Sagen aus Niederösterreich
angenehmen Töne, die er seinem Instrument entlockte; ein gellendes Quietschen und Quieken schrillte durch die Gassen, aber den Ratten schien diese Musik zu gefallen. Haufenweise kamen sie aus ihren Schlupfwinkeln hervor und liefen den grellen Tönen nach. Langsam schritt der Pfeifer der Donau zu; vor ihm, ringsherum, hinter ihm aber schlängelte sich wie ein greulicher schwarzgrauer Wurm der Zug der Ratten durch die Straßen.
Am Ufer angelangt, blieb der Mann nicht stehen, sondern ging, ohne zu zögern, bis zur Brust in die fluten, die Ratten aber folgten ihm unentwegt, stürzten sich ins Wasser, verknäulten sich ineinander und trieben schließlich in die Mitte des Donaustromes hinaus, wo sie von den Wellen fortgerissen wurden. Alle waren dem Musikanten gefolgt, nicht ein Schwänzchen blieb am Ufer.
Staunend hatte die versammelte Bevölkerung diesem Schauspiel zugesehen und umjubelte den seltsamen Fremden, der sich nach getaner Arbeit ins Rathaus begab, um seinen Lohn in Empfang zu nehmen. Nun aber, die Ratten waren weg, zeigte sich der Bürgermeister weit weniger freundlich, meinte, so schwer sei die Sache ja nicht gewesen und man wisse nicht, ob das Ungeziefer nicht am Ende wieder zurückkäme, kurz, er wollte den Mann mit einem Viertel des ausgesetzten Preises abfertigen. Der aber weigerte sich, den kleinen Betrag anzunehmen, und bestand auf der Auszahlung des vollen Lohnes. Da warf der Bürgermeister dem Fremden den Beutel mit dem geringen Lohn vor die Füße und wies ihm die Tür. Der Rattenfänger ließ das Geld liegen und verließ mit böser Miene die Ratsstube.
Einige Wochen vergingen. Eines Tages zeigte sich der Fremde, weit prächtiger gekleidet als das letztemal, wieder in der Stadt Auf dem Hauptplatz zog er seine Pfeife aus der Tasche, die golden funkelte. Als er sie an die Lippen setzte, ertönte ein feines Klingen und Singen, alles horchte verwundert auf die wundersamen Töne. Die Kinder aber liefen ihm aus allen Häusern scharenweise zu und folgten ihm, als er mit wiegenden Schritten der Donau zu ging. Auf dem Strom schaukelte ein Schiff, das mit bunten Bändern und wehenden Fahnen geschmückt war. Ohne mit seiner Musik aufzuhören, bestieg der Pfeifer das Fahrzeug, und alle Kinder trippelten hinter ihm drein. Als das letzte auf dem Schiff war, stieß es vom Ufer ab, drehte sich in den Strom hinaus und fuhr im hellen Sonnenschein immer rascher stromabwärts, bis es in der Ferne verschwand. Nur zwei Kinder waren in der Stadt zurückgeblieben, eines war taub und hatte die lockenden Töne nicht gehört, das andere war am Ufer umgekehrt, um sein Röcklein zu holen.
Als die Stadtbewohner ihre Kinder suchten und außer den beiden keines fanden, waren Schmerz und Jammer in der Stadt groß; denn es gab fast kein Haus, das nicht den Verlust eines oder mehrerer Kinder zu beklagen hatte. Das war die Rache des betrogenen Rattenfängers.
Der Rattenfänger von Korneuburg
Einst war die wegen ihrer Kornmärkte berühmte Stadt Korneuburg von Ratten und Mäusen stark heimgesucht. Der Stadtrat wußte sich gegen diese Plage nicht zu helfen. Da erschien ein Mann in der Stadt, der sich antrug, mittels seiner Kunst, Tiere zu bannen, sämtliche Ratten aus Korneuburg zu vertreiben und in die Fluten der nahen Donau zu verbannen. Man versprach ihm dafür einen schönen Lohn. Der Mann ging flötend durch die Stadt, und im Nu liefen ihm die Ratten und Mäuse nach bis zur Donau. Als er seinen Lohn forderte, entstand ein Streit über dessen Höhe, und so verweigerte der Stadtrat die Bezahlung. »Auch gut! « dachte sich der Rattenbanner, ging zum Donaustrand und führte, die Flöte spielend, die ganze Rattenschar wieder in die Stadt. Den Räten schien es nun am klügsten, dem Banner den geforderten Lohn zu geben. Wieder nahm er seine Flöte und lockte die Ratten bis zur Donau, wo sie diesmal alle ertranken. Zum Andenken an diese Befreiung wurde das Rattendenkmal ausgeführt. Da später einmal die Gelehrten den Rattenstein als ein Rattendenkmal nicht anerkennen wollten, sondern ihn für einen Grabstein hielten, ließ man ein kunstvolles Standbild des Rattenfängers von Korneuburg gießen und es auf dem Rathausplatze der Stadt aufstellen.
Der Ring im Fischbauch
Im städtischen Museum von Wiener Neustadt hängt ein Gemälde, das eine junge Frau darstellt, die einen Fisch ausweidet und dabei nachdenklich einen Ring, der auf der Spitze des emporgehaltenen Messers steckt, betrachtet.
Der Gemeinderat Franz Pachner hinterließ
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