Sag's Nicht Weiter, Liebling
herunter.
»Jedenfalls fast nichts.« Ich schließe kurz die Augen und versuche, meine Gedanken zu sortieren. »Jack, in einer Beziehung geht es um Vertrauen und Gleichheit. Wenn der eine sich mitteilt, dann sollte der andere das auch tun. Ich meine, du hast mir nicht mal gesagt, dass du im Fernsehen bist.«
»Es war doch nur ein blödes Interview, Herrgott!« Ein Mädchen mit sechs Einkaufstüten schubst noch mehr Erika aus Jacks Korb, und er setzt ihn frustriert auf die Packtasche eines Motorradkuriers. »Emma, sei doch nicht so kleinlich.«
»Ich habe dir all meine Geheimnisse anvertraut«, sage ich stur. »Und du mir kein einziges.«
Jack seufzt.
»Bei allem Respekt, Emma, das ist ja wohl etwas anderes …«
»Was?« Ich starre ihn schockiert an. »Warum … warum ist das etwas anderes?«
»Das musst du doch verstehen. In meinem Leben gibt es Dinge, die sind sehr heikel … kompliziert … sehr wichtig …«
»Und in meinem nicht ?«, platzt es mit voller Wucht aus mir heraus. »Du findest meine Geheimnisse weniger wichtig als deine? Denkst du, es tut mir weniger weh, wenn du sie im Fernsehen ausposaunst?« Ich zittere am ganzen Leib, vor Wut, vor Enttäuschung. »Das liegt wohl daran, dass du so groß und wichtig bist und ich - was bin ich noch mal, Jack?« Mir steigen die Tränen in die Augen. »Nichts Besonderes? Eine ganz gewöhnliche Ottonormalverbraucherin?«
Jack zuckt zusammen, und ich merke, dass ich einen Volltreffer gelandet habe. Er schließt die Augen, und ziemlich lange denke ich, dass er gar nichts mehr sagen wird.
»Ich wollte diese Worte nicht benutzen«, sagt er. »In dem Moment, als ich es gesagt habe, habe ich mir schon gewünscht,
es zurücknehmen zu können. Ich wollte … ich wollte etwas ganz anderes damit ausdrücken … eine Art Bild …« Er sieht auf. »Emma, du musst doch wissen, dass das nicht so gemeint …«
»Ich frage dich noch mal!«, sage ich mit wild klopfendem Herzen. »Was hast du in Schottland gemacht?«
Schweigen. Als ich Jack in die Augen sehe, weiß ich, dass er nicht antworten wird. Er weiß, dass es mir wichtig ist, und er will es mir trotzdem nicht sagen.
»Gut«, sage ich mit fast versagender Stimme. »Alles klar. Ich bin offensichtlich weniger wichtig als du. Ich bin einfach ein ganz amüsantes Mädchen, das dich im Flugzeug nett unterhält und dich auf Geschäftsideen bringt.«
»Emma …«
»Es ist nur so, Jack, das ist keine richtige Beziehung. Eine richtige Beziehung funktioniert in zwei Richtungen. Eine richtige Beziehung beruht auf Gleichheit. Und Vertrauen.« Ich schlucke den Kloß im Hals herunter. »Also geh einfach, und such dir jemanden auf deinem Niveau, mit dem du deine kostbaren Geheimnisse teilen kannst. Denn mit mir kannst du das ja offensichtlich nicht.«
Bevor er etwas dazu sagen kann, drehe ich mich abrupt um, zwei Tränen laufen mir übers Gesicht, und ich trample über die Glücks-Erika weg.
Erst viel später an diesem Tag komme ich nach Hause. Aber der Streit tut mir immer noch weh. Ich habe hämmernde Kopfschmerzen, und bin den Tränen nahe.
Ich komme in die Wohnung und finde Lissy und Jemima auf dem Höhepunkt einer Diskussion über Tierrechte.
»Die Nerze werden gerne zu Pelzen verarbeitet!«, sagt Jemima, als ich die Tür zum Wohnzimmer aufmache. Sie unterbricht sich und sieht auf. »Emma! Alles klar?«
»Nein.« Ich lasse mich aufs Sofa sinken und mummele mich in die Chenille-Decke ein, die Lissy von ihrer Mum zu Weihnachten bekommen hat. »Ich hatte einen Riesenkrach mit Jack.«
»Mit Jack ?«
»Du hast ihn gesehen?«
»Er war da, um … na ja, um sich zu entschuldigen, nehme ich an.«
Lissy und Jemima sehen sich an.
»Was ist passiert?«, fragt Lissy und umklammert die Knie. »Was hat er gesagt?«
Ich schweige ein paar Sekunden lang und versuche mich zu erinnern, was er genau gesagt hat. In meinem Kopf ist das alles ein bisschen durcheinander geraten.
»Er hat gesagt … er wollte mich überhaupt nicht benutzen«, sage ich schließlich. »Er sagt, er hätte immer nur mich im Kopf. Er sagt, er will alle feuern, die mich aufgezogen haben.« Ich muss schon wieder ein bisschen kichern.
»Echt?«, sagt Lissy. »Wow. Ganz schön romant …« Sie hustet und zieht ein entschuldigendes Gesicht. »Sorry.«
»Er sagt, es tut ihm wirklich sehr Leid, und er wollte das alles gar nicht erzählen, im Fernsehen, und dass unsere Beziehung … Egal. Er hat alles Mögliche gesagt. Aber dann hat er gesagt …« Wieder klopft
Weitere Kostenlose Bücher