befände sie sich auf einem Sonntagsspaziergang. Es gab Fallen. Zur Verwirrung trugen gewundene Treppen und Korridore bei. Wer unvorsichtig war, konnte Myriaden von raffinierten und tödlichen Vorsichtsmaßnahmen zum Opfer fallen.
Wenn man nicht die gesamte Festung mit Söldnern füllen kann, riegelt man die unverteidigten Teile ab und baut Fallen auf. Wir hatten den Vorteil, von oben hinab zu kommen und uns nicht über die Mauern aufwärts kämpfen zu müssen, wie es jeder vernünftige pandahemische Belagerer getan hätte. Jespar kannte viele Stellen, wo wir bestimmt ums Leben gekommen wären – vor den übrigen Fallen retteten uns weitgehend unsere Vorsicht und Erfahrung.
Weitgehend ...
»In der Decke gibt es tödliche Löcher«, warnte Rondas der Kühne, »und Pfeilschlitze in den Wänden.«
»Aye«, sagte Pompino. »Wo befindet sich der Auslöser?«
Jespar gestand, daß er es nicht wisse.
»Diese Falle muß nach Kov Pandos Aufbruch eingerichtet worden sein.«
»Nun ja«, wagte ich mich mit einer Ansicht vor, »wenn hier seither kaum jemand gewesen ist, könnte es sich um Murgons Arbeit handeln. Wir müssen also nach Stellen suchen, wo der Staub nicht so dick ist wie sonstwo – dort!«
Die Bodenplatte war verdächtig frei von dem Staub, der sich sonst überall bemerkbar machte. Wir konnten auf dem Boden deutlich unsere Spur zurückverfolgen.
»Vielleicht hast du recht.«
»Wir werden sehen«, stellte Rondas fest, nahm seinen schweren Helm ab, ließ ihn an den Riemen pendeln und schleuderte ihn treffsicher auf die Bodenplatte. Es dröhnte metallisch.
Augenblicklich strömte aus den uns zunächst liegenden Öffnungen eine dampfende Flüssigkeit, die in dem engen Korridor einen unangenehmen Gestank verbreitete. Außerdem sirrten Bolzen aus den vordersten Schlitzen, die dröhnend an der gegenüberliegenden Mauer landeten.
Rondas lachte kühn wie immer und trat vor, um seinen Helm wieder an sich zu bringen; er machte sich wohl Sorgen, daß das hübsche Federbüschel Schaden nehmen könnte.
»Warte!« schrie Pompino.
Rondas machte zwei Schritte und bückte sich, und ein Bolzen sirrte ihm dicht über den Kopf. Aus den gefährlichen Öffnungen wallte eine neue dampfende Flüssigkeit und raubte uns mit ihrem Gestank den Atem. Rondas schrie auf und sprang zurück; gleichzeitig richtete er sich halb auf. Der zweite Pfeil traf ihn mitten in den Rücken. Die Spitze durchdrang das achtlos ausgebreitete Cape. Ich griff zu, während er noch schwankte, und zerrte ihn zurück wie ein Fischer, der seinen Fang
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