Sag's Nicht Weiter, Liebling
kein Logo, kein gar nichts. Er sieht ein bisschen aus wie der Schlüssel zu Dads Gartenhütte, stelle ich in Gedanken fest. Aber natürlich viel, viel cooler, schiebe ich hastig hinterher.
»Was glaubst du, wer alles da ist?« Ich schaue auf. »Madonna ist anscheinend Mitglied. Und Jude & Sadie! Und dieser süße neue Schauspieler aus EastEnders . Obwohl alle sagen, der sei schwul …«
»Emma«, unterbricht Lissy mich. »Du weißt, dass es keine Promi-Garantie gibt.«
»Ja, ich weiß«, sage ich etwas beleidigt.
Also ehrlich. Was denkt Lissy denn, wer ich bin? Ich bin eine coole und kultivierte Londonerin. Ich flippe doch wegen ein paar blöder Berühmtheiten nicht gleich aus. Ich habe es ja nur erwähnt , sonst nichts.
»Wahrscheinlich«, sage ich nach einer Pause, »verdirbt es sowieso nur die Stimmung, wenn der ganze Laden voller Promis ist. Ich meine, stell dir mal vor, wie ätzend das ist, wenn du einfach nur da sitzen und dich nett unterhalten willst, und um
dich rum sind lauter Schauspieler und Supermodels und … und Popstars …«
Wir denken beide einen Moment lang darüber nach.
»Na dann«, sagt Lissy beiläufig. »Dann können wir uns ja mal fertig machen.«
»Okay«, sage ich ebenso beiläufig.
Es ist ja keine große Sache. Ich ziehe einfach eine Jeans an. Und wasche mir vielleicht noch eben die Haare, das wollte ich sowieso.
Und vielleicht schnell eine Gesichtsmaske.
Eine Stunde später erscheint Lissy an meiner Zimmertür, sie trägt Jeans, eine schwarze Korsage und die hochhackigen Bertie-Schuhe, von denen ich zufällig weiß, dass sie darin immer Blasen bekommt.
»Was meinst du?«, fragt sie im gleichen beiläufigen Ton. »Ich habe mich jetzt nicht besonders aufgedonnert …«
»Ich auch nicht«, sage ich und puste die zweite Schicht Nagellack trocken. »Ich meine, wir gehen ja auch nur ganz normal aus. Ich mache auch kein großes Theater mit dem Make-up.« Ich sehe auf und starre Lissy an. »Sind das falsche Wimpern?«
»Nein! Also … ja. Aber das soll man gar nicht merken. Sie heißen Natural Look.« Sie geht zum Spiegel und schlägt prüfend die Augen nieder. »Fallen sie so sehr auf?«
»Nein!«, sage ich beschwichtigend und greife nach dem Rouge-Pinsel. Als ich wieder aufsehe, stiert Lissy meine Schulter an.
»Was ist das denn?«
»Was?«, frage ich unschuldig und berühre das kleine Strass-Herz auf meinem Schulterblatt. »Ach das . Das klebt man einfach auf. Ich hab’s nur so aus Spaß draufgemacht.« Ich greife nach einem Neckholder-Top, binde es um und schlüpfe in die spitzen Wildlederstiefel. Ich habe sie vor einem Jahr gebraucht
im Sue-Ryder-Laden gekauft, und sie sind ein bisschen abgeschabt, aber im Dunkeln fällt es kaum auf.
»Meinst du, wir haben es übertrieben?«, fragt Lissy, als ich mich neben sie vor den Spiegel stelle. »Was ist, wenn sie alle Jeans tragen?«
»Wir tragen doch auch Jeans.«
»Aber wenn alle dicke Schlabberpullis anhaben und wir echt blöd aussehen?«
Lissy ist völlig paranoid, wenn es darum geht, was alle anderen tragen. Bei der ersten Weihnachtsfeier in ihrer Kanzlei war sie unsicher, ob »Abendanzug« so viel wie langes Abendkleid bedeutet oder nur Glitzertop, und ich musste mitgehen und mit sechs verschiedenen Outfits in Plastiktüten vor der Tür warten, damit sie sich nötigenfalls schnell hätte umziehen können. (Natürlich war ihr Kleid perfekt. Hatte ich ihr auch gesagt .)
»Da trägt bestimmt niemand Schlabberpullis«, sage ich. »Also, wollen wir los?«
»Geht nicht!« Lissy guckt auf die Uhr. »Ist noch zu früh.«
»Ach, Quatsch. Könnte ja sein, dass wir auf dem Weg zu einer anderen Promi-Party dort nur schnell etwas trinken.«
»Stimmt auch wieder.« Lissy strahlt. »Cool. Dann mal los!«
Der Bus braucht etwa eine Viertelstunde von Islington nach Clerkenwell. Lissy führt mich eine menschenleere Straße in der Nähe von Smithfield Market entlang, in der lauter Lagerhallen und leere Bürogebäude stehen. Wir gehen um eine Ecke und um noch eine, und stehen in einer kleinen Allee.
»Okay«, sagt Lissy und sieht unter einer Straßenlampe auf einen winzigen Zettel. »Es ist irgendwo ganz versteckt.«
»Hängt kein Schild draußen?«
»Nein. Das ist ja gerade der Witz, dass außer den Mitgliedern niemand weiß, wo es ist. Man muss an der richtigen Tür klopfen und nach Alexander fragen.«
»Wer ist Alexander?«
»Keine Ahnung.« Lissy zuckt die Schultern. »Das ist nur das Codewort.«
Codewort! Das wird ja
Weitere Kostenlose Bücher