Sag's Nicht Weiter, Liebling
Burberry-Regenmantel und der Designerbrille und diesem selbstgerechten Ich-bin-was-Besseres-als-du-Gesicht.
Okay, nicht, dass es jetzt mit mir durchgeht.
»Ich … ich habe keine Ahnung, was damit los ist.« Ich lächle sie an. »Viel Spaß im Meeting.«
Den Rest des Tages bin ich richtig gut drauf. Irgendwie schockiert und gut drauf, alles gleichzeitig. Ich kann es noch gar nicht glauben, dass ich befördert werde. Ich werde tatsächlich Marketing Executive!
Aber es ist nicht nur das. Ich weiß auch nicht genau, was mit mir los ist. Ich fühle mich wie ein neuer Mensch. Und wenn ich Pauls Tasse kaputtgemacht habe? Na und? Und wenn jeder weiß, wie viel ich wiege? Na und? Tschüss, alte, bescheuerte Emma, die ihre Oxfam-Tüten unter dem Tisch versteckt. Hallo neue, zuversichtliche Emma, die sie stolz an den Stuhl hängt.
Ich habe Mum und Dad angerufen, um ihnen zu erzählen, dass ich befördert werde, und sie waren ganz beeindruckt! Sie haben sofort gesagt, dass sie nach London kommen und mich zum Feiern ausführen wollen. Und dann habe ich mich ganz lange und nett mit Mum über Jack unterhalten. Sie sagte,
manche Beziehungen würden ewig halten, und andere eben nur ein paar Tage, und so sei das Leben eben. Dann hat sie mir von einem Typen in Paris erzählt, mit dem sie eine sensationelle Achtundvierzig-Stunden-Affäre hatte. Sie sagte, solche körperlichen Freuden hätte sie sonst noch nie erlebt, und sie wusste, dass es nicht halten würde, aber dadurch sei es nur noch überwältigender gewesen.
Dann hat sie hinzugefügt, dass ich das Dad gegenüber lieber nicht erwähnen sollte.
Hammer. Ich bin ziemlich schockiert. Ich dachte immer, Mum und Dad … jedenfalls hätte ich nicht gedacht …
Na ja. Da kann man mal sehen.
Aber sie hat Recht. Manche Beziehungen sind eben kurz. Das mit Jack und mir sollte offensichtlich nirgendwohin führen. Und eigentlich habe ich meinen Frieden damit gemacht. Ich bin schon ziemlich darüber hinweg. Mein Herz hatte heute nur einmal einen kurzen Aussetzer, als ich dachte, ich hätte ihn auf dem Gang gesehen, und selbst davon habe ich mich ziemlich schnell erholt.
Heute fängt ein neues Leben an. Ehrlich gesagt, ich rechne damit, dass ich heute Abend bei Lissys Tanzvorstellung jemanden kennen lerne. Einen richtig großen, schnittigen Rechtsanwalt. Genau. Und dann kommt er mich in seinem spektakulären Sportwagen von der Arbeit abholen. Und ich hüpfe glücklich die Stufen hinunter, werfe das Haar zurück und sehe Jack nicht mal an , der mit finsterer Miene an seinem Bürofenster steht …
Nein. Nein. Jack ist vorbei. Ich bin über ihn hinweg. Da muss ich dran denken.
Vielleicht schreibe ich es mir auf die Hand.
24
Lissys Aufführung findet in einem Theater in Bloomsbury statt, vor dessen Eingang ein kleiner Kiesplatz ist, und als ich ankomme, drängen sich dort bereits jede Menge telefonierende Juristen in teuren Anzügen.
»… Mandantin die Vertragsbedingungen nicht akzeptiert …«
»… Berücksichtigung von Paragraph vier, Komma, ungeachtet des …«
Niemand macht Anstalten hineinzugehen, also begebe ich mich hinter die Bühne, um Lissy die Blumen zu bringen, die ich ihr mitgebracht habe. (Eigentlich wollte ich sie am Ende auf die Bühne werfen, aber es sind Rosen, und ich fürchte, sie könnten ihr Laufmaschen in die Strumpfhose reißen.)
Als ich die schäbigen Gänge entlanggehe, ertönt Musik aus der Anlage und mich streifen Leute in glitzernden Kostümen. Ein Mann mit blauen Federn im Haar dehnt sich an der Wand das Bein und spricht dabei mit jemandem in der Garderobe. »Da musste ich diesem Idioten von Staatsanwalt erklären, dass der Präzedenzfall von 1983, Miller gegen Davy, eindeutig …« Plötzlich unterbricht er sich. »Mist. Ich habe die ersten Schritte vergessen.« Er wird bleich. »Ich erinnere mich an gar nichts mehr. Ich fange mit dem Jeté an - und dann?« Er sieht mich an, als erwarte er eine Antwort von mir.
»Äh … eine Pirouette?«, versuche ich, eile unbeholfen weiter und falle fast über ein Mädchen im Spagat. Dann entdecke ich Lissy, die in einer der Garderoben auf einem Hocker sitzt. Sie ist stark geschminkt, ihre Augen wirken riesig und glitzern, und auch sie hat blaue Federn im Haar.
»O mein Gott, Lissy!«, sage ich und bleibe in der Tür stehen. »Du siehst toll aus! Was für ein wunderbares …«
»Ich kann das nicht.«
»Was?«
»Ich kann das nicht!«, wiederholt sie verzweifelt und zieht den Bademantel enger um sich
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