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Sagen aus Niederösterreich

Sagen aus Niederösterreich

Titel: Sagen aus Niederösterreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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gespenstigen Schiffszuge wird auch sonst in der Wachau erzählt. Wenn in der Nacht ein Gewittersturm braust, hört man das Hallo der Schiffsknechte und das Getrappel der Pferde.

Die goldenen Apostel im Kloster Göttweig
Weithin sichtbar thront am Ausgang der Wachau das prächtige Benediktinerstift Göttweig und blickt mit seinen unzähligen Fenstern wie mit hundert Augen in die sonnige Landschaft hinaus. Der Besitz des Stiftes ist groß, das Kloster selbst ein herrlicher Bau, und das mag Anlaß gewesen sein, daß manche Gerüchte über den Reichtum des Stiftes sich im Volk verbreiteten.
    Ein angesehener Maurermeister aus dem am Fuß des Stiftsberges gelegenen Markt Furt wurde einstmals in einer Johannisnacht von den Stiftsherren ins Kloster berufen. Man trug ihm auf, auch sein Handwerkszeug mitzunehmen. Im Stift erwarteten ihn der Abt, der Prior und der Kämmerer und geleiteten ihn in den Keller hinab, wo ihm die Augen verbunden wurden. Hierauf führte man den Meister kreuz und quer in den Kellergängen herum, bis er nicht mehr wußte, in welchem Teil des Kellers er sich befand. Endlich machten seine Führer halt und nahmen ihm die Binde von den Augen. Der Meister sah sich in einem ganz in den Felsen gehauenen Raum, der seiner Vermutung nach tief im Innern des Berges gelegen sein mußte. An einer Seite des Felsengemachs erblickte er eine vermauerte Öffnung, die er nun aufzubrechen hatte.
    Als der Maurer mit seiner Arbeit fertig war, traten beim Fackelschein die Stiftsherren in die vor ihnen liegende enge Felskammer, der Meister schritt hinterdrein. Da sah er nun zu seiner größten Überraschung die Gestalten der zwölf Apostel in purem Gold nebeneinander stehen. Der Abt mit seinen beiden Begleitern trat zu den goldenen Männern, besah jeden genau und zählte sie. Sodann gingen die Herren daran, den Heiligen die goldenen Bärte zu scheren. Nachdem sie die goldenen Haare fein säuberlich verwahrt hatten, verließen sie den Raum, und der Maurer erhielt den Auftrag, die Türöffnungen wieder zuzumauern und unkenntlich zu machen. Nach getaner Arbeit verbanden sie dem Meister wieder die Augen, wanderten mit ihm lange im Keller hin und her und kamend endlich wieder ans Tageslicht hinauf.
    Lange Zeit mußte der Maurermeister alljählich in der Johannisnacht diese Arbeit verrichten, und jedes Jahr stiegen die Stiftsherren mit reichem Ertrag aus der geheimen Felskammer an die Erdoberfläche empor; denn jedesmal waren die Bärte der Apostel wieder ganz schön nachgewachsen. Einmal freilich fiel die goldene Ernte zu gering aus. Es war dies die Zeit des Klosterneubaues. Damals reichten die goldenen Haare nicht aus, die Kosten des Baues zu decken. Es mußte daher ein Apostel »versilbert« werden, das soll der Judas gewesen sein. Seither stehen nur mehr elf Apostel in dem unterirdischen Gemach. Aber ihr Scheren bringt immer noch genug ein, um den Wohlstand des Stiftes zu mehren.
    So erzählte das Volk und glaubte, damit die Ursache des vermeintlichen Reichtums des Klosters Göttweig gefunden zu haben.

Die Gründung des Stiftes Klosterneuburg
    Der Babenberger Markgraf Leopold III., später der Heilige genannt, stand eines Abends mit seiner Gattin, der Kaisertochter Agnes, mit der er vor kurzem Hochzeit gefeiert hatte, auf dem Söller seiner neuen Burg auf dem Kahlenberg (so hieß damals der heutige Leopoldsberg). Während sie die Gründung eines neuen Klosters besprachen und sich über den Platz, auf dem das Gotteshaus erstehen sollte, nicht einig werden konnten, entriß ein heftiger Windstoß der Markgräfin ihren Schleier und trug ihn weit in das am Fuß der Burg sich erstreckende Gehölz hinein.
    Agnes war über den Verlust sehr traurig, denn es war ihr Brautschleier. Wochenlang ließ Leopold nach dem Schleier suchen, ohne daß es gelang, ihn aufzufinden. Da gelobte der Markgraf, an der Stelle, wo der Schleier gefunden würde, ein Kloster zu erbauen.
    Acht Jahre später jagte Leopold mit seinem Gefolge in den Wäldern etwa eine Stunde weit entfernt von seiner Burg. Plötzlich schlugen die Hunde an. Als der Markgraf, sich durch das Gestrüpp zwängend, dem Gebell nachging, leuchtete ihm auf einem Holunderstrauch etwas Weißes entgegen. Neugierig trat er heran, um das Ding näher zu besehen. Da erkannte er zu seinem Erstaunen den vermißten Schleier seiner Ehegattin, der wie durch ein Wunder noch ganz neu und unversehrt aussah.
    Leopold erblickte in diesem Geschehen das Walten des Himmels und beschloß, sich an sein Gelübde

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