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Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Sommer
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vorbei, welchem das ganze Land gehörte, und welcher zu Giebichenstein seinen Sitz hatte. Den baten sie um Erlaubniß an dieser Stelle eine Stadt zu bauen. Der Bischof lachte und fragte sie ob sie einen guten Käufer für ihre Lumpen gefunden hätten, daß sie davon Städte bauen wollten; denn sie sahen sehr ärmlich aus. Sie aber antworteten

     

    »Han wir hüte Water un Holt,

    So han wir morne Silber un Gold .«

     

    »Nun so baut in Gottes Namen mit Wasser und Holz« rief der Bischof, »und es leucht euch Sonne, Mond und Sterne .« Und zum Andenken an jenen Ausspruch stehen noch jetzt im Wappen der Stadt Halle Sonne, Mond und Sterne.

    Ein Jahr darauf kam der Bischof wieder des Weges, und nun sah er die schöne Stadt Halle an der Stelle jener Hütten stehen; und die Halloren eilten ihm entgegen und dankten ihm fußfällig, daß er ihnen erlaubt hatte die Stadt auf seinem Grunde zu bauen. Und weil das Gedränge zu groß wurde, setzte man den Bischof auf einen Esel, den ersten Esel, der nach Halle kam, und vor ihm her streute man, um den Bischof zu ehren, lauter Rosen. Zum Andenken daran ist noch heut das Wahrzeichen von Halle ein Esel, der auf Rosen geht.

    Die Halloren lebten nun in allem Glück, und unterdeß kam die Zeit, daß Kaiser Karl der Große seine gefährlichen Kriege begann. Da zogen zwölf Halloren in sein Heer; die waren größer als alles andre Volk und wurden Riesen genannt. Die Schwerter, welche diese zwölf in den Kriegen an der Seite führten, werden noch jetzt aufbewahrt und beim Pfingstbier von zwölf Männern getragen; sie sind vier und eine halbe Elle lang. Weil nun die Halloren im Heere Karls des Großen sich durch Tapferkeit sehr ausgezeichnet hatten, verlieh er ihnen, als Frieden geschlossen war, größere Rechte als seinem übrigen Volke und schenkte ihnen zum Andenken auch das Pferd, welches er selbst im Kriege geritten, und die Fahne, die sie geführt hatten; und er bestimmte daß jeder seiner Nachfolger, wenn sie ihm den Huldigungseid leisten, ihnen ein Roß, das er selbst geritten, mit königlichem Sattelzeug und eine Fahne schenken solle, weil sie besser seien als die übrigen Unterthanen. Und so ist es auch bis jetzt geblieben. Die Fahnen werden alle in der Morizkirche aufbewahrt, und es sind ihrer zwei und dreißig; denn auf Karl den Großen sind bisher dreißig Kaiser und Könige gefolgt, von Friedrich Wilhelm III. aber haben die Halloren zwei Pferde und zwei Fahnen erhalten, weil sie ihm zweimal Treue geschworen haben, einmal nach der Thronbesteigung und das andre Mal nach der Besiegung der Franzosen. Das Pferd behält man stets nur bis zum ersten Pfingstbier nach der Thronbesteigung, bei welchem es der älteste Hallor reitet. Dann wird es verkauft, und der Erlös kommt in die Brüderschaftskasse.

    Unter den Rechten, welche die Halloren von Karl dem Großen empfingen, war das größte daß sie selbst Gericht halten und über Tod und Leben entscheiden durften. Zum Zeichen dafür stellte er den Roland in ihre Stadt, der noch jetzt auf dem Markte zu Halle steht. Auch erlaubte er der Brüderschaft daß sie drei Flinten führen durfte und mit diesen in seinen Forsten so viel Wild jagen als ihr gefiel. Der Bischof in Giebichenstein aber gelobte in seiner Freude, als er die Stadt sah, ihr alljährlich zwei und achtzig Tonnen Bier und zwölf Pfund Knobbenmehl und zu jeder Knobbe einen Hering zu schenken. Dies empfingen die Halloren auch vom Amte in Giebichenstein regelmäßig, bis es in neuerer Zeit in eine Geldsteuer verwandelt wurde.

     

63. Die acht bösen Männer.
     

      Mündlich aus Halle.

     

    Vor vielen Jahren ging ein Hallor zu Halle in die Kirche. Da sah er wie ein kleiner blauer Dunst immer vor ihm her schwebte und endlich in ein Kellerloch neben der Kirche schlüpfte. Er beschloß nach der Predigt nachzusehen was dies gewesen sei und verstopfte das Loch mit seinem Taschentuch. Als die Kirche aus war, ging er hin, zog das Tuch heraus und wollte in den Keller sehen; doch kaum war das Loch wieder offen, so fuhr der blaue Dunst heraus und dem Halloren grade ins Gesicht. Da sank er um und war todt. Und nun brach eine furchtbare Pest in Halle aus, an der alle Menschen starben bis auf acht Halloren. Diese begruben die übrigen und wurden die acht bösen Männer genannt. Und seit der Zeit werden die meisten Leichen in Halle von acht Halloren zu Grabe getragen und nur wenige auf dem Leichenwagen gefahren.

     

64. Schellenmoriz.
     

      Mündlich aus Halle.

     

    In der

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