Sagen aus Niederösterreich
Gefäß.
Einmal aber, als genügend Wein im Hause war und die Nachbarn rund um den Tisch saßen und dem guten Tropfen zusprachen, der aus dem Kruge rann, plauderte der arme Taglöhner das Geheimnis seiner Weinquelle aus. Als er dann am Abend seine Tochter nochmals zur Burg hinaufschickte, fand sie die sonst hell erleuchtete Ruine in düsterem Dunkel leer und verlassen; so lange sie auch wartete, die weiße Frau zeigte sich nicht mehr, weder an diesem Abend noch an den folgenden. Reuevoll erkannte der arme Mann, daß er sich durch seine Redesucht selbst um den guten Burgwein gebracht hatte.
Des Teufels Gespann in Unterloiben
Wie in so vielen Orten der Wachau trieb der Satan vorzeiten auch in Unterloiben bei Stein an der Donau sein Unwesen. Warum er sich gerade die Wachau so häufig zu seinen Streichen ausgesucht hat, ist noch nicht recht erklärt. Vielleicht ist es nicht ganz daneben geraten, wenn man vermutet, der feurige Wachauer Wein, dem der höllische Geist so wenig abhold sein mag wie mancher irdische Mensch, müsse da mit im Spiele sein.
Sei dem nun, wie es wolle, jedenfalls ereignete es sich voreinst, daß ein gewisser Hans Abel aus Unterbiben an einem schönen Herbsttag zeitig in der Früh in der Richtung gegen Dürnstein auf Kuhkauf gehen wollte. Als er vor seinen Hof trat, kam gerade ein Bauernwagen, der von zwei Rappen gezogen wurde, auf der Straße dahergefahren. Ein schwarzgekleideter Mann saß auf dem Bock und trieb die Pferde zum Lauf an. Da der Bauer es eilig hatte, rief er dem Kutscher zu, er möge halten und ihn gegen Geld und gute Worte ein Stück Weges mitnehmen. Der Schwarze hielt sein Gefährt an, der Bauer aber kletterte auf den Wagen und setzte sich neben den Kutscher, der noch kein Wort gesprochen hatte. Stumm schwang der Wagenlenker dann seine Peitsche, und die Pferde fielen sogleich in scharfen Trab, der sich bald zu einem rasenden Galopp steigerte, daß dem armen Unterloibner angst und bang wurde. Entsetzt wollte er sich am Arm des Kutschers festhalten, aber noch entsetzter war er, als er ins Leere griff.
Seine Furcht steigerte sich noch, als der Wagen plötzlich von der Straße abbog und in rasender Eile durch einen Schwibbogen der Donau zurollte. Bevor der Bauer noch recht fassen konnte, was sich ereignete, sausten die Pferde samt dem Fuhrwerk ins Wasser hinein. »Jesus, Maria und Josef!« schrie der zu Tode erschrockene Mann, dann verlor er die Besinnung.
Als er nach vielen Stunden wieder zum Bewußtsein kam, fand er sich am Donauufer liegend, so knapp neben dem Wasser, daß die Wellen fast seine Füße bespülten. Mühsam hinkte er heimwärts, der Schrecken war ihm aber so in die Knochen gefahren, daß er einige Wochen das Bett hüten mußte.
Hätte er nicht im letzten Augenblick jenen Stoßseufzer gerufen, so wäre des Teufels Gespann mit ihm zur Hölle gefahren.
Die Feenkönigin auf dem Jauerling
Im Groisbachtal bei Spitz in der Wachau lag vor vielen Jahren tief im Waldesgrund eine einsame Mühle, die ein einsamer Müller mit seiner Frau und seinem dreizehnjährigen Töchterchen bewohnte. Die Müllerin lag seit Jahren krank darnieder; alle Ärzte, die der Müller mit großen Kosten von weit und breit hatte kommen lassen, waren sich darüber einig, daß das leiden der Frau unheilbar sei. Sorgenvoll zerbrach sich der arme Mann den Kopf, was er tun solle, um wenigstens die Schmerzen seiner lieben Ehefrau zu lindern. Unterdessen pflegte das heranwachsende Mädchen die kranke Mutter mit aufopfernder Liebe und suchte der Schmerzgequälten jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
Da hörte das Mädchen eines Tages, wie mitleidige Nachbarsleute ihrem Vater erzählten, es gebe wohl ein Mittel, die Kranke zu heilen; das sei das Wunderblümchen Widertod, das eine reine Jungfrau um Mitternacht beim Vollmondschein hoch oben auf dem Jauerling pflücken müsse. Es sei aber so selten, daß kaum ein Sonntagskind es finden würde.
Das Mädchen überlegte nicht lange. Es liebte seine Mutter so heiß und innig, daß ihm kein Weg zu beschwerlich, kein Schrecken zu groß schien, ihn für seine Mutter nicht auf sich zu nehmen. Gleich in der nächsten Vollmondnacht stahl sich die Kleine aus dem Haus, stieg die Schlucht des Groisbaches hinan und kletterte im einsamen Wald die Hänge des Jauerlings empor, keiner Dornen und Disteln, keiner Felsen und Schründe achtend, wenn sie auch ihre zarte Haut zerrissen und blutige Striemen ihr Gesicht bedeckten. Nur ein Gedanke erfüllte ihr ganzes Sinnen: ihr
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