Sagen und Märchen Altindiens
berichtete keuchend und stammelnd von dem Überfall Asvatthamas und den Heldentod der fünf Draupadeyas.
Entsetzt stand Judhischthira da, als Draupadi auf ihn zutrat und ihn voll Hohn zu seinem glänzenden Sieg beglückwünschte. In ihrem Mutterschmerz verfluchte sie den Mörder und schwor, nicht eher zu essen, als bis ihre Söhne gerächt wären.
Der unermüdliche Bhima machte sich gleich auf die Verfolgung Asvatthamas. Als er den Flüchtigen eingeholt hatte, besiegte er ihn in fürchterlichem Ringen und brachte sein leuchtendes Stirnjuwel der trostlosen Draupadi.
Krischna-Wischnu aber verfluchte den, der Ruhende erschlagen hatte, dreitausend Jahre rastlos über die Erde zu wandern, aussätzig und gemieden von jedermann!
Der Jadava hatte die Trauernde auf das Schlachtfeld geführt und ließ die Totenfeier für die Gefallenen vorbereiten.
Seiner Beredsamkeit gelang es auch, Dhritaraschtra mit den Siegern zu versöhnen. Einen nach dem andern umarmte der schluchzende Greis. Für Bhima, der auf der Verfolgung Aswatthamas war, schob Krischna dem Blinden dessen eherne Rüstung in die Arme. Da rief der Trauernde gegen den Himmel: »Ihr heiligen Götter! Für eines Atems Länge gebt mir Riesenstärke!« Und krachend zersplitterte der leere Panzer in den Armen des blinden Greises, Er hatte den töten wollen, der von seinen hundert Söhnen nicht einen am Leben gelassen hatte. Ahnungsvoll hatte der kluge Jadavafürst die Rache vereitelt.
Über das leichenbesäte Schlachtfeld irrten die Frauen mit aufgelöstem Haar. Gandhari hatte die Binde von den Augen genommen, um die toten Söhne zu sehen. Mit rührenden Klagen eilte sie von einem zum andern, hier die Geier von der Leiche Durjodhanas scheuchend, dort den Kopf ihres Lieblings Vikarna sorgfältig bettend.
Uttaraa kniete vor ihrem toten Gatten, löste den schweren Panzer von den wunden Schultern, ordnete die blutigen Locken und wusch das trotzige Jünglingsgesicht Abhimanjus unter leise gesungenen Klagen und langsam fließenden Tränen.
Duchschala und mehrere Sindhufrauen waren um die Leiche ihres Gatten Dschajadratha bemüht.
Kunti kniete vor Karnas strahlendem Leib und gestand den Pandusöhnen, daß sie in ihm ihren Bruder getötet hätten. Voll Trauer umwandelten die Sieger rechtshin den toten Helden.
Judhischthira ordnete die Totenfeier an:
Weithin leuchteten die vielen Scheiterhaufen auf dem Kurufeld. Aus kostbaren Hölzern waren sie geschichtet, der Rauch von köstlichen Salben und Gewürzen umquoll die Leichen der Helden, als sie mit ihren Waffen und Schmuckstücken verbrannt wurden. Brahmanen vollzogen die Totenopfer nach strengen Gebräuchen, die Frauen sangen Klagelieder und Freunde brachten die heilige Wasserspende aus der Ganga. Im ganzen Land war Trauer um die gefallenen Helden.
Der Pandava Ausgang
Schmerzgebeugt kehrten die Sieger nach Hastinapura zurück.
Judhischthira weigerte sich, den Thron zu besteigen, der mit dem Blute so vieler Freunde, dem Tode des ganzen Geschlechtes und dem Verbrechen des Brudermordes erkauft war.
Krischnas weise Worte blieben so unbeachtet wie Bhimas ungestümes Schelten. Der Sohn des Rechtsgottes wollte im Wald ein Leben der Buße führen.
Dem frommen Wyasa gelang es endlich, den rechtlich Denkenden zu überzeugen, daß die Sünden ihn vor Göttern und Menschen noch mehr belasten müßten, wenn er den blutig erkämpften Siegespreis wie ein wertloses Ding von sich würfe.
Er schlug dem Grübler vor, sich und die Brüder durch das seltene und schwierige Roßopfer zu entsühnen, und durch weise und gerechte Regierung das Volk für alle Leiden zu entschädigen.
Langsam gewann die im Entsetzen versunkene Seele Judhischthiras wieder Halt, und mit fester Hand ergriff er die Zügel der Herrschaft.
Die Vorbereitungen für das Sühnopfer nahmen ihren Lauf:
Ein makelloser Hengst wurde ausgewählt und sollte nun nach der strengen Vorschrift ein Jahr lang ohne jede Fessel im Freien umherstreifen.
Ardschuna wurde zum Wächter des Opferrosses bestimmt und folgte dem mutigen Tier durch alle Lande auf seinem Streitwagen.
Dabei hatte er manchen harten Strauß mit den Gebietern der durchstreiften Länder zu bestehen. Er bezwang sie alle, ohne einen zu töten, und sandte sie nach Hastinapura, auf daß sie dort dem feierlichen Sühnopfer beiwohnen mögen.
Das schweifende Roß führte ihn auch nach Manipura, wo er einst mit seiner Gattin, der Putrika Tschitrangadaa, drei Jahre lang gelebt hatte. Babruvahana, der Sohn der beiden,
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