Sagen und Märchen Altindiens
Tapfere umdrängt von Feinden und führt seine Waffen mit Ruhe und Sicherheit. Aber die Arme erlahmen ihm unter der gewaltigen Anstrengung, seine Köcher sind leer, die Speere verschossen, Keule und Schwert zersplittert.
Mit einem Wagenrad schlägt er in den Schwarm seiner Feinde, als ihn ein Keulenschlag von Duchschasanas Sohn auf das Haupt trifft und tot zu Boden streckt.
Das Triumphgeheul der Kurn verkündet den Pandava den Fall dieses Tapferen. Mit dem Sinken der Sonne stellen sie den Kampf ein und ziehen zum Lager, um dem Vater die Nachricht vom Heldentod des Sohnes zu bringen.
Ardschuna war den ganzen Tag auf einem anderen Teil des Schlachtfeldes festgehalten worden: Die Trigata, deren Scharen der Held schon einmal gelichtet hatte, hatten sich verschworen, lieber zu sterben, als vor Ardschuna zu weichen. Manche stolze Recken aus anderen Stämmen hatten sich der Verschwörung angeschlossen, und seit dem Morgen war der tapfere Indrasohn von den Verschworenen umzingelt und mußte all seine Tapferkeit aufbieten, um ihnen nicht zum Opfer zu fallen.
Wie ein Keulenschlag traf den Ermüdeten im Lager die Nachricht von Abhimanjus Tod. Er schwor, daß Dschajadratha, der die Helfer von seinem Sohne abgeschnitten hatte, morgen vor Sonnenuntergang sterben sollte von seiner Hand. Voll Trauer und Bekümmernis verbrachte er die Nacht bis zum Tage der Rache.
Als Ardschuna am andern Morgen seinen Schwur in die Scharen der Feinde schrie, lief die Drohung von Mund zu Mund. Und Dschajadratha, der die scharfen Waffen des Schrecklichen schon gefühlt hatte, als der Pandusohn die geraubte Gattin aus seiner Hand befreite, ward von Furcht ergriffen und floh hinter die Linien der Kämpfenden.
Durjodhana sandte ihm zum Schutze sechs der tapfersten Helden, darunter den alten Kripa, Schalja, den Madrakönig und den starken Dronasohn Aswatthama.
Ardschuna raste, sein Opfer suchend, durch die Reihen und tötete viele der Recken, die sich ihm in den Weg stellten. Duchschasana führte dem Schrecklichen einen Trupp Elefanten entgegen, aber der Gandivaspanner tötete viele der Tiere und trieb die andern mit seinen Pfeilen zur Flucht.
Der gewaltige Drona stellte sich seinem Lieblingsschüler entgegen, aber beide waren in der Führung der Waffen so erfahren, daß keiner dem andern einen Vorteil abringen konnte. Das Getümmel trennte sie wieder.
Duchschasana war von seinem Elefanten mit auf die Flucht gerissen worden; jetzt kam er wieder zur Kampfstätte auf einem goldschimmernden Streitwagen. Als er sich Ardschuna näherte, schoß dieser mit scharfen Pfeilen die Stränge entzwei, so daß die scheuen Rosse ohne Wagen davonjagten. Rasch rettete sich Duchschasana vor dem anstürmenden Jujadhana auf den Wagen eines Mitkämpfers.
Wie der Wind jagten nun Ardschunas Rosse unter Krischnas kundiger Lenkung über das Schlachtfeld: Pfeile, die der Indrasohn nach vorne geschossen hatte, fielen hinter ihm zu Boden, so flogen die Gandharvahengste dahin. Dschajadrathas Panier hatte sich in der Ferne gezeigt.
Schauerlich gellte der Löwenruf Dewadattas in des Sindhukönigs Öhren. Der Schutzwall von streitbaren Helden schloß sich dichter um den Verfolgten:
Nun brauste der Rächer heran!
Aswatthama und Schalja warfen sich ihm entgegen. Fürchterlich tobte der Kampf. Schalja mußte zuerst vor den Geschossen Gandivas weichen. Sie hatten alle seine Trutzwaffen zertrümmert. Lange währte der Kampf mit dem gewaltigen Aswatthama, denn Ardschuna wollte den Sohn seines ehrwürdigen Lehrers nicht töten. Endlich gelang es, auch ihn zur Flucht zu zwingen.
Aber Dschajadratha hatte einstweilen mit seinen übrigen Beschützern das Weite gesucht, und die Jagd begann nun von neuem. Krischna trieb die Rosse zu überirdischer Schnelle an, denn die Sonne war schon im Sinken.
In einem Knäuel von Wagen sah Ardschuna Dschajadrathas Banner blitzen, und Krischna lenkte die Rosse dorthin, während Dewadatta schmetternden Klanges Hilfe herbeirief.
Bhima hörte den Ruf und eilte dem Bruder zu helfen. Als er das Getümmel um Ardschuna erreichte, sprang er ab, und mit seinen mächtigen Armen stürzte der Sturmgottsohn acht Wagen samt ihren Kämpfern um.
Karna sah den Furchtbaren unter den Seinen wüten und sprang ihm entgegen: Blitzschnell packten sich die Starken und schrien einander Schimpf und Schande ins Antlitz, während sie Brust an Brust in unentschiedenem Ringen standen. Keiner wollte dem andern ans Leben, denn Karna hatte der Mutter Kunti gelobt, Bhima zu schonen
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