Sag's Nicht Weiter, Liebling
ich mich in der Abteilung um - und stelle fest, dass alle das Gleiche tun.
Wir können doch nicht alle telefonieren. Das ist doch bekloppt. Okay, dann schalte ich meinen Computer an und sehe ihm beim Hochfahren zu. Als der Monitor die Farbe wechselt, fängt Artemis plötzlich an, laut zu sprechen.
»Ich denke, der Kernpunkt des Konzepts ist die Vitalität «, und ihr Blick flackert immer wieder nervös Richtung Tür. »Verstehen Sie, was ich meine?«
»Äh, ja«, sagt Nick. »Ich meine, in einem modernen Marketing-Kontext müssen wir auf eine … ähm … Allianz von Strategie und zukunftsträchtiger Vision hinarbeiten …«
Herrje, ist mein Computer heute langsam. Wenn Jack Harper kommt, starre ich bestimmt immer noch wie eine Blöde auf den Monitor.
Ich weiß, was ich mache. Ich bin einfach die, die sich gerade einen Kaffee holt. Das ist ja wohl das allernatürlichste.
»Ich gehe mir einen Kaffee holen«, sage ich selbstbewusst und stehe auf.
»Bringst du mir einen mit?«, fragt Artemis und sieht kurz auf. »Also jedenfalls, in meinem MBA-Kurs …«
Die Kaffeemaschine steht in einer kleinen Nische neben der Tür zur Abteilung. Während ich darauf warte, dass die eklige Brühe in die Tasse rinnt, blicke ich auf und sehe Graham Hillingdon aus der Verwaltung kommen, gefolgt von ein paar anderen. Mist! Er kommt!
Okay. Locker bleiben. Warten, bis die zweite Tasse voll ist, ganz normal und natürlich.
Da ist er! Mit blondem Haar und teurem Anzug und Sonnenbrille. Zu meiner Überraschung tritt er beiseite.
Tatsächlich sieht niemand ihn an. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf einen anderen. Einen Typen in Jeans und schwarzem Stehbundpulli, der jetzt herauskommt.
Ich bin fasziniert. Er dreht sich um, und als ich sein Gesicht sehe, spüre ich einen enormen Schlag, als ob mir eine Bowlingkugel mit voller Wucht in den Bauch prallt.
Ach du lieber Gott.
Das ist er.
Dieselben dunklen Augen. Dieselben Fältchen um sie herum. Die Bartstoppeln sind ab, aber er ist es eindeutig.
Der Mann aus dem Flugzeug.
Was macht der denn hier?
Und warum konzentrieren sie sich alle auf ihn? Er spricht jetzt, und sie hängen begierig an seinen Lippen.
Er dreht sich wieder herum, und ich ducke mich instinktiv, damit er mich nicht sieht. Was will er hier? Er kann doch nicht …
Das kann nicht …
Das kann doch unmöglich …
Mit wackligen Knien gehe ich an den Schreibtisch zurück und bemühe mich, keinen Kaffee zu verschütten.
»Hey«, sage ich mit leicht überschnappender Stimme zu Artemis. »Ähm … weißt du, wie Jack Harper aussieht?«
»Nein«, sagt sie und nimmt ihren Kaffee in Empfang. »Danke.«
»Dunkelhaarig«, sagt irgendwer.
»Dunkel?« Ich schlucke. »Nicht blond?«
»Er kommt in unsere Richtung!«, zischt jemand. »Er kommt!«
Ganz schwach sinke ich auf meinem Stuhl zusammen und nippe Kaffee, ohne etwas zu schmecken.
»… Paul Fletcher, der Chef der Abteilung für Marketing und Werbung«, höre ich Graham sagen.
»Schön, Sie kennen zu lernen, Paul«, sagt die bekannte, trockene amerikanische Stimme.
Er ist es. Definitiv. Okay, ganz ruhig bleiben. Vielleicht erinnert er sich gar nicht an mich. Es war ja nur ein einziger, kurzer Flug. Er fliegt bestimmt andauernd.
»Leute!« Paul führt ihn mitten ins Büro. »Ich freue mich, Ihnen unseren Gründungsvater vorstellen zu dürfen, den Mann, der eine ganze Generation von Marketing-Fachleuten beeinflusst und inspiriert hat - Jack Harper!«
Applaus bricht aus, und Jack Harper schüttelt lächelnd den Kopf. »Bitte«, sagt er. »Keine Aufregung. Fahren Sie einfach mit Ihrer normalen Arbeit fort.«
Er geht durchs Büro und bleibt hier und da stehen, um mit jemandem zu sprechen. Paul führt ihn herum, stellt ihm die Kollegen vor, und der blonde Mann folgt ihnen schweigend.
»Jetzt kommt er«, zischt Artemis, und in unserem Teil des Büros sind plötzlich alle ganz angespannt.
Ich bekomme Herzklopfen, ich schrumpfe auf dem Stuhl zusammen und versuche, mich hinter dem Computer zu verstecken. Vielleicht erkennt er mich nicht. Vielleicht erinnert er sich nicht. Vielleicht …
Mist. Er guckt mich an. In seinen Augen blitzt Überraschung auf, und er zieht die Brauen hoch.
Er hat mich wieder erkannt.
Bitte nicht hierher kommen, bete ich still. Bitte nicht herkommen.
»Und wer ist das?«, fragt er Paul.
»Das ist Emma Corrigan, eine unserer Junior Marketing Assistants.«
Er kommt auf mich zu. Artemis hat aufgehört zu reden. Alle gucken. Ich werde rot vor
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