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Sagen und Märchen Altindiens

Titel: Sagen und Märchen Altindiens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Essigmann
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und Göttern.
    Reich wird der Opferdank des gastfreien Königs sein, denn er ist der Herrlichste unter den Gatten der Erde – den Vätern der Völker!
    Segen ist in seinem Lande, soweit nur ein Auge reicht, denn er ist tapfer und gerecht und der Stolz seines Geschlechtes!
    Strengstes Opfer, das jemals zum Himmel flammte! Beste Brahmanen, die je einen Herrscher gepriesen! Edelster König, der Indra gleicht, wie er in den Wolken thront: seid gesegnet!«
    »Wer ist der Knabe mit der milden Weisheit eines Alten?« fragte Dschanamedschaja und ließ Astika vor seinen Thron führen.
    »Heil dir, Herr der Erde!« sprach das schöne Kind, als es vor dem König stand. »Ich frage nicht, wie es die Sitte erheischt, ob Segen herrscht in deinem Reiche, ob dein Schatz gefüllt und dein Heer stark ist, ob du den Sechsten nach Recht und Pflicht nimmst! denn dein Auge verrät, daß du ein Guter, ein Edler, ein Weiser bist, und mit solchen ist das Glück und die Gnade der Götter!«
    »Du bist ein Weiser, liebliches Brahmanenkind!« sprach der König voll Freude, »und ich will dir jegliche Gnade erweisen, die du erbittest. Fordere! Alles sei dir gewährt!«
    »Halt! edler König!« rief Utanka in diesem Augenblick. »Mein sündenloses Auge sieht Takschaka, den lange vergebens Gerufenen, in Indras Palast. Nun will ich ihn mit der Zange meiner Worte packen und herunterziehen ins verzehrende Feuer. Spare solang deine Bitte, schöner Knabe, und du deine Gabe, schenkender Herrscher, bis ich ihn fallen seh' in den glühenden Tod!«
    Und ins tiefste Schweigen der Andacht sang der Priester sein lockendes Lied und schloß mit dem zwingenden:
    Takschaka! Dich rufe ich!
    Und da litt es den Natternkönig nicht länger an des Freundes Seite; lautlos schlich er aus der Halle des Götterkönigs und glitt am Himmelsgewölbe abwärts, gegen die leuchtende Opferstätte von Hastinapura.
    Indra wollte den treuen Freund retten, ihn zurückhalten von sicherem Verderben. Er sprang ihm nach und umklammerte den Abwärtsfliehenden mit seinen starken Armen.
    Aber Utankas Ruf zog den Nalternkönig wie an einer eisernen Kette, und Indra mußte ihn lassen, wenn er den Sturz in den Tod nicht mitmachen wollte.
    Schneller nun fiel der Verlassene und war wie ein leuchtender Blitz am Himmel zu sehen.
    »Jetzt ist Takschaka mir sicher!« rief der Opferer Utanka. »Nun sprich deine Bitte, lieblicher Knabe, ehe er und die letzten seines Geschlechtes in den Flammen prasseln!«
    »So will ich, daß das Opfer zu Ende sei!« rief der Sohn der Schlangenprinzessin, und ein Wink seiner Hand hielt den fallenden Takschaka am Himmel auf.
    Bestürzt rief der König:
    »Was sinnst du, Knabe? – Um Takschakas willen ward dies furchtbare Opfer gefeiert, denn er hat meinen Vater getötet!«
    »Und willst du darum das ganze Geschlecht meiner Mutter ausrotten?« sprach flehenden Auges Astika.
    Da schwieg der König, und auf seinen Wink wurden die Opferfeuer verlöscht.
    Astika hatte die letzten Schlangen vor dem Verderben bewahrt, und ihm danken die munteren Zickzackläufer, daß sie sich heute noch sonnen und in Indras Fluten kühlen können.
    Takschaka aber steht als Sternbild im Himmel, dort wo Astikas Wink ihn festgehalten hat. Ein leuchtendes Beispiel für die zwingende Gewalt geheiligter Bräuche und die alles besiegende Macht des reinen Geistes!

Nala und Damayanti
    In uralter Zeit herrschte zu Nischada, einem der vielen Reiche Indiens, der junge König Nala. Stärke, Schönheit und Tugend zierten ihn vor allen andern Männern. Die tapfersten Helden hatte er mit Schwert und Keule besiegt, führte den Streitwagen so sicher wie der Sonnengott und traf auf hundert Schritte eine Nuß mit dem Pfeil. Vor der Schar seiner Helden glänzte er wie die Vorausreiter der Morgenröte und war erzogen in tiefster Ehrfurcht vor den Göttern und ihren Gesetzen, in Liebe zur Wahrheit und Treue am Wort, so daß ihn Freund und Feind den Makellosen nannte. Seine Weisheit und der Adel seines Wesens wurden in allen Landen besungen, sein Glück ward sprichwörtlich.
    Einst jagte er mit seinem Freund und Rosselenker Warschneja in der Wäldern Nischadas.
    Der Rosselenker des Königs war in Altindien ein gar hoher Herr, denn er führte den Streitwagen seines Gebieters im Gefecht, und an seiner Umsicht und Geschicklichkeit hing oft das Leben des Königs. Er war der Marschall, dem die königlichen Ställe unterstellt sind, war der erste Rat des Königs in weltlichen Dingen, sein Herold und, als nächster

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