Saga von Dray Prescot 32 - Pandahem-Zyklus 06 - Seg, der Bogenschütze
Worte entsprachen dem ganz normalen Wortschatz – doch was er damit sagte, blieb Seg unverständlich.
Endlich vermochte er das bleierne Gefühl aus den Gliedmaßen, die Trockenheit aus der Kehle und das Sägemehl aus dem Gehirn zu bannen – er hatte wirklich geglaubt, den Freund wiedergefunden zu haben! Seg sagte: »Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Ich bin kein Krozair. Das Schwert gehört einem Freund von mir, für den ich es aufbewahre!«
»Bei der eklig angefaulten Leber Makki-Grodnos! Das ist wirklich ein Wunder! Ich hatte nicht damit gerechnet, an diesem heidnischen Ort auch nur eine Seele zu treffen, die das Auge der Welt kennt.«
Seg konnte nachvollziehen, daß die Völker am Auge der Welt, dem Binnenmeer des fernen Turismonds, sich für den Mittelpunkt Kregens hielten, ein Zentrum, für das die gewaltigen Ozeane und anderen Kontinente lediglich den Rahmen bildeten.
»Ich kenne die Krozairs gut genug, um zu wissen, daß ich dir das Langschwert anvertrauen könnte, als Krozair-Bruder, sobald wir dich aus der Zelle herausgeholt haben.«
»Durchaus. Ich heiße Zarado. Llahal ...«
»Ich heiße Seg. Llahal. Nun sollten wir aber weitermachen und uns in die Freiheit kämpfen.«
»Es kommt jemand!« flüsterte Khardun eindringlich.
Die Betrunkenen machten genug Lärm, um die nachfolgenden Ereignisse zu übertönen.
Zehn Männer, angeführt von ihrem Deldar, marschierten durch den Gang, ein voller Audo Soldaten. Braune und weiße Federn flatterten über den Bronzehelmen. Es handelte sich um die Männer, die Seg und seine Gefährten in den Kazzchun werfen sollten. Pfeile sirrten. Klingen hackten, trafen über dem Rand von Brust- und Rückenschilden und taten ihr Werk.
Der Deldar ging zu Boden und hörte die berühmten Glocken Beng Kishis im Kopf dröhnen. Als er wieder zu sich kam, war er gefesselt, und seine Männer waren vorwiegend tot oder bewußtlos. Seg hatte die Hände in die Hüften gestemmt und starrte mit finsterer Miene auf ihn nieder.
»Deldar, du beantwortest uns jetzt einige Fragen.«
Deldar Stroikan sagte: »Ihr seid alle so gut wie tot.«
»Das nehme ich nicht an. Zumindest fühlen wir uns noch ganz munter. Aber du begreifst natürlich, daß du tot sein wirst? Schön. Also, Deldar – wo stecken die Damen, die mit uns gefangengenommen wurden, wo die Dinkus?«
»Dies wird dir nicht das geringste nützen, du Rast! Du hast zu viele Männer des Trylons umgebracht, um ...«
Seg schob das Gesicht dicht vor das des Deldars. Er roch den weinseligen Atem des anderen, dem er zweifellos seinen eigenen Zwiebelgeruch entgegenzusetzen hatte.
»Die Dame Milsi! Wenn du nicht auf der Stelle antwortest, schneide ich dir den Bauch auf! Wo steckt Dame Milsi!«
Der Mann zeigte höchste Verwirrung und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Darüber weiß ich Bescheid. Der König ist tot, ebenso alle Leute in seiner Begleitung. Dame Milsi ist ebenfalls im Coup Blag umgekommen. Nur Königin Mab ist wohlbehalten zurückgekehrt und ist jetzt zum Trylon unterwegs.«
Seg hörte die Worte, begriff sie aber nicht. Es war aber eine andere Art von Mißverstehen, als er sie beim Krozair erlebt hatte. Er schüttelte den Kopf, damit das Summen aufhörte, und sagte: »Du irrst dich. Im Labyrinth ist die Königin ums Leben gekommen. Wir haben Dame Milsi sicher nach Hause geleitet. Nun aber, Schurke, sag mir ...«
»Ich hab's dir gesagt!« Der Deldar riß die Augen auf. Für ihn war klar, daß er es mit einem Wahnsinnigen zu tun hatte. »Die Königin wurde mit dir und deiner Horde von Halsabschneidern an Land gebracht und ist sofort mit einem großen Reitertrupp losgezogen, um Trylon Muryan zu sprechen.«
»Trylon Muryan«, grollte der Dorvenhork, »ist der Mann, der uns in das Verlies gesteckt hat!«
»Und der damit gedroht hat, uns in den Fluß zu werfen.« Solche Dinge vergaß Khardun nicht so schnell.
Seg wollte sich nicht eingestehen, daß ihm Eiswasser durch die Adern strömte. Er konnte nicht zugeben, daß sein Herz sich im Griff einer zupackenden Faust bewegte. Er fand es verdammt schwierig, zu Atem zu kommen, außerdem bebten ihm die Knie – das mußte er sich eingestehen, sosehr er auf seine dummen, verräterischen Beine auch fluchen mochte.
Dame Milsi – Milsi – war die Königin. Daran konnte kein Zweifel mehr bestehen.
»Man hat sie also in Ketten gelegt und fortgezerrt, um sie dem verdammten Trylon vorzuführen? He!«
»Nein, nein, so war das nicht. Sie wurde ehrenvoll empfangen
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