Saga von Dray Prescot 32 - Pandahem-Zyklus 06 - Seg, der Bogenschütze
– und voller Freude, daß sie noch am Leben war.«
Es konnte keinen Zweifel mehr geben, nicht den geringsten Zweifel, daß Seg das Gefühl hatte, von einem Riesen in den Unterleib getreten worden zu sein.
»Wir müssen weiter«, sagte Khardun und fügte auf typische Khibil-Art hinzu: »Ich gebe zu, Dame Milsi enttäuscht mich. Aber Königinnen sind nun mal Königinnen und haben ihre eigenen Methoden, mit dem gewöhnlichen Volk umzugehen.«
Der Chulik strich sich mit dem Daumen an einem Hauer entlang. »Gewöhnliches Volk, Khardun? Du bist doch aber Khibil!«
»Du weißt, ich bin kein König, nicht einmal Edelmann, Dorvenhork. Aber ich glaube, unser Freund Seg ist auf ziemlich raffinierte Weise hereingelegt worden.«
»Aye. Dann laßt uns hier verschwinden, beim Verräterischen Likshu!«
»Was wird mit diesem Deldar?« wollte Rafikhan wissen.
»Ach – gib ihm einen sanften Schlag hinters Ohr.«
Dies geschah. Seg achtete nicht darauf. Umgeben von den anderen, zu denen nun auch Krozair Zarado gehörte, wurde er von der Gruppe eher mitgeschleift, als daß er selbständig und wachen Sinnes seine Leute anführte.
Man begegnete keinen weiteren Wächtern – weder von den blauweißen noch von den braunsilbernen – und stürmte schließlich in die sternenhelle kregische Nacht hinaus, in das rosagoldene Licht des Mondes, der hoch über der Stadt in den Baumwipfeln stand – die Frau der Schleier.
Vorübergehend zeigte Seg Segutorio, auch bekannt als der Horkandur, für nichts Interesse.
15
»Bei der Gesegneten Mutter Zinzu!« rief Zarado. »Das war nun wirklich überfällig!«
Er wischte sich mit einem ehemals gelben Leinenfetzen den Schaum von den Lippen. Seg begann sich für den Krozair zu erwärmen. Wie oft hatte er diesen inbrünstigen Ausspruch schon vernommen!
Khardun und der Dorvenhork waren noch nicht auf ewig verfeindet und teilten sich kameradschaftlich eine Flasche. Die anderen hatten ihre Kelche und Krüge auf den Sturmholztisch gestellt und arbeiteten heftig daran, ihren Durst zu stillen.
Ringsum brandete der Lärm der Gaststube des Aeilssa und Risslaca – allerdings schon gedämpft, denn es war spät, und die meisten Fischersleute waren bereits nach Hause gegangen. Die wenigen Bauern waren sogar noch früher verschwunden, und nur die Kaufleute und Mewsany-Gespannführer schienen sich noch die Zeit vertreiben zu können.
»Das ist alles schön und gut«, sagte Fristle Naghan der Aalglatte. »Aber gewiß können wir hier nicht lange bleiben. Die Wächter werden uns ...«
»Natürlich!« sagte Khardun und stellte das übliche selbstsichere Gehabe zur Schau. »Aber zuerst müssen sie merken, daß wir geflohen sind. Dann gibt's erst mal ein großes Geschrei. Und bis dahin sind wir weit von hier.«
»Wenn ich eine Frage stellen dürfte«, meldete sich Caphander, der Relt-Schreiber, auf seine nervöse, entschuldigende Art zu Wort. »Wohin wollen wir uns wenden, um weit von hier zu sein?«
»Ah«, sagte der Dorvenhork, ohne einen seiner Hauer zu betasten; dafür schaute er mit kleinen Schweinsäuglein durch den Schankraum. »Das ist die Frage.«
»Wenn du dir einbildest«, sagte Hundle der Planer und senkte seinen Krug, »wir könnten über die Berge nach Nord-Pandahem marschieren, solltest du das schleunigst vergessen. Wir müssen flußabwärts fahren.«
»Und du wolltest unser Boot steuern?«
»Aber ja doch – wenn wir eins finden.«
Seg hatte die Nase in einen Krug gesteckt und interessierte sich nicht im geringsten für seine Umgebung oder das Gespräch. Er war entschlossen, sich nicht von einer Frau unterkriegen zu lassen. Daß diese Frau Milsi gewesen war und sich jetzt als die Königin entpuppt hatte – als die berühmte Königin Mab –, festigte seine Entschlossenheit nur noch mehr. Die Frauen hatten zu ihm aufgeschaut. Unabhängig von dem Gold, das er ausbezahlt hatte, hatten sie Führungseigenschaften in ihm gespürt. Nun ja, beim Verschleierten Froyvil! Er würde die Männer den Fluß hinabführen, hinaus aus dieser Hölle.
Und doch ... und doch!
Er hatte wirklich geglaubt, mit Milsi eine Zukunft zu haben. Beide waren vom gleichen Blitzstrahl getroffen worden, davon war er überzeugt. Er hatte es mit allen Fasern seines Wesens gespürt. Aber weil sie die Königin war, hatte sie ihn schließlich verraten, hatte die Gruppe im Stich gelassen, ihrem Schicksal in den Verliesen ausgesetzt. Sie hatte ihn benutzt, hatte ihr Ziel erreicht und ihn dann verlassen.
Nein, er war in
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