Sagen aus Niederösterreich
ordentlich schärfen.«
Gleich riß der Teufel sein ungewaschenes Maul auf und hielt es dem anderen hin. »Nein, nein«, wehrte dieser ab, »So einfach geht das nicht. Da mußt du einen Kopf in den Schraubstock einspannen lassen, damit er fest hält und beim Feilen nicht hin und her wackelt.« Und der Teufel beugte schön brav seinen Schädel nach rückwärts und ließ ihn zwischen den Schraubstock einklemmen. Der Sägefeiler aber drehte rasch die Klammern zusammen, daß sie den Schädel des Teufels immer fester umfaßten und der Gottseibeiuns schrie: »Genug, genug, der Kopf ist schon fest eingespannt, er tut mir schon weh!« Aber der andere tat, als höre er nicht, drehte, daß sich der Teufel vor Schmerzen wand und winselnd jammerte: »Laß los, laß los, ich halte es nicht mehr aus!«
Jetzt brüllte ihn der Sagfeiler an: »So, jetzt habe ich dich fest, du vermaldeiter Höllenhund! Ich werde dir gegen, jahraus, jahrein die Leute zu erschrecken! Du kommst mir nicht früher los, als bis du feierlich versprichst, niemals wieder in das Schloß Dürnstein zu kommen.«
Was blieb dem Satan anderes übrig, wollte er aus der schrecklichen Umklammerung loskommen, als diese Versprechen zu geben! »Ich will gewiß nimmer herkommen und mich für immer ruhig verhalten«, winselte er kläglich. »Das ganze Dürnstein wird mich nie wieder sehen!«
Da schraubte der Sägefeiler seinen Schraubstock auf, und der Teufel fuhr schnell wie der Blitz heulend von dannen. Die Ruine Dürnstein sah ihn nimmermehr; dem Sägefeiler aber wollte er seine Übeltat heimzahlen.
Diesem gefiel es in Dürnstein; er blieb in der Stadt und brachte es in einigen Jahren so weit, daß er ein kleines Häuschen besaß, in dem eine hübsche junge Frau nach dem Rechten sah. Eines Sonntags ging das Ehepaar fröhlich und nichtsahnend im Wald spazieren. Da sprang plötzlich der Teufel aus einem Gebüsch hervor und schrie: »Warte, du Halunke, jetzt sollst du deinen Lohn bekommen!«
Aber unerschrocken rief der Sägefeiler: »Komm nur her, hier habe ich meinen Schraubstock; du willst ihn wohl wieder ein wenig verspüren?« Als der Satan vom Schraubstock hörte, bekam er's von neuem mit dem Schrecken zu tun. Mit eingeklemmten Schwanz raste er davon, daß die Funken stoben. Der Sägefeiler hatte von nun an Ruhe vor ihm.
Der Spuk auf Schloß Schauenstein
Der Dreißigjährige Krieg war zu Ende, und die entlassenen Söldnerscharen machten sich auf den Weg in die Heimat, die vielen kein Begriff mehr war. Planlos wanderte so mancher durch die Lande.
So geschah es, daß ein alter Krieger auf seiner Wanderfahrt auch in das Waldviertel kam. Spätabends erreichte er ein Wirtshaus und ließ sich dort Trunk und Imbiß geben. Neugierig setzte sich der Wirt zu ihm an den Tisch und fing ein Gespräch an. Wie er nun den ganzen Jammer des abgedankten Soldaten hörte, und daß der nicht wisse, wo er morgen essen und schlafen werde, meinte er, der Krieger solle doch einmal sein Glück auf Schloß Schauenstein versuchen. Das sei vor hundert Jahren verzaubert worden, und ein großer Schatz sei dort zu gewinnen. »Freilich«, sagte er schließlich, »hat niemand bisher Erfolg gehabt, und viele, die in das Schloß hineingingen, sind nicht wieder zum Vorschein gekommen«.
Aber den alten Krieger, der schon so oft dem Tod ins Auge gesehen hatte, konnte diese finstere Warnung nicht schrecken. Er ließ sich gleich das Schloß zeigen, bat den Wirt um geweihte Kreide und eine geweihte Kerze und stieg am nächsten Abend den Schloßberg hinan. Die Fenster der Burg waren hell erleuchtet, das Burgtor stand offen; durch dunkle Gänge gelangte er in einen großen Saal, der in hellem Lichterglanz erstrahlte. Kein lebendes Wesen ließ sich blicken. Der Soldat stellte die geweihte Kerze auf den Tisch und zog mit der Kreide einen weiten Kreis herum. Dann wartete er im Kreis, nun doch mit einigem Gruseln, auf die Mitternachtsstunde, sein Schwert griffbereit bei der Hand.
Kaum war der zwölfte Schlag verklungen, da sprang plötzlich die Tür des Saales auf, und langsam und feierlich schritten vier Zwerge herein, in schwarze Gewänder gekleidet, die einen Sarg trugen, den sie am Kreidestrich niederstellten. Der Sargdeckel hob sich, und ein Zwerg mit einer goldenen Krone auf dem Kopf stieg aus dem Sarg, der sich sogleich mit funkelnden Goldmünzen füllte.
Würdevoll trat der Zwergenkönig an den Soldaten heran und sprach mit lauter Stimme: »Vermagst du diesen Schatz in zwei gleiche Teile zu bringen,
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