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Sagen aus Niederösterreich

Sagen aus Niederösterreich

Titel: Sagen aus Niederösterreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Mütterlein sollte wieder gesund werden.
    Unterdessen war der Mond immer höher gestiegen und ließ seine bleichen Strahlen durch das Geäst der Bäume spielen, die ganz plötzlich zurücktraten und eine weite Lichtung freigaben, in deren Mitte das verwunderte Mädchen ein herrliches Schloß erblickte. Zögernd trat die Müllerstochter an den prächtigen Bau heran. Da öffnete sich dessen prunkvolles Tor, eine wunderschöne Frau stand unter dem Torbogen und winkte dem Mädchen einzutreten. Durch einen blühenden Zaubergarten, in dem die lieblichsten Blumen standen und jubelnde Kinder fröhliche Spiele trieben, führte die Fee das Mädchen in einen glänzenden Saal.
    »Nun sag mir, mein Kind«, begann sie dort, indem sie sich auf einen funkelnden Thron niederließ, »was willst du von mir? Möchtest du bei mir bleiben? Soll ich Kinder herbeirufen, damit sie dich zu ihren Spielen einladen, Sag es ruhig, mein Kind, ich will dich gern in meinem Schloß behalten, du wirst es nicht bereuen.«
    Doch das Mädchen schüttelte ablehnend den Kopf. »Mein Mütterlein ist sehr krank«, lispelte es. »Ich möchte so gern, daß sie wieder gesund wird. Kannst du mir nicht das Blümlein Widertod geben, durch das sie allein Heilung findet?«
    Nochmals versuchte die schöne Feenkönigin, das Mädchen zum Bleiben zu bewegen. Aber alle Lockungen, alle Versprechungen, die Aussicht auf die herrlichsten Kleider, die schönsten Spiele konnten den Sinn des Kindes, das nur an seine kranke Mutter dachte, nicht ändern. Es bat die Feenkönigin, nicht zu zürnen, wenn es nicht bleibe, denn ohne sein Mütterchen hätten alle Herrlichkeiten der Welt nichts zu bedeuten.
    Da lächelte die erhabene Frau und sprach: »Du bist ein gutes Kind. Du sollst die Wunderblume haben. Dein Mütterchen wird wieder gesund werden, und du selbst wirst den Lohn für deine Kindesliebe und Treue in einem glücklichen Leben auf Erden finden. Nun geh und grüße deine Mutter von mir!«
    Das Mädchen wollte der gütigen Fee mit heißem Dank zu Füßen fallen, da schien deren Gestalt, der glänzende Saal und alles ringsum plötzlich zu versinken. Taumelnd schloß es die Augen, ihm war, als entfernten sich leise murmelnde Stimmen. Als es die Augen wieder öffnete, stand es auf der Lichtung mitten im Wald, Ruhe herrschte ringsum, nur der Mond über ihm schien lächelnd zu nicken: »Es war kein Traum, aber nun geh nach Hause, mein Kind!«
    Als es wieder heimkam, trat ihm schon unter der Tür gesund die geliebte Mutter entgegen, ein wenig bange nur, weil sie ihr liebes Kind vermißt hatte, das ihr nun fröhlich in die Arme flog.
    Der Segenswunsch der Feenkönigin ging auch an der Jungfrau in Erfüllung. Sie heiratete später einen braven Bürgerssohn und hatte viel Glück in ihrem Leben.

Die Geistergräfin von Fischamend
    Vor vielen Jahrhunderten, als die Gegend um Fischamend noch von dichten Wäldern bedeckt war, stand am Ufer der Fischa ein prächtiges Schloß, das eine stolze junge Gräfin bewohnte, die mit Leib und Seele der Jagd ergeben war. Ihre Jagdleidenschaft war so groß, daß sie darüber alles andere, sogar den lieben Herrgott vergaß. Wenn an Sonn- und Feiertagen die Glocken zur Kirche riefen, ließ sie das Horn ertönen und ritt hoch zu Roß unter Hundegebell mit ihren Jagdgesellen in den grünen Wald. Da hielt sie nichts ab, über die fruchtbarsten Felder zu stürmen, wenn auch die Hufe der Pferde die reifende Saat zerstampften, und wehe dem Bauern, der es wagte, um Schonung der Ernte zu flehen. Er mußte damit rechnen, mit grausamen Peitschenhieben hinweggejagt zu werden. So trieb es die übermütige Frau allerorten.
    Eines Sonntags frühmorgens ritt die tolle Schloßherrin wieder zur Jagd aus. Bald hatten die Hunde einen Hirsch aufgestöbert, dem die Gräfin mit ihrer Meute unermüdlich tief in den Wald hinein nachhetzte. Alle ihre Begleiter waren schon zurückgeblieben, aber die rasende Jägerin verfolgte das Tier über Stock und Stein, durch Gestrüpp und Dornen, bis das todmüde Wild schweißbedeckt vor der Hütte eines Einsiedlers am Fuß eines Kreuzesstammes zusammenbrach. Da trat der fromme Mann aus der Hütte, stellte sich schützend neben das Tier und rief, indem er seine Hände abwehrend gegen die mordgierige Verfolgerin ausstreckte: »Halt ein, Verblendete! Erkenne den Wink des Himmels, der dieses unschuldige Geschöpf unter meinen Schutz stellt! Laß ab davon, den Tag des Herrn durch deine wilde Leidenschaft zu entweihen, und gönne den Tieren im

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