Sagen und Märchen Altindiens
Judhischthira, den er zur Flucht trieb, und den starken Nakula, welchen er mit seiner Bogensehne fesselte und so ins Pandavalager sandte.
Aber der fieberhaft gesuchte Ardschuna mied den kühnen Helden auf Krischnas Rat, bis die Sonne den Scheitel ihrer Bahn überschritten hatte und langsam gegen den Berg Asta sank.
Bhima wütete wieder unter Durjodhanas Brüdern und erwürgte viele von ihnen. Plötzlich sah er sich dem wüsten Duchschasana gegenüber.
Da tauchte in seinem Innern das schändliche Bild auf, wie der rohe Vetter die edle Draupadi an den Haaren in die Halle schleifte. Blitzartig überfiel ihn die Erinnerung an seinen Eid. Mit mächtigem Schwung seiner Keule schlug er Duchschasana vom Wagen und warf sich wie ein Raubtier über ihn. Mit den Nägeln riß er die Brust des Sterbenden auf und trank sein warmes Herzblut, wie er geschworen halte!
Die Kuruvölker flohen bei diesem Anblick mit einem Geheul des Entsetzens. Bhima aber taumelte empor wie trunken, griff nach seiner Keule und, seinen gefürchteten Schlachtschrei brüllend, stürzte er den Fliehenden nach.
Noch zehn der Söhne Dhritaraschtras fielen an diesem Tag unter seiner schrecklichen Keule, aber rastlos tobte der Unbändige über das Schlachtfeld und spähte nach Durjodhana, um auch an diesem seinen Schwur zu erfüllen.
Indessen hatte Karna den Ardschuna und Ardschuua den Karna erblickt, und sie fuhren aufeinander los, um die lange Feindschaft in blutigem Kampfe auszutragen.
Während Krischna seinen Kämpfer mit feuriger Rede und freundlichen Siegeswünschen ermutigte, schmähte Schalja den seinigen und zeigte ihm seine Feindschaft.
»He?« höhnte er, als Karna rief, jetzt wolle er Ardschuna töten.
»He?" prahlst du nicht elender Fuhrmannssohn? – Du willst den Ardschuna töten? – Den besten Krieger aus dem Bharatageschlechte? Oh! – Kennst du die Fabel von der Krähe im Schwanennest?«
»Schweig, König der Madra!« stieß Karna zornig hervor.
»Ja! König der Madra!« lachte Schalja, » König ! – Doch du bleibst ein Fuhrmannssohn trotz der erbettelten Krone! – Die Krähe unter den Schwänen! – Kennst du die Fabel? – Sie war unter die jungen Schwäne geraten und hatte mit ihnen fliegen gelernt. Nun prahlte sie – wie du, Karna! – sie flöge am besten von allen. Da strichen die stolzen Schwäne über das Meer hin, die Krähe folgte ihnen voll Eitelkeit, und – als sie vor Ermattung ins Wasser fiel – wäre sie elend ersoffen – wenn die edlen Schwäne sie nicht gerettet hätten! – Prahle du nur – eitle Krähe – krächze gegen den Schwan Ardschuna – noch weiß ich nicht, ob ich dich retten werde!«
»Du schmähst mich, König der Madra, als niedrig geboren, aber ich möchte nicht deines Stammes sein: verachtet sind die Madra auf der weiten Erde, denn sie lügen und trügen und töten die Kühe, die geheiligten Nährmütter der Menschheit! Überall hört man Schimpflieder auf die Madra, denn sie sind das schlechteste unter den Völkern!«
Während die furchtbaren Recken sich einander zum letzten Kampf näherten, öffnete sich der Himmel, und Götter und Genien sahen zur Erde, um die stärksten ihrer Helden miteinander ringen zu sehen.
Indra wünschte seinem Sohne den Sieg und Surja dem seinigen.
Da traten sie beide voll Ehrerbietung vor Brahma und baten ihn, keinem der beiden Menschen zu helfen: Kraft und Kühnheit allein sollten entscheiden! Doch der Allmächtige schüttelte sein Haupt und sprach:
»Mein unabänderlicher Ratschluß hat längst dem Ardschuna Sieg, dem Karna Tod zugewogen. So muß es bleiben!«
Auf dem Kurufeld beginnt der Kampf:
Alle Edlen drängen sich um die erlauchten Kämpfer. Die senden einander so viele Pfeile, daß die Sonne dahinter wie hinter Gewitterwolken verschwindet.
Ardschuna schießt die Agniwaffe gegen den Feind, und hoch auf lodern die Kleider von Karnas Gefolge. Doch Karna gebraucht die Varunawaffe, und die Wasser stürzen vom Himmel, jedes Fünklein verlöschend. Lange beschießen die Helden einander ohne Erfolg.
Asvasena, ein Schlangenfürst, dessen geliebte Mutter im Kandavawalde verbrannt war, als Ardschuna den fressenden Gott mit seinen Waffen beschützte, legte sich heimlich als Pfeil auf Karnas Bogen. Der Wurm hoffte so auf Ardschuna geschossen zu werden und mit seinen fürchterlichen Giftzähnen die Mutter rächen zu können.
Karna schoß, aber der wackere Krischna hatte die schreckliche Gefahr erkannt, und mit gewaltigem Ruck riß er die Rosse auf die Knie,
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