Sag's Nicht Weiter, Liebling
beide sich wieder richtig anziehen, bevor Sie an Ihre Plätze zurückkehren?«
Er schließt die Tür hinter sich, und wir bleiben so regungslos stehen wie Wachsfiguren.
»Mann, kannst du vielleicht mal langsam deine bescheuerte Hand aus meinem BH nehmen?«, sage ich schließlich und ärgere mich plötzlich wahnsinnig über Connor. Die Lust auf Sex ist mir jedenfalls gründlich vergangen. Ich bin ziemlich sauer auf mich selbst. Und auf Connor. Und alle.
10
Jack Harper reist heute ab.
Gott sei Dank. Gott sei Dank. Denn ich könnte ihn jetzt wirklich nicht noch länger ertragen. Wenn ich den Kopf gesenkt halten und ihm bis fünf Uhr aus dem Weg gehen kann und dann sofort hinausstürme, wird alles gut. Es wird wieder Alltag einkehren, und ich werde mich nicht mehr fühlen, als würde mein Radar von einem unsichtbaren Magnetfeld gestört.
Ich weiß auch nicht, warum ich im Moment so launisch und reizbar bin. Denn das gestern war zwar zum Sterben peinlich, aber ansonsten läuft es eigentlich ganz gut. Erstens sieht es nicht so aus, als würden Connor und ich wegen Sex am Arbeitsplatz gefeuert, was ich erst befürchtet hatte. Und zweitens ist mein ausgefuchster Plan voll aufgegangen. Sobald wir wieder an unseren Schreibtischen saßen, fing Connor an, mir Entschuldigungs-E-Mails zu schreiben. Und heute Nacht hatten wir Sex. Zweimal. Mit Duftkerzen.
Connor muss irgendwo gelesen haben, dass Frauen Duftkerzen zum Sex mögen. Vielleicht in der Cosmopolitan . Denn jedes Mal, wenn er sie auspackt, guckt er mich mit diesem
»Bin ich nicht aufmerksam?«-Blick an, und dann muss ich sagen: »Oh! Duftkerzen! Wie reizend!«
Also, nicht dass ich falsch verstanden werde. Mir machen Duftkerzen nichts aus . Aber es ist ja nicht so, dass sie irgendwas bewirken würden. Sie stehen nur herum und brennen. Und dann, im entscheidenden Moment, denke ich plötzlich so was wie »Hoffentlich fällt die Kerze nicht um«, was mich ein bisschen ablenkt.
Na ja. Jedenfalls hatten wir Sex.
Und heute Abend schauen wir uns zusammen eine Wohnung an. Sie hat zwar keinen Holzboden und keine Fensterläden - aber einen Whirlpool im Bad, was natürlich cool ist. So läuft mein Leben eigentlich ganz prima. Ich weiß auch nicht, warum ich so genervt bin. Ich weiß überhaupt nicht, was …
Ich will nicht mit Connor zusammenziehen, sagt eine leise Stimme in meinem Gehirn, bevor ich sie daran hindern kann.
Quatsch. Das kann ja wohl nicht sein. Das kann ja wohl überhaupt gar nicht sein. Connor ist perfekt. Weiß doch jeder.
Aber ich will nicht …
Halt die Klappe. Wir sind ein Traumpaar. Wir zünden zum Sex Duftkerzen an. Und wir gehen am Fluss spazieren. Und wir lesen sonntags im Schlafanzug bei einer Tasse Kaffee die Zeitung. Was Traumpaare eben so tun.
Aber …
Aufhören!
Ich muss heftig schlucken. Connor ist das einzig Gute in meinem Leben. Wenn ich Connor nicht hätte, was hätte ich denn schon?
Das Klingeln des Telefons unterbricht meine Gedanken, und ich nehme ab.
»Hallo, Emma?«, vernehme ich den bekannten trockenen Ton. »Hier ist Jack Harper.«
Mein Herz macht vor Angst einen riesengroßen Hüpfer,
und ich verschütte beinahe den Kaffee. Seit dem Hand-im-BH-Zwischenfall habe ich ihn nicht mehr gesehen. Und ich will ihn auch gar nicht mehr sehen.
Ich hätte nicht abnehmen sollen.
Ich hätte heute überhaupt nicht zur Arbeit kommen sollen.
»Oh«, sage ich. »Äh, hi!«
»Könnten Sie bitte kurz in mein Büro kommen?«
»Was … ich?«, frage ich nervös.
»Ja, Sie.«
Ich räuspere mich.
»Soll ich … irgendwas mitbringen?«
»Nein, brauchen Sie nicht.«
Er legt auf, ich starre einen Moment lang das Telefon an, und mich durchläuft ein Schauer. Das konnte ja auch gar nicht wahr sein. Jetzt wird er mich doch noch feuern. Grobe … Fahrlässigkeit … fahrlässige Grobheit.
Ich meine, das ist ja nun wirklich grob, bei der Arbeit mit der Hand des Geliebten im Pulli erwischt zu werden.
Okay. Ich kann es jetzt nicht mehr ändern.
Ich atme tief ein, stehe auf und mache mich auf den Weg in den elften Stock. Vor Jack Harpers Tür steht ein Tisch, der aber nicht besetzt ist, also gehe ich gleich durch und klopfe an.
»Herein.«
Vorsichtig öffne ich die Tür. Der Raum ist riesig, hell und vertäfelt, und Jack sitzt an einem runden Tisch, noch sechs weitere Personen um sich herum geschart. Sechs Leute, die ich noch nie gesehen habe, wird mir bewusst. Sie haben alle Zettel in der Hand und nippen Wasser, die Atmosphäre ist
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