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Sag's Nicht Weiter, Liebling

Sag's Nicht Weiter, Liebling

Titel: Sag's Nicht Weiter, Liebling Kostenlos Bücher Online Lesen
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noch Tesa«, sage ich. »Und … ach du lieber Gott!« Ich zeige nach oben. Auf der Schranktür steht ein Glas Wasser, das uns durchnässen würde, wenn wir die Tür aufmachen.
    »So eine Ziege!«, sagt Lissy, als ich das Glas herunternehme. »Ich musste neulich den ganzen Abend Anrufe für sie annehmen, und sie hat sich nicht einmal bedankt.«
    Sie wartet, bis ich das Wasser sicher beiseite gestellt habe, dann öffnet sie die Tür. »Bist du bereit?«
    »Ich bin bereit.«
    Lissy atmet tief ein, dann öffnet sie die Schranktür. Eine laute, schrille Sirene fängt an zu heulen. »Lalüü-lalüü-lalüü …«
    »Scheiße!«, sagt sie und knallt die Tür wieder zu. »Scheiße! Wie hat sie das denn gemacht?«
    »Das jault immer noch!«, sage ich erschrocken. »Mach das aus. Mach das aus!«
    »Ich weiß doch auch nicht, wie! Wahrscheinlich braucht man einen Code!«

    Wir hämmern verzweifelt auf den Schrank ein, tätscheln ihn vorsichtig und suchen nach einem Aus-Knopf.
    »Da ist nirgends ein Knopf oder Schalter oder so was …«
    Plötzlich hört das Heulen auf, und wir sehen uns leicht keuchend an.
    »Übrigens«, sagt Lissy nach einer ganzen Weile, »übrigens könnte das eine Auto-Alarmanlage irgendwo draußen gewesen sein.«
    »Oh«, sage ich. »Na klar. Ja, vielleicht war es das.«
    Kleinlaut und vorsichtig fasst Lissy an die Schranktür, und diesmal bleibt alles ruhig. »Okay«, sagt sie, »auf geht’s.«
    »Wow«, sagen wir wie aus einem Mund, als die Tür aufschwingt.
    Jemimas Kleiderschrank ist das reinste Schatzkästchen. Wie die Geschenke unterm Weihnachtsbaum. Die neuen, schimmernden, entzückenden Kleider, eins neben dem anderen, alle akkurat auf Duftbügel gehängt, wie im Geschäft. Alle Schuhe in Schuhkartons mit Polaroidfotos drauf. Alle Gürtel ordentlich an Haken. Alle Taschen hübsch auf einem Bord aufgereiht. Es ist schon eine Weile her, dass ich mir etwas von Jemima geborgt habe, und seitdem scheint sie alles ausgetauscht zu haben.
    »Sie muss ja jeden Tag eine Stunde damit verbringen, das so ordentlich zu halten«, sage ich mit einem kleinen Seufzer, denn in meinem Schrank herrscht ein einziges Chaos.
    »Tut sie auch«, sagt Lissy. »Ich habe es gesehen.«
    Lissys Schrank sieht wohlgemerkt noch schlimmer aus als meiner. Er besteht aus einem Stuhl in ihrem Zimmer, auf dem alles zu einem großen Haufen aufgetürmt ist. Sie sagt, vom Aufräumen bekomme sie Kopfschmerzen, und solange es sauber ist, was soll’s?
    »So«, sagt Lissy grinsend und greift nach einem weißen Glitzerkleid. »Welchen Look wünschen Madame heute Abend?«

    Ich trage nicht das weiße Glitzerkleid. Aber ich probiere es an. Ehrlich gesagt probieren wir beide alles Mögliche an, und dann müssen wir es sehr sorgfältig wieder einsortieren. Noch einmal geht draußen eine Alarmanlage los, und wir zucken beide erschrocken zusammen und tun dann sofort so, als hätte es uns völlig kalt gelassen. Am Ende entscheide ich mich für Jemimas abgefahrenes neues rotes Top mit geschlitzten Schultern, meine eigene schwarze Chiffonhose von DKNY (25 Pfund im Secondhand-Laden vom Notting Hill Housing Trust) und Jemimas silberne Stöckelschuhe von Prada. Und dann habe ich mir im letzten Moment noch, ohne es zu wollen, eine kleine schwarze Gucci-Tasche geschnappt.
    »Du siehst umwerfend aus!«, sagt Lissy, als ich mich vor ihr drehe. »Absolut fantastisch!«
    »Bin ich nicht zu aufgedonnert?«
    »Natürlich nicht! Hör mal, du gehst mit einem Multimillionär essen!«
    » Sag das doch nicht!«, kreische ich, und mir krampft sich langsam der Magen zusammen. Ich sehe auf die Uhr. Es ist fast acht.
    Oh Gott. Jetzt werde ich langsam wirklich kribbelig. Es hat so einen Spaß gemacht, mich fertig zu machen, dass ich fast vergessen habe, wofür.
    Ganz ruhig, sage ich mir. Es ist nur ein Abendessen. Mehr nicht. Nichts Besonderes. Nichts, was nicht …
    »Mist!« Lissy guckt aus dem Wohnzimmerfenster. »Mist! Da ist ein riesengroßes Auto draußen!«
    »Was? Wo?« Mit galoppierendem Herzen stürze ich zu ihr. Ich folge ihrem Blick und halte die Luft an.
    Ein riesiges, vornehmes Auto steht vor unserem Haus. Also wirklich riesig. Es glänzt silbern und fällt in unserer kleinen Straße fürchterlich auf. Im Haus gegenüber sehe ich Leute neugierig aus dem Fenster gucken.

    Und plötzlich habe ich richtig Angst. Was mache ich bloß? Ich kenne diese glitzernde Welt doch überhaupt nicht. Im Flugzeug waren Jack und ich einfach zwei ganz normale Menschen. Aber

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